Autorenstars verraten: Diese Bücher haben unser Leben verändert

Gaby Hauptmann und Hera Lind wurden durch ihre Romane berühmt.

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Die Bestsellerautoren Gaby Hauptmann, Hera Lind, Nicola Förg und Peter Prange erzählen hier, welche Bücher sie bewegt und welche Werke ihr Leben verändert haben.

Nicht nur beim Sparbuch fliessen die Tränen: Hier erzählen die Bestsellerautoren Gaby Hauptmann (64, „Unsere allerbeste Zeit“), Hera Lind (63, „Grenzgängerin aus Liebe“), Nicola Förg (58, „Hintertristerweiher“) und Peter Prange (66, „Der Traumpalast“), welche Bücher sie bewegt und welche Werke ihr Leben verändert haben.

Welches Buch hat Ihr Leben verändert oder stark beeinflusst?

Gaby Hauptmann: „Die Struwwelliese“ von Charly Greifoner und Cilly Schmitt-Teichmann (hat mir als Fünfjährige bestätigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin)

Hera Lind: „Beim nächsten Mann wird alles anders“ von Eva Heller. Erstens hat mich der Titel damals schon magisch angezogen, und zweitens wuchs beim Lesen bei mir der Wunsch, selbst zu schreiben.

Nicola Förg: Ich kann das so pauschal nicht sagen. Bücher prägten bei mir verschiedene Lebensabschnitte: Die „Britta“-Serie von Lisbeth Pahnke als Kind, ich wollte unbedingt nach Schweden auswandern, dort erschien mir alles besser zu sein. Paul Celans Gedichte zwischen 18 und 25, wo man ja leicht erschütterlich ist, auch Hölderlin „An die Parzen“ passt dazu. Bei mir folgte dann eine lange „Inspektor Jury“-Phase und Martha Grimes prägte sicher meinen Weg zur Krimiautorin. In jüngerer Zeit Jón Kalman Stefánssons Roman „Fische haben keine Beine“ – so eine poetische Sprache ist Kunst.

Peter Prange: Es ist mir zwar peinlich, aber es ist nun mal die Wahrheit: „Sieben Wege zum Misserfolg“, von mir selbst geschrieben, ein Ratgeber zur Persönlichkeitsentwicklung. Darin habe ich Thesen vertreten wie „Man soll nur die Dinge tun, die man mit heissem Herzen tut“ und „Das Leben ist zu kurz, um es mit Geldverdienen zu verplempern.“ Beim Schreiben merkte ich, dass ich Wein predigte, aber Wasser trank – damals war ich Unternehmensberater und verplemperte genau damit mein Leben, wovor ich andere warnte: mit Geldverdienen. Statt mit heissem Herzen den Roman zu schreiben, zu dem ich seit Jahren die Grundidee in mir trug. Also nahm ich mir ein Jahr Auszeit und habe die Geschichte aufgeschrieben: „Das Bernstein-Amulett“ – mein erster Roman. Auf diese Weise bin ich zum Schriftsteller geworden. Finanziell gesehen eine sehr dumme Entscheidung. Und doch die klügste Entscheidung meines Lebens.

Bei welchem Buch haben Sie geweint?

Hauptmann: „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green (geweint stellvertretend für alle, die an Krebs sterben müssen)

Lind: Bei dem Tatsachenroman „Die Hölle war der Preis“. Er beschreibt die dreieinhalb Jahre Frauenzuchthaus Hoheneck, die eine Hamburgerin dort als junge Frau verbringen musste. Danach sah ich die Welt mit anderen Augen.

Förg: Bei vielen, aber Heulgarantie hat bis heute „Dick und Dalli und die Ponys“. 12. Kapitel „Stallwache“, als das schwer verletzte Hengstfohlen Sarotti um sein Leben kämpft. Und am wasserintensivsten wird es, wenn das Fohlen es geschafft hat!

Prange: Bei meinem Sparbuch. Bitte keine weiteren Fragen.

Welches Buch hat Sie zum Lachen gebracht?

Hauptmann: „Suche impotenten Mann fürs Leben“ – schon beim Schreiben!

Lind: Alle Bücher von Joachim Meyerhoff, und letztens auch die Trilogie von Karsten Dusse. Diese Männer können einfach schreiben!

Förg: Weniger diese vermeintlichen Lachgaranten. Aber zum Schmunzeln Geschichten von Herbert Rosendorfer, meine liebste ist „Die Übersiedlung nach München“, jenes wunderbar beschriebene Chaos in der Jenesien-Seilbahn. Herrlich auch „Worpswede“ und „Zwei Tage in Innsbruck“, diese göttliche Beschreibung des Riesenrundgemäldes! Und ich liebe Midas Dekkers‘ „Von Larven und Puppen“ – böser subtiler Humor!

Prange: „Das Rosie-Projekt“, von Graeme Simsion. Ein Asperger-Spezialist, der selbst an Asperger leidet. Und es selbst nicht merkt. Zum Brüllen komisch. Und zugleich zutiefst anrührend.

Welche drei Bücher sollte jeder in seinem Leben gelesen haben?

