Miroslav Nemec: Porträt eines echten Patchwork-Königs

In der neuen „Lebenslinien“-Ausgabe geht es um den ungewöhnlichen Lebensweg von „Tatort“-Star Miroslav Nemec. Beeindruckend ist dabei unter anderem der freundschaftliche Umgang mit den Ex-Partnerinnen. Im Interview verrät der Schauspieler und Musiker, wie das geht.

In der neuen Ausgabe der Porträt-Reihe „Lebenslinien“ geht es um den deutsch-kroatischen TV-Star Miroslav Nemec. Am 26. Juni feiert er seinen 65. Geburtstag und der Bayerische Rundfunk widmet einem seiner beiden grossen „Tatort“-Stars (seit 1991) die Doku „Miroslav Nemec – Der Tatortkommissar und ich“ (24.6., 22.00 Uhr, BR). Gedreht wurde „an den Orten, an denen ich aufgewachsen bin: In Freilassing, Zagreb, Istrien, auf der Insel Krk – wo meine Mutter herkommt“, wie der sichtlich gerührte Schauspieler bei der Premierenvorführung erklärte.

Im Interview verrät Nemec ausserdem, wie es dazu kam, dass unter anderem seine Ex-Partnerinnen, die Schauspielerinnen Janina Hartwig (58, „Um Himmels Willen“) und Rita Russek (66, „Wilsberg“), in der Doku mitwirkten – beispielsweise ist eine der beiden samt Tochter bei einer gemeinsamen Grillfeier zusammen mit seiner heutigen Familie zu sehen… Der Künstler bestätigt im Gespräch aber auch, dass das mit der Schauspielerei bei ihm tatsächlich reiner Zufall war.

Was haben Sie denn gedacht, als der BR mit dem Vorschlag für diese Reihe auf Sie zugekommen ist?

Miroslav Nemec: Ich war nicht total überrascht, weil das ja mit Schauspielkolleginnen wie Michaela May (67), Jutta Speidel (65) etc. auch gemacht worden ist. Aber ich war auch nicht gleich begeistert, meinen 65. so zu betonen. Dass der BR mir damit eine Freude machen wollte, ist klar. Und da ich mich dem Sender gegenüber nach all den Jahren auch verpflichtet fühle, haben wir uns eine gemeinsame Freude bereitet.

Was war Ihnen bei der Doku besonders wichtig?

Nemec: Wichtig war mir, dass es nicht in Richtung Yellowpress oder Homestory geht, sondern authentisch bleibt. „Lebenslinien“ ist ein tolles Format, für bekannte Schauspieler aber auch nicht unproblematisch. Wenn einem Menschen, der darin porträtiert wird, zum Beispiel mal die Tränen kommen, ist das ganz normal. Bei einem Schauspieler heisst es dann schnell: Der spielt uns was vor. Das ist die Gefahr und das wollte ich vermeiden.

Eigentlich versuchen viele Promis ja, sich nicht zu tief in die Seele blicken zu lassen…

Nemec: Der Einblick in die Seele ist für mich nicht das Problem. Es sei denn, es wird falsch verwertet, im Sinne von Effekthascherei oder Herzschmerz. Wenn es echt ist und die Gefühle echt rüberkommen, so wie in diesem Film, dann ist es für mich in Ordnung.

Wirklich beeindruckend war unter anderem, dass so viele ehemalige Lebensgefährtinnen bereit waren, mitzumachen. Wie schafft man es, so gute Verhältnisse mit Ex-Partnern zu haben?

Nemec: Das ist möglich, weil wir uns mal geliebt haben. Und diese Verbindung ist ja dann nicht einfach weg. Sie hat sich in eine Freundschaft verwandelt, in eine Zuneigung, die nicht mehr Liebe ist. Aber es bleibt etwas und das ist das Schöne daran.

Das können nicht viele Ex-Paare…

Nemec: Deshalb bin ich froh, dass es uns gelungen ist.

An einer Stelle heisst es, Sie sollen immer unter Strom stehen und schwer entspannen können. Stimmt das?

Nemec: Ich empfinde das natürlich nicht so. Unter Strom stehen im Sinne von ich muss immer etwas tun – das stimmt allerdings schon. Ich kann mich nicht eine Woche in den Liegestuhl in die Sonne legen und dann baden und dann wieder liegen. Ich bin ein aktiver Mensch und möchte etwas unternehmen oder angucken oder in den Garten gehen und meine Feigen pflücken oder die Bäume beschneiden oder irgendetwas anderes machen… Nur in Istrien halte ich es aus, einfach nur mal dazusitzen.

In der Doku wird unter anderem der Unterschied zwischen ihrem Naturell und dem Ihres Vaters herausgearbeitet. Sie wirken wesentlich zielstrebiger und durchsetzungsstärker. Wie kommt das?

Nemec: Das waren die Umstände. Mein Naturell ist eigentlich auch eher harmonisierend, verletzlich, sensibel… Somit hätte ich natürlich auch anders reagieren können. Aber durch meine Adoptivmutter, die sehr zielstrebig war, habe ich einen gewissen Drill erfahren.

Der Verein „Hand in Hand“, den Sie für Kriegswaisen gegründet hatten, wird auch thematisiert. Den Verein gibt es nicht mehr, aber haben Sie noch Kontakt zu irgendeinem der damaligen Kinder?

Nemec: Früher schon, wenn wir mal unten in Istrien waren, aber inzwischen sind ja alle weggezogen. In den Häusern, die wir den Kindern damals zur Verfügung gestellt haben, sind auch heute noch Kinder untergebracht. Betreut werden sie aber von einer anderen Organisation. Es ist schön, dass es Unterkünfte für Kinder geblieben sind.

In der Doku wirkt es so, als sei das mit der Schauspielerei bei Ihnen reiner Zufall gewesen. Sonst wären Sie Musiker geworden?

Nemec: Das stimmt. Es ist verrückt und klingt natürlich wie eine erfundene Geschichte. Es ist aber die Wahrheit. Ich wollte Musiker werden. Aber meine damalige Freundin wollte Schauspielerin werden und da habe ich gesagt: Gut, dann komme ich eben mit zur Aufnahmeprüfung und probiere es auch. Zum Glück haben wir beide bestanden und die Ausbildung absolviert. Nach einigem Hin und Her bin ich dann nach Köln ans Theater gegangen. Erst dort ist mir wirklich klargeworden, was dieser Beruf bedeutet.

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