Iris Berben: Hinterherpfeifen war für früher „ein Kompliment“

Iris Berben bei den Filmfestspielen von Cannes 2022.

Quelle: imago images/Future Image

Iris Berben blickt auf die Anfänge ihrer Schauspielkarriere zurück. Hinterherpfeifen sei früher „ein Kompliment“ gewesen. Die heutige #MeToo-Diskussion sei „richtig und extrem wichtig“.

Iris Berben (72) zog in den 1960er Jahren nach München und machte ihre ersten Schritte als Schauspielerin. In der „Welt am Sonntag“ blickt sie auf den Beginn ihrer Karriere und das frühere Leben in der Stadt zurück. Ihre Filmkarriere startete damit, dass sie „als hübsches Mädchen besetzt“ wurde, so Berben. „Das war ein ganz guter Motor, weil es mich antrieb zu beweisen, dass ich mehr als Attraktivität zu bieten hatte. Trotzdem, in der Zeit war ein hübsches Mädchen zu sein ein guter Türöffner“, erzählt die 72-Jährige.

Es sei „schön, als attraktiv wahrgenommen zu werden“ – zumindest, „wenn man nicht darauf reduziert wird“. Weiter reflektiert sie: „Ich war extrem schüchtern durch meine Erziehung in der Klosterschule und 13 Jahre alt beim ersten Kuss in Italien. Orgien habe ich nie erlebt.“ Sex sei für viele ein „schambesetztes Thema“, Nacktheit im Elternhaus „oft tabu“ gewesen.

„Vieles, was man heute als übergriffig ansieht, wurde damals gar nicht so empfunden“

Ein Erlebnis ist ihr besonders in Erinnerung geblieben: „Einmal standen ‚lebende‘ Litfasssäulen auf der Leopoldstrasse, darunter waren Mädchen. Man konnte seine Hände in eine Öffnung stecken und ihre Brüste berühren. Ich war fassungslos, aber wir fanden das gar nicht diskriminierend.“ Vielmehr sei es „die pure Provokation im Kontext einer völlig anderen Zeit“ gewesen, „gegen jede Form der Spiessigkeit“. „Vieles, was man heute als übergriffig ansieht, wurde damals gar nicht so empfunden. Wir waren sehr körperlich alle, es wurde einem hinterhergepfiffen, und man sah es als Kompliment“, erzählt Berben.

„Es ist natürlich richtig und extrem wichtig, dass wir die MeToo-Diskussion heute führen“, sagt die Schauspielerin. „Aber wir hatten auch Gefallen an der Freizügigkeit damals. Wir sind locker miteinander umgegangen und wollten den Konservativen eine lange Nase zeigen.“ Über die Stadt München verliert sie kritische Worte: „München hatte für einen Wimpernschlag lang Weltniveau. Heute hat es sich in einen trägen Dackel verwandelt, mit goldenem Knochen im Maul.“

Iris Berben ist demnächst in dem Film „Triangle of Sadness“ zu sehen. Die Tragikomödie wurde bei den Filmfestspielen von Cannes 2022 als Bester Film mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. „Triange of Sadness“ startet am 13. Oktober 2022 in den deutschen Kinos.

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