Rise Against: «Rassisten und Sexisten sollten sich schämen»

Die Punk-Helden von Rise Against haben immer noch Biss – was sie mit ihrem neuen Album „Wolves“ einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis stellen. Sänger Tim McIlrath verrät im Interview, warum es wichtiger denn je ist, gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen.

Die US-amerikanische Punkband Rise Against ist für ihr politisches Engagement bekannt. Auf ihrem neuen mittlerweile achten Album „Wolves“ stellen sie sich gewohnt laut gegen jede Form von Rassismus, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit. Sänger Tim McIlrath (38) spricht im Interview folgerichtig viel über Politik, Donald Trump und den Kampf gegen Ungerechtigkeit.

Ihr neues Album heisst „Wolves“. Warum haben Sie sich für dieses Bild entschieden und wofür steht es?

Tim McIlrath: Es sind die Wölfe, die vor der Tür stehen und rein wollen. Es ist unsere Antwort auf das Gefühl der Niederlage, das viele, ich eingeschlossen, erlebten, nachdem Donald Trump Präsident geworden ist. Wir waren während der Wahlen mitten in den Aufnahmen und die Songs klangen alle irgendwie böse. Ich meinte dann nur: Schluss mit Trübsal blasen. Wir sind keine Heulsusen, wir sind Wölfe. Die Wahl kann uns aktiv machen. Sie kann uns vor Augen führen, wie wichtig es ist, sich zu widersetzen und sich Rassismus, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenzustellen.

Wie wichtig ist der Kampf gegen Ungerechtigkeit in diesen Zeiten?

McIlrath: Er ist wichtiger, denn je. Wir alle dachten offenbar, dass wir Rassismus und Sexismus hinter uns gelassen haben. Unseren Kindern erzählen wir davon, als wären sie Geschichte, aber das sind sie nicht. Sie sind wie ein Monster, das in einen Käfig gesperrt und der Schlüssel dazu weggeworfen wurde – doch im Grunde suchen sie immer einen Weg auszubrechen. Deshalb ist es wichtig, ihnen nie den Rücken zu zukehren und den Kampf aufzunehmen.

Glauben Sie, dass Musik im Allgemeinen und Ihre Musik im Speziellen diese Macht hat, eingefahrene Ansichten zu verändern?

McIlrath: Davon bin ich sogar überzeugt! Musik hat einen sehr hohen Stellenwert. Wenn du jung bist, dann hat Musik mehr Möglichkeiten deine Ansichten zu formen, als alles andere. Das erreichen oft nicht mal deine Eltern, deine Freunde, deine Schule oder deine Religion. Gleichzeitig haben wir als Musiker unseren Höheren gegenüber eine grosse Verantwortung.

Die amerikanische Gesellschaft scheint tief gespalten zu sein. Wie lässt sich dieser Graben zwischen den Menschen überwinden?

McIlrath: Ich hoffe sehr, dass wir das schaffen. Ich bin jemand, der immer beide Seiten hören möchte. Ich möchte die Menschen treffen, die es für eine gute Idee hielten, dass Trump Präsident dieses Landes wird. Aber nicht nur Amerika ist tief gespalten. Auch Frankreich, England und die Türkei sind es. Überall auf der Welt sehen wir einen Aufstieg des rechten politischen Flügels – der sehr gefährlich und kurzsichtig ist. Aber ich werde nie zulassen, dass Rassismus und Sexismus normalisiert werden. Wenn Donald Trump über die guten alten Zeiten spricht, redet er nur über ein Privileg der Weissen – eine Zeit, in der weisse Männer die Kontrolle hatten.

Es scheint auch, dass viele Menschen, die ihre Ressentiments lange zurückgehalten haben, jetzt sehr laut sind – gerade in den sozialen Medien.

McIlrath: Genau. Menschen, die ihre rassistischen und sexistischen Tendenzen bisher versteckt haben, haben nicht mehr das Gefühl, sie müssten diese weiter zurückhalten. Aber eigentlich solltest du dich schämen, wenn du ein Rassist oder Sexist bist. Und man sollte dich dafür verurteilen.

Wie konnte jemand wie Trump überhaupt Präsident werden?

McIlrath: Ich glaube, die Menschen haben Angst vor Veränderung. Dazu kam noch das schlechte wirtschaftliche Klima. Das gibt Trump die Möglichkeit, eine rückwärtsgewandte Politik zu betreiben. Viele Menschen haben ihre Macht über die Jahre hinweg verloren und wollen zurück zum alten Status Quo. Aber so funktioniert die Welt eben nicht.

Also eine grundsätzliche Angst vor zunehmender Globalisierung?

McIlrath: Das spielt sicher viel mit rein, ja. Sie haben Angst vor dem Fremden, dass sie ihre Jobs verlieren und vor Terrorismus. Donald Trump hat mit diesen Ängsten gearbeitet und ihnen verkauft, dass ER Amerika wieder nach vorne bringt. Aber in Wahrheit zieht er uns immer weiter runter.

Sie wollten ihr Video zu „The Violence“ in Virginia drehen. Auf einem Feld, auf dem 43 riesige Betonbüsten ehemaliger Präsidenten stehen. Das wurde von den lokalen Behörden aber als regierungsfeindlich deklariert und verboten. Wie haben Sie sich in dem Moment gefühlt?

McIlrath: Im ersten Moment hat es mich stolz gemacht. Rise Against ist mein Baby und ich bin stolz darauf, dass wir als eine Kraft gesehen werden, die als möglicherweise gefährlich gilt. Ich bin mir nicht mal sicher, was regierungsfeindlich heisst. Wir waren schon immer der Regierung gegenüber kritisch. Das hat aber nichts mit radikal sein zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand. Es ist die Pflicht der Menschen kritisch zu sein, um sicherzugehen, dass sie eine gute Regierung haben. Aber die Präsidenten auf dem Feld stehen für Macht und Kontrolle und wir wollten das mit unserem Video dort anprangern. Ich glaube, das war das Problem.

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