Im kleinen Venedig ticken die Uhren langsamer

Italien – das ist Pizza, Pasta, Vino, Espresso. Aber was wäre es ohne den Fisch? Kaum etwas riecht mehr nach Urlaub als die spezielle Mischung aus Olivenöl, Knoblauch, gegrilltem Fisch und sanfter mediterraner Luft. In der Fischerstadt Caorle wird dem Fisch mit einem fulminanten Fest gehuldigt.

Die 11’000 Einwohner zählende Küstenstadt Caorle lebt längst nicht mehr vom Fisch, sondern überwiegend vom Tourismus. Rund sechs Millionen Touristen zieht es jährlich in das sogenannte „kleine Venedig“ an der norditalienischen Adria. Die Stadt, 60 Kilometer nördlich von Venedig gelegen, ist für Touristen ideal erreichbar. Caorle setzt sich zudem wohltuend von anderen lauten und rummeligen italienischen Küstenorten ab – trotz der unvermeidlichen Spielhallen und Souvenir-Geschäfte.

Quirlige Stadt mit verträumten Gassen

Die Stadt ist quirlig, die Cafés und Restaurants sind in der Saison gut ausgebucht. In den Fussgängerzonen gibt es Musik, Theater, Klamauk. Zahlreiche Boutiquen laden zum Bummeln ein. Trotz allem hat sich der über 900 Jahre alte Ort seine Verträumtheit erhalten. Dazu tragen das intakte, gut gepflegte Ortsbild, mit seinen Glockentürmen, den kleinen verträumten Gassen und Häusern in knalligen Farben bei. Und die immer noch rund 400 Fischer, die ihren Fang immer dienstags und freitags auf dem Fischmarkt am kleinen Hafen feilbieten.

Ein Spektakel, das sich der Besucher nicht entgehen lassen sollte. Denn in Caorle wird der Fisch noch sehr klassisch per Flüsterauktion ersteigert. Der Kunde flüstert dem Auktionator sein Angebot ins Ohr – und dieser gibt dem Meistbietenden den Zuschlag.

Beim Fischfest verwandelt sich der Strand in ein lukullisches Paradies

Das traditionelle Fischfest ist das Highlight des Jahres. Es findet dieses Jahr an den Wochenenden vom 13. bis 15. und vom 21. bis 22. September statt. Am Strand Spiaggia di Levante werden die alten Casoni aufgebaut. Das sind schilfgedeckte Fischerhäuschen, die typisch sind für Caorle und sein Umland. Fischer grillen vor den Augen der Besucher ihren Fang. Eine Woche zuvor steigt übrigens das Strassentheaterfestival „La Luna nel Pozzo“ mit über 100 Auftritten von Feuerspuckern, Clowns, Tänzern und Akrobaten.

Der Fisch und die Meeresfrüchte sind in Caorle allgegenwärtig: Doraden, Kalmare, Kraken, Seezungen, Scampi, Garnelen, Hummer, Aaale und Meeräschen sind ebenso im Angebot wie echte Spezialitäten, wie zum Beispiel Moschuskrake, Venusmuschel und die kleine Pilgermuschel. Das fruchtbare Umland, das zeitweise eher an schleswig-holsteinisches Küstenland erinnert, bringt zudem noch weitere Köstlichkeiten hervor, zum Beispiel einen speziellen Risotto-Reis der Sorte „Superfino“, der in salzhaltiger Luft reift und eine besondere Note hat.

Hier sammelte einst Hemingway Inspiration für seine Romane

Neben dem sauberen Strand, der – italientypisch – eng mit Liegen bestückt ist, bietet auch das Umland von Caorle zahlreiche Highlights. Eine Schiffstour, bei der die typischen reetgedeckten Fischerhäuser besichtigt werden können, ist der Klassiker. Zum Pflichtprogramm gehört hier ein Stopp an der Hütte, in der sich einst Ernest Hemingway den ein oder anderen Whiskey hinter die Binde goss, während er Inspiration für seinen Roman „Über den Fluss und die Wälder“ sammelte.

Lohnend ist eine Bootsfahrt durch die Lagunen, bei der nicht nur die Fischerhäuser, sondern eine weitgehend unberührte Flora und Fauna zu bestaunen ist.

Wer es gerne richtig hektisch haben möchte, dem sei ein Besuch ins 60 Kilometer entfernte Venedig empfohlen. Entspannt bummeln kann man dort angesichts der Besuchermassen schon lange nicht mehr, aber man muss ja mal die Tauben auf dem Markusplatz gesehen haben. Wer tiefer in die Kultur Venedigs einsteigen möchte, braucht viel Zeit. Denn vor allen wichtigen Sehenswürdigkeiten bilden sich schon früh morgens lange Schlangen. Für Shopping-Fans könnte ein Trip ins nahe gelegene Outlet-Center Noventa di Piave auf halben Weg nach Venedig das Richtige sein. Der Caorle-Tourist, der einen Tagestrip nach dem echten Venedig auf sich genommen hat, wird das „kleine Venedig“, das übrigens ebenso wie die grosse Schwester auf Pfählen aufgebaut ist, zu schätzen wissen. Nicht nur wegen der zahlreichen, exzellenten Fischrestaurants, sondern weil in Caorle die Uhren einfach etwas langsamer ticken.

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