Slow Food Travel Alpe Adria: Kärntens Dörfer essen langsamer

Slow Food wächst. Langsam, aber beharrlich. Die 1986 gegründete Bewegung hat weltweit schon rund 100’000 Mitglieder. Die erste Slow-Food-Travel-Region Gailtal/Lesachtal im österreichischen Kärnten zeigt auf beeindruckende Weise, wie Genuss, Nachhaltigkeit und Tourismus zusammenpassen.

„Wir lieben Lebensmittel“ – den durchaus gelungenen Slogan einer grossen Supermarktkette kennt jeder. Doch was es wirklich heisst, Lebensmittel zu lieben, das erfährt man am besten bei einer Reise ins schöne Gailtal/Lesachtal. Zum Beispiel bei Elfriede Unterweger, Alt-Bäuerin am Jörgishof, der an einem atemberaubend steilen Hang an der Nordseite des Lesachtals gelegen ist. Die Dame bringt hier staunenden Städtern bei, wie man aus Milch Butter und Frischkäse zubereitet. Neun Kühe und zwei Schweine hat sie im Stall. Alles klein, übersichtlich, nahbar – wie früher.

Das Konzept von „Slow Food Travel Alpe Adria„: Die Touristen sollen nicht nur schlemmen, sondern auch mitmachen und Lebensmittel erleben. Sepp Brandstätter ist einer der überzeugenden Botschafter der Region. Er ist Bergführer mit Blick für die kleinen Schön- und Köstlichkeiten der Natur. Während der Wanderung durch die Mauthner Klamm (Schlucht) erklärt er Kräuter und schärft den Blick für die Einmaligkeiten der einigermassen unberührten Landschaften. „Ich habe den schönsten Beruf der Welt“, sagt er und seine Lachfältchen unterstreichen dies eindrucksvoll. Wobei nicht ganz klar ist, was Haupt- und was Nebenberuf ist: sein Job als Bergführer oder seine Tätigkeit als Züchter seltener Maissorten, der er seit 25 Jahren nachgeht. Ist auch egal, Hauptsache im Einklang mit der Natur.

Nach der Talwanderung geht’s barfuss (Socken und Schuhe sind hoffnungslos durchnässt, aber wen stört das schon) zur „köstlichsten Ecke Kärntens“. Hier hält Herwig Ertl aus Kötschach-Mauthen Hof. Oder soll man sagen: Hier zelebriert er ein kulinarisches Hochamt? Ertl Herwig ist ein ungewöhnlicher, eloquenter und einnehmender Typ. Er betreibt eine Edelgreisslerei, zu Deutsch einen Tante-Emma-Laden, jedoch auf höchstem Niveau und – natürlich – unter strengster Beachtung der Slow-Food-Idee, die er nach Kärnten brachte. Alles andere als slow parliert der Edelgreissler über das Essen, die Natur, die drohende Entfremdung von Mensch und Nahrung und zelebriert nebenbei eine kulinarische Entdeckungsreise mit lauter kleinen Häppchen, Löffelchen, Ölen, Sossen, Weinen. Wer viel Zeit mitbringt, erfährt hier nicht nur die ein oder andere Geschmacksexplosion, sondern wird das Geschäft mit dem guten Gefühl verlassen, viel über die Seele von Lebensmitteln und regionaler Produktion gelernt zu haben.

