Von der „Schande Italiens“ zur Kulturhauptstadt 2019: Das ist Matera

Muffig, feucht und kalt, da sind die „Sassi“ von Matera. Und doch stellen die Höhlensiedlungen einen der Gründe dar, warum das italienische Matera zur Kulturhauptstadt 2019 bestimmt wurde. Dabei war das Bergdorf einst die „Schande Italiens“.

In seinem Roman „Christus kam nur bis Evoli“ beschreibt der italienische Schriftsteller Carlo Levi die desaströsen Bedingungen, unter denen Teile der Bevölkerung von Matera in den 50er Jahren lebten. Wenige Jahre später besuchte der Politiker Palmiro Togliatti die Stätte in der Basilicata und bezeichnete sie als „Schande Italiens“. Heute ist aus der Schande Stolz geworden. Matera möchte als Kulturhauptstadt 2019 den Schatten der Vergangenheit abwerfen und seine Gegenwart und Zukunft erstrahlen lassen – mit Erfolg!

Drehort von „Die Passion Christi“

Sie lebten ohne Strom, ohne fliessend Wasser in feuchten Höhlen. Zusammen mit ihren Tieren hausten die Bewohner des Bergdorfes Matera unter menschenunwürdigen Bedingungen in Felsen bzw. den „Sassi“ (deutsch: Steine). Dann trat Anfang der 50er der italienische Ministerpräsident Alcide De Gasperi auf den Plan: Er kam, sah und räumte auf. Die „Sassi“ wurden evakuiert, die Bewohner in die Wohnsiedlung „La Martella“ umgesiedelt.

Die Viertel Sasso Barisano und Sasso Caveoso verfielen zusehends. Doch in den 80ern wurden sie renoviert und 1993 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Die Touristenzahlen stiegen deutlich an, sind aber überschaubar. Man muss sich nicht mit Tausenden anderen Besuchern durch die engen Gassen schieben. Der altertümliche, fast morbide Charme der Felsenstadt ist überall zu spüren. Vielleicht wählte Mel Gibson Matera deshalb als Kulisse für seinen Film „Die Passion Christi“. Auf Jesus wird man hier zwar nicht treffen und doch bekommen Besucher den Eindruck, sie spazierten durch ein zweites Betlehem.

Zwischen Altertum und Moderne

Neben dem unbezahlbaren Panoramablick wartet Matera mit vielen weiteren Highlights auf: die Felsenkirche San Pietro Barisano, die Torre Metellana, die Kirche San Antonio Abate und die Klosteranlage Madonna della Virtù sind einen Abstecher wert. Zwischen all der Geschichte und Vergangenheit merkt man eines ganz deutlich: Der einst armselige Ort ist im 21. Jahrhundert angekommen.

Eisdielen und Pizzerien locken die Touristen und auf der Plattform Airbnb können abenteuerlustige Italophile Unterkünfte in den restaurierten „Sassi“ buchen. Serafino Paternoster, Sprecher für Matera, gibt an, dass man mit 800’000 Übernachtungen in diesem Jahr rechne – fast eine Verdopplung zu 2017. Christus mag nur bis Eboli gekommen sein, Touristen, die die Kulturhauptstadt entdecken wollen, schaffen es 2019 sicher darüber hinaus.

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