Wyclef Jean: «Für meine Tochter bin ich der krasseste Dad überhaupt»

Der dreifache Grammy Gewinner Wyclef Jean ist mit seiner neuen EP „J’ouvert“ wieder zurück im Musikbusiness. Im Interview erzählt er, was sich für ihn in 20 Jahren am meisten verändert hat, wie er zur Flüchtlingskrise steht und warum seine Tochter seine grösste Inspiration ist.

Zugegeben: In den letzten Jahren wurde es musikalisch ruhiger um ihn. Nun meldet sich Wyclef Jean (47), der durch Hits wie „Killing Me Softly“ oder „Hips Don’t Lie“ bekannt wurde, aber zurück. Seine EP „J’ouvert“ erscheint heute und ist nur ein Vorgeschmack auf das Album „Carnival III: Road to Clefication“, das kommenden Sommer ansteht. Im Interview spricht Jean über seine Tochter, die für ihn die grösste Inspiration ist. Ausserdem erklärt er, was er über die Legalisierung von Marihuana denkt.

1997 brachten Sie Ihr Debütalbum „The Carnival“ heraus. 20 Jahre später feiern Sie mit Ihrem neuen Album „Carnival III“ quasi ein Jubiläum. Was hat sich für Sie in dieser Zeit am meisten verändert?

Die Welt hat sich verändert. Das 1997er-Album „The Carnival“ ist nicht viel anders als die Musik, die wir heutzutage hören – Drakes „One Dance“ oder Rihannas „Work Work Work“. Verschiedene Musikrichtungen werden aber jetzt viel mehr akzeptiert. Als wir das Album 1997 produzierten, war das ein grosses Ding, da so viele Leute noch nicht damit vertraut waren, dass man englische Musik mit spanischer oder anderen Musikstilen vermischen kann.

Warum haben Sie die Album-Reihe „Carnival“ genannt?

Ich kam auf den Namen „Carnival“, weil ich die Kunst liebe. Ich dachte mir: „Ich werde ein Kunstwerk malen und jeder soll für sich selbst entscheiden, was er oder sie darin sieht.“ Nehmen wir den Song „Gone Till November“ als Beispiel her. Den schrieb ich über meine Freunde, die Drogen verkauften und danach nicht mehr nach Hause zurückkamen. Ich musste deren Freunden dann erklären, dass sie tot sind. Manche Leute, die sich dann den Song anhören, können sich nicht damit identifizieren. Für andere ist das Lied wie ein revolutionäres, kubanisches Gedicht. Ich hab aber nie gesagt, was es sein soll.

Was war der Auslöser dafür, dass Sie sich politisch engagieren, beziehungsweise auch in Ihrer Musik viel über politische Themen singen?

Meine Vergangenheit. Ich bin in einem armen Viertel von Haiti geboren worden, wo man nichts hatte. Wo man quasi vom Boden gegessen hat. Dann bin ich in Brooklyn gelandet, war in einige Schiessereien und Messerstechereien verwickelt. Einige meiner Cousins sind gestorben, viele andere von uns sind immer noch am Leben.

Ich hatte das Gefühl, ähnlich wie Bob Marley, dass ich nicht „nur Musik singen“ konnte. Ich musste die Leute daran erinnern, woher ich komme und das alles okay wird, trotz allem was man gerade durchmacht. Ich glaube immer noch daran, dass die Jungend etwas Besseres verdient als einen Haufen von Politikern, die aufeinander losgehen.

Als was sehen Sie dann Ihre Musik, da Sie doch immer wieder über Flüchtlingsthemen singen oder auch ein Lied mit dem Titel „If I Was President“ haben?

Ich habe meine Musik nie als politische Musik betrachtet. Ich denke, es ist eher „soziale Musik“. Musik, die die Seele nährt. Viele Rapper reden eine Menge Gangster Shit, obwohl sie keine Gangster sind. Ich wiederum will über das Leben singen. Der anstrengende Teil beim Schreiben von Songs ist immer die Frage: Wie wandele ich diesen sozialen Shit um und mache es „sexy“? Das ist nicht einfach. Dank Bob Marleys Musik habe ich aber gelernt, wie man das so umsetzt. (lacht)

Was würden Sie aber gerne ändern, wenn sie tatsächlich Präsident der USA wären?

