Billy Talent: «Toleranz, Akzeptanz und Liebe sollte man nicht nur predigen»

Bily Talent: Durch mehr Toleranz, Akzeptanz und Freundlichkeit könnte die Welt klar eine bessere werden.

Quelle: Warner Music / Dustin Rubin

Die fünf Kanadier räumen mit ihren eingängigen Punkrock-Melodien gleich reihenweise Preise ab und füllen Konzerthallen auf der ganzen Welt. So auch Ende November, wo sie mit ihrem Konzert das Zürcher Volkshaus rockten und das Publikum mit ihrer guten Laune begeisterten. Im Interview mit dem TREND MAGAZIN sprachen Sänger Benjamin Kowalewicz und Leadgitarrist Ian D’Sa über ihre Sicht auf das aktuelle Weltgeschehen und erklären, wie sich das in ihrer Musik widerspiegelt.

Vor mehr als 20 Jahren unter dem Namen Pezz gegründet und 1999 wegen einer Unstimmigkeit mit einer gleichnamigen Band in Billy Talent umbenannt, haben die fünf Kanadier seit ihrem im 2003 mit Platin ausgezeichneten Debütalbum „Billy Talent“ weltweit über drei Millionen Alben verkauft. Zu Beginn ihrer Karriere spielten sie vor allem Punk, ordneten sich aber mit ihren darauffolgenden Alben eher im Alternative Rock und Post-Hardcore-Genre ein. Mit bisher vier veröffentlichten Studioalben erreichten Billy Talent 15 Mal Platin und zwei Mal Gold und gewannen eine Reihe internationaler Preise. Mit ihrem aktuellen Album „Afraid of Heights“, das die Punkrockband bereits im Juli 2016 veröffentlicht hat, vermitteln sie eine klare Botschaft: Durch mehr Toleranz, Akzeptanz und Freundlichkeit könnte die Welt klar eine bessere werden.

Hallo Jungs, alles klar bei euch?

Ian: Danke, bei uns ist alles bestens.

Schön, euch in der Schweiz zu treffen. Mögt ihr die Schweiz?

Benjamin: Ich hasse die Schweiz (lacht)! Nein im Ernst jetzt… die Schweiz ist toll. Alles wirkt hier irgendwie so perfekt. Schnelle Autos, leckere Schokolade, schöne und modebewusste Menschen – ihr habt es wirklich echt schön hier.

Habt ihr denn auch gute Erinnerungen an eure Konzerte hier?

Ian: Ja, natürlich. Wir durften bereits mehrmals am Greenfield Festival auftreten, was jedes Mal ein absolutes Highlight war. Die Kulisse und die Landschaft mit den eindrücklichen Bergen im Hintergrund ist einfach grossartig.
Benjamin: Am Greenfield wurden wir vom Schweizer Publikum sogar zur besten Band des Festivals gewählt. Das ist total cool. Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung.

Ihr habt nach vier Jahren im Sommer 2016 das aktuelle Album „Afraid of Heights“ herausgegeben. Wo ist das neue Werk entstanden?

Ian: Wir haben den grössten Teil in unserem Studio in Toronto aufgenommen.

Und worum geht es darin?

Ian: In den vier Jahren, wo wir daran gearbeitet haben, hat sich einiges getan auf der Welt. Sie hat sich enorm verändert. Wir wollten diese Veränderung einfangen und in unseren Songs widerspiegeln.

Ian, wie schreibst du die Songs?

Ian: Du musst inspiriert sein, um einen Song schreiben zu können. Sonst sitzt du manchmal acht Stunden da und es kommt nichts Brauchbares dabei raus. Ich persönlich lasse mich vom Weltgeschehen inspirieren – sowohl positiv als auch negativ. So entsteht dann eine Idee für einen Gitarrenriff oder eine Strophe. Das aktuelle Album „Afraid of Heights“ handelt beispielsweise von der Angst der Menschen vor Veränderungen, auch wenn diese positiv sind.

Schreibst du auch, wenn ihr auf Tour seid?

