Bonaparte: «Ich will mich mehr dem Züchten von Islandponys widmen»

Die Bühne war über zehn Jahre sein Zuhause. Nun will der zweifache Familienvater Bonaparte kürzer treten. In seiner Zukunftsplanung spielen Pferde eine grosse Rolle.

Der Schweizer Tobias Jundt (*1978) ist unter seinem Künstlernamen Bonaparte viel in der Welt unterwegs. Unzählige Live-Konzerte hat er seit 2006 rund um den Erdball gespielt. Das soll sich künftig ändern. Wie ungewöhnlich seine Zukunftsplanung aussieht, was die tiefere Bedeutung seines neuen Albums „The Return Of Stravinsky Wellington“ ist und was er von offenen Beziehungsformen hält, hat der verheiratete Vater zweier Kinder im Interview mit der Redaktion verraten.

Tobias, was steckt hinter dem Titel „The Return Of Stravinsky Wellington“?

Bonaparte: Es ist eine Art Konzeptplatte und eine Welt, in die man eintauchen kann… Wellington ist die Hauptstadt Neuseelands, in der ich mit Fat Fredy’s Drop die Bläser dieses Albums aufgenommen habe. Wellington ist des Weiteren auch der Name des Generals, der Bonaparte bei der Schlacht zu Waterloo in die Knie gezwungen hatte. Und natürlich ist Stravinsky Wellington im echten Leben eine meiner Katzen. Wenn man das als Bild nehmen will, dann stellt sich die Frage, von wo und zu was sie denn zurückkommt – und genau da beginnt die Reise dieser 40 Minuten Musik.

Inwiefern unterscheidet sich das neue Album von den Vorgängern?

Bonaparte: Die Platte ist melodiöser und wohl in der Gesamtheit auch etwas ruhiger und ernsthafter als die Vorgänger. Keine Platte, die der DJ im Club abfeuern würde, sondern der Soundtrack für den Alltag. Wieder haben viele Freunde daran mitgearbeitet wie Siriusmo, Kid Simius, Typewriter, u.a. Ich will grundsätzlich keine Platte wiederholen, sondern mich möglichst immer weiterentwickeln. Jede Platte erzählt eine neue Phase und live gibt es dann das Beste aus allen Alben zusammen.

Sie sind mittlerweile Vater von zwei Kindern und verheiratet. Inwiefern hat Sie das als Mensch, aber auch Ihre Musik verändert?

Bonaparte: Vor zehn Jahren habe ich ohne jegliche Verpflichtungen oder Gefühl für Zeit meinen Rock’n’Roll gelebt. Jetzt habe ich eine ganz andere Verantwortung gegenüber der Zeit, in der ich lebe und der Welt, die ich hier mitgestalte. Vor zehn Jahren hatte ich nichts zu verlieren – jetzt habe ich Unmengen, für die es sich zu kämpfen lohnt. Ich glaube musikalisch ist die grösste Veränderung wohl, dass man als Vater nicht mehr ein Nachtmensch ist, sondern primär auf die Seite der Tagmenschen wechselt. Das hat möglicherweise schon eine Auswirkung auf die Farbe und den Sound einer Platte.

Im Video zu „FYA“ ist am Anfang und am Ende kurz Bela B. zu sehen. Wie kam es dazu und steckt da irgendeine versteckte Botschaft dahinter?

Bonaparte: Bela ist ein guter Freund vom mir. 2010 spielten Die Ärzte ja unangekündigt als Vorband von Bonaparte bei meinem Konzert in der Columbiahalle in Berlin. Er war am Tag des Drehs in der Stadt und da Bonaparte immer eine Art „family affair“ zwischen mir und meinen Freunden ist, war es klar, dass er einen Cameo-Auftritt spielen musste. Er hat extra einen neuen Akzent dafür erfunden.

Der Song „White Noize“ rechnet mit der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre ab. Haben Sie Angst davor, dass Europa zerbricht?

Bonaparte: Ich spreche diese Ängste und Gefühle in dem Song an, aber ich glaube eher an das Positive und das Album transportiert am Ende vielmehr Hoffnung. Dass die Menschen aufeinander zugehen, dass man sich verständigt und dass man aus dieser Krise, in der Europa steckt, gemeinsam gestärkt herausgehen wird.

Ein weiterer Song auf Ihrem Album heisst „Polyamory“. Wie stehen Sie offenen Beziehungsformen gegenüber und wo sind die Grenzen derer?

Bonaparte: Um was es in dem Song am Ende geht, ist, dass eben nicht jede Beziehungsform oder jede Art Liebe zu leben auch zu jedem Menschen passt. Man muss zuerst einmal herausfinden, wie man selber gestrickt ist und dann müssen alle Beteiligten das gleiche wollen. In dem Song kommt „er“ vom Land und glaubt an die grosse Romantik der zweisamen Monogamie, während „sie“ halt die Polyamorie auslebt. Das Problem ist also lediglich, dass sie nicht das Gleiche ausleben wollen.

Wann werden Sie mit Ihrem neuen Album auf Tour gehen?

Bonaparte: Ich werde diese Jahr nur sehr ausgewählte Festivals spielen – wie Rock Am Ring, Rock Im Park, Gurtenfestival in meiner Heimatstadt – und an meinem Geburtstag, dem 20. Oktober, eine einzelne Show in Berlin im Festsaal Kreuzberg. Ich bin nicht so radikal wie Jack White, der gar keine Live-Shows mehr spielt, aber nach 500 bis 600 über den Erdball verstreuten Bonaparte Live-Shows habe ich beschlossen, mehr Zeit im Studio zu verbringen und mich nebenbei vermehrt dem Züchten von Islandponys zu widmen.

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