Zunächst einmal würde ich Marihuana in allen 50 Staaten legalisieren. Dadurch stünden mehr Jobs zur Verfügung und es gäbe weniger Kriminalität. Ein anderer Punkt ist, dass ich glaube, dass Politiker nicht genug Geld für diejenigen aufbringen, die es wirklich brauchen. Der Grund, warum es die wirklich armen Leute, die Gangs sowie die hohe Kriminalitätsrate gibt, ist, dass es in deren Gegenden keine Jobs und Schulen – kein gar nichts gibt. Ich denke, dass man sich darum als allererstes kümmern sollte. Denn wenn man etwas in den schlechteren Gegenden verbessern kann, ist das letztlich gut für alle.

Zum Thema Flüchtlingskrise in Europa: Viele Leute, unter anderem auch in Amerika, wünschen sich eine strengere Einwanderungspolitik. Was denken Sie darüber?

Das ist ein sehr sensibles Thema für mich. Mein Vater ist nämlich illegal nach Amerika gekommen. Er hielt sich versteckt und hat jeden Job in einer Fabrik gemacht, den es gab. Er hat kein Verbrechen begangen, er ist ein guter Mensch geblieben. Er hat Wyclef Jean „kreiert“ und Wyclef Jean ist ein Teil dieser Gesellschaft und bereit zu helfen. Ich mag dieses Klischee nicht, das Leute von Flüchtlingen haben. Sie denken: „Flüchtlinge sind schlecht! Lasst sie uns loswerden!“ Im Grunde sind wir aber doch alle nur Menschen.

Auf der anderen Seite muss man natürlich auch die Angst der Leute respektieren. Bevor man eine Person für irgendetwas verurteilt, sollte man erst einmal herausfinden, wer diese Person überhaupt ist. Ich kann nur jedem raten: Angst ist etwas, das Leute benutzen, um zu regieren. Wenn wir auf die gesamte Flüchtlingskrise schauen, ist es eine Weltkrise. Deswegen müssen wir diesen Leuten helfen!

Zurück zu Ihrer Musik: Was inspiriert Sie, neue Songs zu schreiben?

Mich inspirieren immer die Generationen. Momentan bin ich von der Generation meiner Tochter inspiriert. Angelina ist elf Jahre alt. Vor ein paar Tagen hat sie mir auf Youtube ein Video von Drake gezeigt, in dem er mit nur 14 Jahren meine Lyrics von „Ready or Not“ singt. Sie meinte zu mir: „Daddy, schau! Drake singt deinen Song und da ist er erst 14 Jahre alt!“ Als ich dann Drake getroffen hatte, meinte er zu mir: „Ich verehre dich. Wenn du irgendwann etwas brauchst, bin ich immer zur Stelle.“ Und die Art wie er mich umarmte, war dieselbe Art, wie ich Bob Marley oder Jimi Hendrix umarmt hätte.

Wie findet es Ihre Tochter einen berühmten Papa zu haben? Hört sie Ihre Musik?

Meine Tochter denkt, ihr Dad sei der krasseste Dad überhaupt. Sie findet, ihr Papa ist der coolste auf dem ganzen Planeten. Aber sie denkt auch, dass sie meine Produzentin ist. Sie sagt zum Beispiel: „Daddy okay, das klingt gut, aber du solltest es mit DJ Snake mixen. Daddy, das hier ist cool, aber wie wäre es, wenn du Drake noch dafür anfragst? Dad, das ist cool, aber ich glaube, das braucht noch Nicki Minaj!“ Ich finde das echt richtig toll! (lacht)

Planen Sie vielleicht einen der Vorschläge Ihrer Tochter umzusetzen?

Ich höre immer auf meine Tochter. Meine Tochter ist meine grösste Inspiration. Da fällt mir eine witzige Geschichte ein: Als sie fünf Jahre alt war, hatte ich gerade den Song „Sweetest Girl“ mit Akon und Lil Wayne aufgenommen. Aber bevor die Single veröffentlicht wurde, sassen meine Tochter und ich gemeinsam im Auto, als ich sie gerade zur Vorschule bringen wollte. Immer als ich zum nächsten Lied umschalten wollte, fing sie an zu quengeln und liess mich „Sweetest Girl“ nochmal und nochmal abspielen.

Deswegen entschied ich mich schliesslich dafür, „Sweetest Girl“ als Single herauszubringen und tatsächlich wurde das Lied in Amerika ein Nummer-eins-Hit. Meinte Tochter Angelina ist einfach unglaublich. Auch bei meinem neuen Lied „Young Thug“, wollte sie, dass ich ihr den Song vorab schicke. Und immer wenn sie einen Song so mag, dann läuft es gut.

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