Ian: Ja, ich liebe es, immer eine Gitarre in Reichweite zu haben und an neuen Ideen zu arbeiten, auch wenn wir gerade unterwegs sind. Wie gesagt, muss ich aber von etwas inspiriert sein, sonst bringt das alles nichts.

Wie fühlt es sich jeweils an, die neuen Songs zum ersten Mal live zu spielen?

Benjamin: Es ist immer wieder unglaublich zu sehen, wie das Publikum auf die neuen Songs reagiert und wie positiv sie diese aufnimmt. Spannend dabei ist auch, wie sich die neuen Songs mit den älteren vereinbaren lassen.

Was bevorzugt ihr: an neuen Songs zu arbeiten oder live zu spielen?

Ian: Ich persönlich bevorzuge das Studio. Der Prozess von der Entstehung eines Songs, also von der ersten Idee bis hin zum fertigen Werk, liegt mir einfach mehr. Bitte versteht mich jetzt nicht falsch. Ich liebe es sehr, live zu spielen, trotzdem bevorzuge ich die kreativen Arbeiten im Studio.

Und was war die Grundidee oder die Inspiration für das Album „Afraid of Heights“?

Benjamin: Es ist nicht eine einzelne Sache, die uns dazu inspiriert hat. Auf der Welt geschehen zurzeit einige schreckliche Dinge, die uns beschäftigen. Wir machen uns viele Gedanken darüber und fragen uns oft, wohin das Ganze noch führen wird. Wer hätte zum Beispiel daran gedacht, dass Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten wird? Nur um das hier kurz festzuhalten: Wir sind ganz klar gegen ihn.
Ian: Auf unseren ersten Alben haben wir hauptsächlich über Beziehungen und persönliche Erfahrungen geschrieben. Wenn du aber älter wirst, erkennst du, dass das alles gar keine Bedeutung hat und du realisierst, dass die Welt eigentlich ein ganz kleiner Ort ist. Die Inspiration für dieses Album ist daher definitiv mehr von globaler Natur.

Ist es euch wichtiger, die Leute mit eurer Arbeit zu unterhalten oder ihnen eine Botschaft zu vermitteln?

Benjamin: Wir wollen grundsätzlich beides und sind der Meinung, beides kombiniert kann durchaus das Ziel sein. Das haben auch schon die Bands so umgesetzt, mit denen wir aufgewachsen sind. Wir glauben fest an Akzeptanz, Toleranz und Liebe. Jedoch sollte man diese nicht nur predigen, sondern auch aktiv leben.
Ian: Ich denke, es ist wichtig, eine gute Balance zu finden. Unsere Generation ist mit tollen Bands aufgewachsen, die das gut beherrschten. Ich denke dabei zum Beispiel an Rage Against the Machine, Nirvana oder auch Pearl Jam. Wie sie, wollen auch wir eine positive Botschaft vermitteln.

Wie ist das Schweizer Publikum im Vergleich zum kanadischen?

Benjamin: Es hat einen anderen Akzent (lacht). Und ich erinnere mich an eine Show in Winterthur, wo das Schweizer Publikum so extrem abging, dass wir das Konzert mehrmals unterbrechen mussten, damit sich niemand verletzte. Das war echt krass.

Und in welchem Land hat es die schönsten Frauen?

Ian: Oh, in jedem Land hat es schöne Frauen (lacht).

Was ist der grösste Unterschied vom Beginn eurer Karriere zu heute?

Benjamin: Heute können wir uns etwas zu Essen kaufen (lacht).
Ian: Genau und heute spielen wir in grösseren Hallen, worüber wir sehr dankbar sind.

Seid ihr eigentlich noch nervös vor einem Gig?

Benjamin: Manchmal schon. Aber oft ist es mehr das Gefühl der Aufregung, das überwiegt. Vor ganz grossen Shows wie zum Beispiel Rock am Ring müsste ich aber lügen, wenn ich sage würde, ich bin nicht nervös (lacht).

Ein Wort zum Schluss?

Benjamin: Wir lieben euch, gebt nicht auf, seid gute Menschen und bleibt aufgeschlossen.

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