Mighty Oaks: «Die Zeiten von Rock’n’Roll sind vorbei»

„Dreamers“ ist das heiss erwartete zweite Album der Folk-Rock-Band Mighty Oaks. Im Interview verraten die Jungs, warum Berlin so wichtig für die Band ist und warum sie jetzt auch im Winter mal ein Eis essen.

Mit ihrem Debütalbum „Howl“ schafften Ian Hooper, Claudio Donzelli und Craig Saunders, vereint unter dem Namen Mighty Oaks, ein echtes Konsens-Album. Dem positiven Vibe des Folk-Rocks der Wahlberliner konnten sich nur die wenigsten entziehen. Nach der Veröffentlichung ging es auf die grosse Ochsentour. Für die nächsten zwei Jahre hiess es: spielen, spielen und noch mal spielen. Jetzt, wieder ein Jahr später, kommt das lang ersehnte zweite Album „Dreamers“. Ein Album, das erstmals von A bis Z im Kollektiv entstanden ist. Warum es wichtig war, sich für das Album Zeit zu nehmen und warum man heutzutage als Band mehr oder weniger Allround-Talente besitzen muss, erklären Sänger und Gitarrist Ian Hopper sowie Bassist Craig Saunders im Interview mit der SpotOn-Redaktion.

Ihr neues Album heisst „Dreamers“. Wie ist der Titel zu verstehen? Sind Sie Träumer?

Ian Hooper: Auf jeden Fall – sonst hätten wir keine Band. Musiker zu sein, war früher ein Traum von uns allen. Das Entscheidende war aber diesem Traum auch nachzugehen. Das Lied „Dreamers“ ist für jene Menschen, die von etwas anderem träumen, als sie im Alltag haben und vielleicht durch den Song, ihren Mut zusammennehmen und ihrem Traum folgen.

Drei Jahre liegen nun zwischen dem letzten Album und dem neuen. Eine relativ lange Zeit. Hat Ihre Plattenfirma nach dem Erfolg von „Howl“ nicht darauf gedrängt, möglichst schnell ein zweites Album nachzulegen?

Hooper: Wir sind zunächst zwei Jahre auf Tour gegangen und in diesem Zeitraum gab es kaum Möglichkeiten, Lieder zu schreiben. Wir wollten uns Zeit nehmen, um qualitativ gute Musik zu machen, weil in der heutigen Musik-Landschaft alles sehr flüchtig ist. Unsere Plattenfirma hat uns diesen Freiraum gegeben.

Craig Saunders: Uns war wichtig, dass wir mit den Liedern happy sind und nicht schnell etwas raushauen, nur um präsent zu sein.

Auf „Howl“ stand die Akustik-Gitarre sehr stark im Vordergrund. Jetzt rückt sie fast schon ein wenig in den Hintergrund. Wie kommt das?

Hooper: Auf „Howl“ waren noch viele alte Lieder von mir, auf die wir dann als Band gemeinsam aufgebaut haben. Dass das Album am Ende so geworden ist, lag aber auch an den Räumlichkeiten. Wir waren sehr beschränkt in unseren Möglichkeiten. Es gab zum Beispiel kein Klavier und das war zu dem Zeitpunkt das Beste, was wir machen konnten. Nach zwei Jahren auf Tour haben wir sehr viel über uns als Musiker und als Band gelernt und das hat den Weg ins Songwriting gefunden. „Dreamers“ ist eine kollektive Band-Leistung.

Sie stammen alle aus unterschiedlichen Ländern (Grossbritannien, USA und Italien), leben aber alle in Berlin. Was hat Sie dorthin gezogen?

Hooper: Wir sind wegen des Studiums oder der Arbeit hier gelandet. Wir fühlen uns sehr wohl hier. Es bewegt sich sehr viel, fühlt sich aber nicht so gross an, wie andere Hauptstädte auf der Welt. Die Stadt erlaubt uns unser Künstler-Leben zu führen, weil die Lebensqualität sehr hoch ist und die Preise moderat – noch.

Berlin ist musikalisch ein umkämpfter Markt. Man hat den Eindruck, dass jeder der Musik machen will, nach Berlin zieht, um dort durchzustarten – war es anfangs schwer für Sie, sich einen Namen in der Szene zu machen?

Hooper: Eigentlich nicht, aber wir haben es auch nicht darauf angelegt. Vielleicht hat es deshalb geklappt. Bei uns ist das ganz organisch entstanden. Aber viele Leute, die nach Berlin ziehen, denken, dass es einfach ist, da ein grosser Teil der Musikindustrie hier sitzt. Aber es ist ein hartes Stück Brot. Man kann hier rund um die Uhr auf eine Show oder in eine Kneipe gehen – viele Leute kommen damit nicht klar. Man muss strukturiert sein, wenn man etwas erreichen will.

Also das genaue Gegenteil der verklärten Vorstellung von Rock’n’Roll?

Hooper: Total. Die Zeiten sind aber nun mal vorbei. Damit du als Künstler superschnell und krass leben kannst, brauchst du um dich herum Menschen, die dir die Arbeit abnehmen. Wir haben unseren Status erreicht, weil wir alles selber in die Hand genommen haben. Heutzutage musst du als Musiker ein Alles-Könner sein. Du musst eine Ahnung davon haben, wie die Dinge laufen.

Sie leben ja schon recht lange in Deutschland. Haben Sie schon deutsche Wesenszüge übernommen?

Hooper: Wir meckern ganz gerne Mal, wenn etwas nicht so flott läuft, wie wir uns das vorstellen. Den Sonntagsspaziergang und die Pünktlichkeit haben wir auch übernommen.

Saunders: Ich bleibe an einer roten Ampel stehen, selbst wenn gar nichts los ist. Das ist echt schon peinlich. Nicht zu vergessen das Eis-Essen im Winter. Das habe ich vorher noch nie gesehen.

Ian, Sie haben internationale Politik studiert. Wie sehen Sie die Entwicklung in Ihrem Heimatland, den USA?

Hooper: Ich habe bis zum Wahltag nicht daran geglaubt, dass Trump Präsident wird. Das war vorher nur ein schlechter Witz. Das ist mehr oder weniger die Rache der ungebildeten Menschen an der intellektuellen Elite. Warum die Menschen ungebildet sind, steht aber auf einem anderen Zettel. Das ist ein Problem des Systems, weil viele Menschen gar kein Zugang zu Bildung haben. Es ist auf der einen Seite angsteinflössend und auf der anderen Seite einfach absurd.

Glauben Sie, dass Trump die kompletten vier Jahre im Amt sein wird, oder schmeisst er vorher hin?

Hooper: Keine Ahnung. Aber das ist durchaus sein Stil, Unternehmen komplett gegen die Wand zu fahren und das Schiff dann sinken zu lassen.

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