Umgang mit Krisenzeiten: Wie wir unsere Angst in den Griff bekommen

Der Ukraine-Krieg löst in vielen derzeit große Ängste aus.

Quelle: Antonio Guillem/Shutterstock.com

In Europa herrscht aktuell eine Ausnahmesituation. Der Krieg in der Ukraine löst in vielen Angst aus. Wie wir unseren Alltag in Krisenzeiten dennoch gut bewältigen können, verrät eine Psychologin im Interview.

Der Alltag vieler Menschen wird derzeit von einer düsteren Zeit überschattet. Die Bilder des Kriegs in der Ukraine lösen in vielen Sorgen und Angst aus und rufen emotionale Reaktionen hervor. Das sei „nur logisch und nachvollziehbar“, weiss Linda Weber, Psychologin sowie CEO und Co-Founder von Mindable Health, das die App (DiGA) „Mindable: Panikstörung und Agoraphobie“ entwickelt hat. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news verrät die Expertin, wie wir alltägliche Aufgaben in Krisenzeiten dennoch bewältigen können und unsere Ängste in den Griff bekommen.

Der Ukraine-Krieg löst in vielen Menschen derzeit Ängste und Sorgen aus. Eine normale Reaktion in Zeiten wie diesen?

Linda Weber: Ja, es ist durchaus normal, in dieser Ausnahmesituation Angst zu empfinden. Gerade bei Menschen, die sich aktuell in der Ukraine befinden und täglich mit der akuten Gefahr konfrontiert sind, ist es nur logisch und nachvollziehbar, dass sie Angst empfinden. Es ist jedoch auch normal, dass die Menschen in Deutschland Angst empfinden. Wir haben unsere Umwelt und das Umfeld, in dem wir uns befinden, bisher als relativ sicher wahrgenommen. Durch den Krieg wird diese Sicherheit plötzlich infrage gestellt, was in uns natürlich erstmal Angst und Besorgnis hervorruft.

Ist Angst grundsätzlich etwas Gutes oder Schlechtes?

Weber: Grundsätzlich ist Angst etwas Gutes, denn sie schützt uns. Unser Angstsystem wird aktiviert, wenn wir eine akute Gefahr wahrnehmen. Unsere Angst sorgt dafür, dass wir anschliessend Handlungen einleiten, um diese Gefahr abwenden zu können und uns in Sicherheit zu bringen.

Wenn Angst jedoch pathologisch wird, spricht man von einer Angststörung. Hierbei wird unser Angstsystem auch in Situationen aktiv, von denen gar keine Gefahr oder Bedrohung ausgeht. Somit wird die Angst zu einem ständigen Begleiter im Alltag und führt zu erheblichen Einschränkungen und einer Verminderung der Lebensqualität für die Betroffenen.

Wie können wir die Angst in den Griff bekommen?

Weber: Zum ersten ist es ganz normal, in solchen Situationen Gefühle wie Angst, Unsicherheit, Überforderung oder Hilflosigkeit zu empfinden. Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, zu der Gefühle wie diese dazugehören. Damit wir uns jedoch weniger ohnmächtig fühlen, können wir verschiedene Dinge tun, um mit dieser Angst besser umgehen zu können. Gerade bei dem Gefühl von Hilflosigkeit ist es sinnvoll, selbst aktiv zu werden. Zum Beispiel in dem man Geld oder Kleidung spendet oder sich andere Bereiche sucht, in denen man Hilfe anbieten kann.

Viele erhalten aktuelle Informationen derzeit aus den Medien, die Nachrichten im Sekundentakt liefern. Wie viel sollte man davon konsumieren, wenn man ohnehin ängstlich ist?

Weber: Auch wenn es von einigen Personen als ignorant empfunden wird, kann es hilfreich sein, sich nicht der ständigen Informationsflut an Nachrichten auszusetzen. Diese überfordert uns und kann zu einer Verstärkung der Angst führen. Man kann hier die Menge an konsumierten Nachrichten dem eigenen Empfinden anpassen. Zum Beispiel könnte man pro Tag einen Zeitpunkt festlegen, an dem man sich fünf bis zehn Minuten mit dem Thema beschäftigt. Vielen Menschen hilft es auch, sich auszutauschen und sich mit anderen Personen zu unterhalten, um die eigenen Gefühle auch einmal aussprechen und „loswerden“ zu können.

Es kann auch schon beruhigend sein, wenn man erkennt, dass andere Menschen die eigenen Gefühle teilen. Vor allem denke ich, ist es sinnvoll, den eigenen Alltag weiterhin, so gut es geht, zu bestreiten. Dazu gehört zur Arbeit gehen, Freunde treffen und seinen Hobbys nachgehen. Diese Hinweise beziehen sich vor allem auf die individuelle Psychohygiene und sollen dafür sorgen, die eigene mentale Gesundheit zu schützen und zu erhalten.

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