Schlemmen und Wandern in der Wallonie: Belgiens Süden lockt

Das Rathaus von Mons

Quelle: Wallonie Belgique Tourisme / J.P. Remy

Schon mal eine „Helix aspersa“ in Blätterteig probiert oder ein Trappistenbier getrunken? Wenn nicht, wird es höchste Zeit für einen Abstecher in die Wallonie. Der Süden Belgiens lockt mit Geschmack, Geschichte und grossartiger Natur.

Die Wallonie hat eine Fläche etwa so gross wie Schleswig-Holstein und vereint darauf gleich mehrere Dinge, die das Reiseherz höherschlagen lassen: guten Geschmack, unberührte Natur, sowie Kultur mit einzigartiger Handwerkskunst. In der Wallonie im Süden Belgiens versteht man etwas vom Savoir-Vivre und gibt die Kunst, das Leben zu geniessen, gern an Besucherinnen und Besucher weiter. Diese können in der Region mit Bein und Bauch auf Entdeckungstour gehen: Belfriede, belgische Ardennen, Feen und süsse Versuchungen warten!

UNESCO-Welterbe: Von Kohlebergwerken bis Karneval

Los geht es in der Provinz Hennegau, die allein 19 materielle und immaterielle Kulturgüter der UNESCO zu bieten hat. Wer sich für Architektur interessiert, sollte mindestens einen der Belfriede im Hennegau besichtigen. Die Glockentürme prägen das Stadtbild von Mons, Charleroi, Binche, Thuin und Tournai. Von der Turmspitze des 87 Meter hohen Belfrieds in Mons haben Besucherinnen und Besucher einen wundervollen Blick über die Borinage und die ehemaligen Zechen – das nächste Highlight der UNESCO-Tour.

Grand-Hornu, in der Nähe von Mons, gehört wie drei weitere stillgelegte Bergbaustätten seit 2012 zum Weltkulturerbe. Wo früher Zechenarbeiter Kohle zutage förderten, dominieren heute Kunst und Design. Denn Grand-Hornu hat sich mit dem Einzug des Museums MAC’s zum wichtigen kulturhistorischen Zentrum der Wallonie entwickelt. Wer sich für die Geschichte des Bergbaus interessiert, kann in Blegny Mine, nahe Lüttich, mit dem Förderkorb „unter Tage“ fahren und mehr über die harten Arbeitsbedingungen in den unterirdischen Stollen erfahren.

Wieder „über Tage“ geht es zurück nach Mons, wo sich ein Abstecher in das Mundaneum anbietet. Die vielen Millionen bibliografischen Schriften des besonderen Archivs begeistern mit Sicherheit nicht nur Bücherwürmer. Denn „Papier-Google“, wie die Zeitung „Le Monde“ das Archiv einst betitelte, gilt als Wegbereiter der heutigen Internet-Suchmaschinen. Dafür gab es 2016 das Europäische Kultur-Gütesiegel.

Deutlich bunter geht es beim Karneval von Binche zu. Bei dem wichtigsten lokalen Event des Jahres ziehen Gilles – die ältesten Teilnehmer am Karneval -, Pierrots und Harlekine mit ihren besonderen Masken, Kostümen und Trommeln durch die mittelalterliche Stadt. Was nach lustigem Schabernack aussieht, unterliegt strengen Regeln. So darf nur, wer in Binche geboren ist, ein Gille werden. Ausserdem darf er sich während der Feiern niemals in der Öffentlichkeit hinsetzen und keinesfalls betrunken auftreten. Gar nicht so leicht, wenn man die lange Braukultur Belgiens bedenkt.

Süsse Versuchungen und kulinarische Herausforderungen für Foodies

Abtei-, Trappisten- und Fruchtbiere werden in Belgien nicht nur getrunken, sondern auch zum Verfeinern der Speisen verwendet. In vielen wallonischen Pralinen- und Schokoladenmanufakturen werden den süssen Versuchungen Rosen, Wasabi, Safran oder eben Bier beigemischt. Vor Ort kann man im Rahmen von Führungen der süssen Handwerkskunst beiwohnen.