Genuss und gepflegte Erholung

Die Regionalität ist auch ein Ideal, das im Biohotel Daberer seit jeher hochgehalten wird. Chefin Marianne Daberer, Ehefrau des Edelgreisslers, führt das Haus bereits in der vierten Generation. Ihre Eltern hatten es bereits 1978 zur Bio-Pension St. Daniel gemacht. Zur damaligen Zeit haftete solche Herbergen noch etwas Sektiererisches an, das Publikum bestand vorwiegend aus asketischen Reformhaus-Stammkunden, die sich mit Strenge und Disziplin dem Basenfasten und Yoga-Kursen widmeten. Heute beherbergt das 4-Sterne-Superior-Haus immer noch diese eher nach Stille und Einkehr strebende Klientel, bietet aber auch ausreichend Angebote für Gäste, die nicht nur nach Nachhaltigkeit, Gesundheit und Entgiftung, sondern auch nach Genuss und gepflegter Erholung streben. Die Speisenauswahl ist schmal, aber genial – und natürlich durch und durch regional. Viele Produkte sind im konventionellen Sinne nicht bio, dafür aber vom Hof um die Ecke und entsprechend gekennzeichnet. Der Hausherrin ist es wichtiger, die heimischen, fairen und von ihr persönlich geprüften Betriebe zu unterstützen, statt nur zertifizierte Bio-Produkte anzubieten, die womöglich vom anderen Ende der Welt eingeflogen werden. Wer die nach Hausmacherart eingelegten Gurken einmal gegessen hat, wird nie wieder ein Gurkenglas aus dem Supermarkt öffnen wollen. Der Stil des Hauses ist reduziert-stylisch, dabei aber warm und familiär.

Erlebnisberg Nr. 1 in den Karnischen Alpen

Familiär geht es auch im benachbarten Nassfeld zu. Die Region, bekannt vor allem als Skigebiet, hat auch im Sommer viel zu bieten. Die Hoteliers haben das in den Karnischen Alpen gelegene Nassfeld zum Erlebnisberg Nr. 1 gekürt, um besonders Familien mit Kindern anzusprechen. Dabei herausgekommen ist so etwas wie ein gigantischer Funpark. Neben einem Outdoorpark mit Flying Fox, Kletterstrecken und Felsenlabyrinth locken Mountainbike-Single-Trails, Bergspielplätze, Schmugglerpfade, Erlebnismeilen, eine Sommerrodelbahn, ein kinderwagengerechter Aqua Trail und vieles mehr. Mit einer Holiday-Card sind einige Attraktionen kostenlos, andere im Preis reduziert.

Das mag sich nach viel Lärm und Halligalli anhören. Doch die zahlreichen Attraktionen fügen sich sehr harmonisch und unaufdringlich in die Natur ein. Seit neuestem gibt es zum Beispiel den Erlebnisweg Madritschen. So etwas nannte man früher einen Naturlehrpfad. Er bringt Kindern auf spielerische und moderne Art die Schönheit der Landschaft und ihre Geheimnisse nah und fesselt sie mit Rätseln. Falls derlei Attraktionen beim pubertierenden Nachwuchs keine Begeisterung auslösen sollten, ist auch an die „Generation Smartphone“ gedacht: Der Berg ist durch 20 WLAN-Power-Hotspots komplett erschlossen.

Ein mühsamer Aufstieg mit einer tollen Belohnung

Doch auch kernig und urwüchsig ist es am schönen Nassfeld, das gleich an der italienischen Grenze liegt. Hotelier Martin Waldner, Chef des 4-Sterne-Hotels Gartnerkofel, hat mit der „Casa Cravallo“ (Nomen est omen) nicht nur den grössten Indoor-Spielplatz der Region zu bieten. Regelmässig lädt er die kleinen Gäste des Hauses zum Schweinewaschen auf der Alm ein. Dem begeisterten Bergsteiger gelingt auch mehrfach in der Woche ein besonderes Kunststück: Eine wachsende Schar an Gästen steht mindestens einmal pro Woche freiwillig mehr als eine Stunde vor Sonnenaufgang auf, um mit Waldner eine Sonnenaufgangswanderung zu machen. Ein mühsamer Aufstieg ist das, in einem rasanten Tempo dazu. Doch als Belohnung gibt es einen atemberaubend schönen Sonnenaufgang – und danach auf dem Berg Rührei mit Speck und Brot. Selbstverständlich vom Chef des Hauses persönlich zubereitet und natürlich aus der Region.

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