Christian Ulmen und Fahri Yardim: Sind ihnen Sex-Szenen noch peinlich?

In der Serie „jerks.“, in der sie regelmässig auf peinliche Katstrophen zusteuern, werden Christian Ulmen und Fahri Yardim auch ins Schlafzimmer begleitet. Ob ihnen Sex-Szenen noch unangenehm sind, verraten sie im Interview.

Christian Ulmen (43, „Herr Lehmann“) und Fahri Yardim (38, „Der Medicus“) standen für eine dritte Staffel ihrer Serie „jerks.“ vor der Kamera, die ab diesen Dienstag (18. Juni 2019) auf Joyn, der neuen Streaming-Plattform von ProSiebenSat.1, startet. Warum sich die beiden Schauspieler nicht auf die Dreharbeiten vorbereitet haben, welche Promi-Gastauftritte sie besonders beeindruckt haben und warum sie unterschiedlich über Sex-Szenen denken, verraten sie im Interview.

„jerks.“ basiert auf Geschichten Ihres eigenen Lebens. Wie schwer war es, heikle Details über Ihr privates Umfeld zu integrieren?

Christian Ulmen: Wir verpacken die Geschichten und chiffrieren Dinge. Für das, was in der Realität passiert ist, finden wir neue Namen und Orte.

Fahri Yardim: Man möchte ja nicht nachtreten. Menschen, die schon am Boden lagen, muss man nicht retraumatisieren.

Bei „jerks.“ sind die Dialoge improvisiert, dafür muss man seine Rolle gut kennen. Wie haben Sie sich auf die dritte Staffel vorbereitet?

Yardim: Gar nicht. Zum einen heisst der Fahri, den ich spiele und Christians Rolle komischerweise Christian. Mein Leben muss ich nicht noch auf einem Clipboard sehen. Meine Erfahrung lehrt mich: Je mehr Aufkleber Schauspieler in ihrem Drehbuch haben, je mehr sie sich angestrichen und an die Seite geschrieben haben, desto schlechter spielen sie.

Ulmen: Es gibt dazu einen tollen Satz von Claude Oliver Rudolph: „Wenn du den Klempner rufst, dann kommt der auch nicht einen Tag vorher vorbei und übt, wie er das Rohr verlegt“. Ich glaube, dass aus der Frische Wahrhaftigkeit wird und jede Probe ist eine Gefahr, das abzutöten.

Auch das Set muss auf jedwede Impro vorbereitet sein. Wie läuft das bei „jerks.“ ab?

Ulmen: Wir drehen mit zwei Kameras, meistens zwei Mal eine halbe Stunde und dann geht es zur nächsten Szene. Es gibt keine Probe vorher, keine Gespräche über einzelne Sätze oder welche Haltung die Figur gerade hat oder wie sie geht. Das ist ein Segen, wir spielen einfach los. Dabei stellt sich schnell heraus, was der richtige Groove ist.

Yardim: Den Schnitt macht Herr Ulmen persönlich, das ist am Ende natürlich dann noch einmal die grosse Kunst – aus dem Material die Perlen und den Rhythmus zusammen zu klamüsern.

Eigentlich weiss man vor jeder Folge schon, dass am Ende die peinliche Katastrophe wartet. Wieso glauben Sie, dass die Serie trotzdem funktioniert?

Ulmen: Es gibt eine alte Otto-Waalkes-Weisheit: „Beim Witz geht es darum, dass der Zuschauer die vorausgeahnte Pointe einfach hören will. Er will sich bestätigt wissen in seiner Vorahnung.“ Das ist bei einem Krimi das Gleiche, du hast auch die ganze Zeit eine Idee, wer der Mörder sein könnte.

Yardim: Bei „jerks.“ kommt noch hinzu, dass du dich so wundervoll fürchtest vor der Katastrophe, die sich anbahnt. Du denkst: Es darf nicht sein, was eintreten muss, aber ich bin zu neugierig und voyeuristisch, um mir das nicht anzutun. Da ist eine unbändige Lust, der Katastrophe beizuwohnen.

Warum schämen wir uns?

Ulmen: Für mich ist Scham eine nutzlose Empfindung. Wenn ich Angst habe, dass mich ein Auto überfährt, dann ist das eine gesunde Angst. Wenn ich aber Angst habe zu riechen – da stirbt niemand dran. Alles was mit Scham zu tun hat, ist meistens banal und fast nie existenziell. Sie ist anerzogen. Ich mag an der Scham, dass es uns eigentlich bessergehen würde, wenn wir uns nicht so viel schämen würden.

Yardim: Für mich hat es mit dem Urbedürfnis der Anerkennung zu tun. Ich glaube, wir wollen gemocht, geliebt und anerkannt werden und es liegt die Furcht darin, abgelehnt und abgewertet zu werden. Das ist allzu menschlich und irgendwie auch süss.

Die Serie begleitet Sie auch ins Schlafzimmer. Wie peinlich sind Ihnen Sex-Szenen noch?

Yardim: Die Körpergerüche in einer Bettszene sind doch immer sehr präsent, da knallt es heftig intim. Und eitel betrachtet, manche Körperteile kommen einfach nicht gut weg. In Folge 10 mag ich meine Waden nicht, was natürlich ausschliesslich an der Kameraeinstellung liegt. Die gucken da viel zu dünn aus der Decke heraus.

Ulmen: Bei mir hat viel unter der Decke stattgefunden, da war viel kaschiert.

„jerks.“ überrascht auch mit prominenten Cameo-Auftritten. Wie kam es zu der Idee?

Ulmen: Es ist eine Serie über unser Leben, in dem berufsbedingt Personen der Öffentlichkeit vorkommen. Wenn wir eine Idee haben, wer zu welcher Szene passen könnte, fragen wir die Leute an. Viele sagen ab, weil ihnen das zu doof oder zu gewagt ist, eine Handvoll supercooler Kollegen wie Volker Bruch oder Marcel Reif bleibt übrig. Letzterer hat es aus dem Nichts geschafft, so wahrhaftig und dezent zu spielen, da müssen Vollprofis erst einmal hinkommen.

Yardim: Ich mochte die Auftritte von Rapperin Nura und Rocko Schamoni auch sehr.

Was schauen Sie selbst für Comedyserien?

Ulmen: Ich mag bei komödiantischen Formaten, wenn mich der Witz nicht anspringt, wenn ich selber entdecken darf, was ich daran lustig finde. Mir hat „After Life“ sehr gut gefallen.

Yardim: Oh ja, oder „Fleabag“, da gelingt alles aufs eleganteste.

Kennengelernt haben Sie sich schon in jungen Jahren, unter anderem beim Judo-Unterricht in Harburg. Hätten Sie auf der Matte noch was drauf?

Ulmen: Fahri schon, ich nicht mehr.

Yardim: O-Goshi, Kesa-Gatame, das kann ich alles noch – Mein körperliches Gedächtnis ist besser als mein geistiges. Aber ich sah früher richtig schlimm aus. Manche Fotos, auf denen ich mit dicker Brille und in diesem übergrossen Judo-Anzug im Garten posiere, sind unfassbar idiotisch. Warum hat mich niemand gewarnt? Warum?

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