Hauptmann: „Zwei alte Frauen“ von Velma Wallis (danach schämt man sich ein bisschen über seine eigene Wehleidigkeit); „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann (dieses Buch über den Weberaufstand von 1844 war ein Blick in unsere Gegenwart – in vielen Teilen der Welt); „Das Blaue Wunder“ von Frauke Bagusche (wunderbare Einblicke in eine geheimnisvolle Welt und zugleich die Frage, ob die Menschheit noch alle Tassen im Schrank hat)

Lind: Das wage ich nicht zu sagen. Es gibt so unzählig viele gute Bücher, und die Geschmäcker sind verschieden.

Förg: Paul Bowles‘ „Himmel über der Wüste“, weil man lernen muss, dass weder Flucht noch Dekadenz hilft – man hat sich immer selber dabei; „Das Hotel New Hampshire“, weil die Kunst des Erzählens von John Irving unerreicht bleibt; Astrid Lindgrens „Ferien auf Saltkrokan“, weil auf jede Book-Bucket-List mindestens ein Buch der grossartigen Schwedin gehört, deren Bücher ja weit mehr sind als Jugendbücher!

Prange: „Die Bibel“. Das Buch der Bücher enthält alle literarischen Genres, vom Epos über die Parabel bis zur Liebeslyrik. Ausserdem der erste historische Roman der Menschheitsgeschichte. Allein schon die Exposition: Die Erschaffung der Welt in sieben Tagen. Und dann beissen ein Mann und eine Frau in einen Apfel, und anschliessend ist nichts mehr so, wie es war; Thomas Mann, „Buddenbrooks“. Meiner Ansicht nach der beste Roman, der je geschrieben wurde. Goethe, „Faust 1“. Die deutsche Seele, wie sie leibt und lebt. Nach wie vor. Weil in unsterblichen Versen verewigt.

Wie hat die Corona-Pandemie Ihre Arbeit beeinflusst?

Hauptmann: Ich konnte, wie bei früheren Büchern, keine Recherche-Reisen unternehmen. Da mein aktuelles Buch aber in Stuttgart spielt, war das Gott sei Dank kein Drama. Im Zweifelsfall konnte ich Schwester und Nichte befragen, die wohnen in Stuttgart. Ansonsten: überhaupt nicht.

Lind: Sehr positiv! Ich habe in dieser Zeit drei Tatsachenromane geschrieben und angesichts dieser Schicksale grosse Dankbarkeit und Freiheit empfunden.

Förg: Wenn es an Input von aussen mangelt – keine Restaurantbesuche, keine Gespräche im Freundeskreis, keine Lesungen und Lesungsreisen – blickt man mehr nach innen. Ich habe wie viele andere begonnen, mein Büro aufzuräumen, bin über alte Unterlagen und Fotos meiner Eltern gefallen, hab‘ mich festgesogen und – wie schon öfter vorher – gespürt, dass ich viel zu wenig gefragt habe. Dass es zu spät ist, zwei kleine Wörtchen, die eine fatale Kombination ergeben. Das war eine Initialzündung für „Hintertristerweiher“, einen Roman, der 80 Jahre umspannt, der von Liebe und Tragödien der Protagonisten erzählt und vom Ungesagten zwischen den Generationen. Insofern ist der Roman ein wenig auch ein Lockdown Buch, weil viel Zeit und Musse war im Herbst und Winter für solch ein Projekt.

Prange: Abgesehen davon, dass ungefähr fünfzig Veranstaltungen ausgefallen sind, eigentlich kaum. Als Autor bin ich ja das Arbeiten unter Quarantäne-Bedingungen gewohnt. 

Zu den Autoren

Gaby Hauptmann wurde bekannt durch Bestseller wie „Suche impotenten Mann fürs Leben“, „Nur ein toter Mann ist ein guter Mann“ oder „Die Lüge im Bett“. In ihrem aktuellen Buch „Unsere allerbeste Zeit“ schickt sie Hauptfigur Katja auf eine emotionale, abenteuerliche Reise in die Vergangenheit. Der neue Roman „Unser ganz besonderer Moment“ erscheint Anfang 2022.

Hera Lind feiert mit ihren Tatsachenromanen grosse Erfolge, nachdem sie mit „Ein Mann für jede Tonart“ und „Das Superweib“ berühmt wurde. Am 13. Dezember erscheint ihr neues Buch „Mit dem Rücken zur Wand“.

Nicola Förg ist bekannt für ihre Kommissar-Weinzirl-Reihe sowie die Kommissarin-Mangold-Reihe. In ihrem neuen Roman zeigt sich die Bestsellerautorin von einer neuen Seite: „Hintertristerweiher“ überspannt achtzig Jahre, führt an die französische Atlantikküste, nach Ochsenfurt am Main, München und einen fiktiven Weiher im Westallgäu. Er bringt die Leben von drei ganz unterschiedlichen Menschen zusammen.

Peter Prange, Verfasser unter anderem von „Unsere wunderbaren Jahre“, hat mit „Der Traumpalast“ gerade ein neues Buch vorgelegt. Es spielt im Berlin der 20er Jahre: Tino, Bankier und Lebemann, beteiligt sich an der Ufa und plant, mit spektakulären Grossfilmen und glitzernden Kinopalästen Hollywood Paroli zu bieten. Rahel will als junge Journalistin Wege gehen, die Frauen bisher verschlossen waren. Als die beiden einander begegnen, ahnen sie nicht, welche Wende ihr Leben dadurch nimmt…

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