Auf so viel Süsses braucht man dann doch etwas Herzhaftes: Knusprig und mit Dips, Sossen und Pickles kommen die berühmten belgischen Fritten auf den Teller oder in die Tüte. Auch der Ardenner Schinken, der mit heimischem Buchen- und Eichenholz und Wacholder geräuchert wird, ist nicht nur bei Walloninnen und Wallonen beliebt. Zu einer echten wallonischen Brotzeit gehört aber auch Käse: Fleur des Fagnes, Bleu des Moines, Trou d’Sottai, Boulette de Nivelles … die Liste mit mehr als 500 Sorten macht es dem Foodie nicht gerade leichter. Echte Gourmets trauen sich auch an eine besondere Spezialität heran: Schnecken aus Warnant. Seit über 40 Jahren betreibt die Familie Folli dort eine Schneckenzucht und bietet „Helix aspersa“ zu feinen Delikatessen wie Pasteten verarbeitet im Ladenlokal an.

Wein und Wacholderschnaps: Ein guter Tropfen als Mitbringsel

Weinfreunde können sich auf die Lütticher Weinroute begeben. Diese führt zu 25 Weingütern in der Region, die auf Anfrage Führungen anbieten und ihre Erzeugnisse mit den Rebsorten Pinot noir, Pinot Meunier, Pinot gris, Riesling und Chardonnay auch direkt verkaufen. Ein tolles Mitbringsel für die Daheimgebliebenen ist übrigens der Wacholderschnaps Pékèt, der über die Jahre weitere Farb- und Geschmacksrichtungen hervorgebracht hat: Veilchen, Vanille, Kiwi oder Karamell.

Per pedes: Wandern in der Wallonie

Wer sich vor der Heimreise noch etwas von seinen „angeschlemmten“ Pfunden ablaufen möchte, kann das im Wanderland Wallonie auf unterschiedlichen Wegen tun. Die belgischen Ardennen sind für viele noch ein Geheimtipp. Wander- oder auch Radwege schlängeln sich durch Wälder, über Felspfade zu tollen Aussichtsplattformen. Unterwegs passieren Wandernde Burgen, Schlösser und Klosterruinen wie etwa die Burg von Bouillon oder Schloss Walzin.

Auch die Hochmoorlandschaft des Hohen Venns lässt sich schön per pedes durchstreifen. Dort können Aufmerksame scheue Bewohner zu Gesicht bekommen, die sich in der rauen Landschaft zu wahren Lebenskünstlern entwickelt haben: das Birkhuhn, der Rauhfusskauz oder der seltene Schwarzstorch. Um die dortige Flora und Fauna zu schützen, sind einige Bereiche allerdings nicht zugänglich.

In der Region Durbuy und La Roche-en-Ardenne führt eine geradezu magische Tour durch das Tal der Feen. Dabei werden zwei separate Wanderungen kombiniert. Der Weg führt vom Feen-Tal zum wildromantischen Tal des Martin-Moulin-Baches. Auf dem Rückweg geht es über einen schmalen, gewundenen Pfad. Der zweite Teil führt uns bergauf, belohnt die Plackerei aber mit einem schönen Blick auf Achouffe. Dort kann man die Wanderung auch mit einem kühlen Bier in der Brauerei-Taverne ausklingen lassen.

Wem das nicht reicht, der kann sich auf einem der zahlreichen Fernwanderwege austoben. Neben einer grossen Wanderung durch den Wald von Chimay (178 Kilometer), verbindet eine weitere Tour die Trappistenklöster Scourmont, Notre-Dame de Saint-Remy in Rochefort und Orval  miteinander. Und damit auch die Braustätten der gleichnamigen Trappistenbiere. Auch hier vereinen sich also wieder Natur, Kultur und Kulinarik auf ihre ganz besondere wallonische Art und Weise. Santé!

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