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Die Fantastischen Vier haben am Donnerstagabend bei der Digital X in Köln im Rahmen der Telekom Street Gigs-Reihe bekannte Hits und erste Stücke aus dem neuen Album performt. Über ihre kommende „Reise“ sprechen Thomas D und Michi Beck im Interview.
Die Fantastischen Vier (seit 1989) haben mit „Wie weit“ eine neue Single am Start, am 4. Oktober erscheint das neue Studioalbum „Long Player“ und am 1. Dezember startet die grosse Tour in Würzburg. Im Rahmen der Messe Digital X hat die Telekom die Hip-Hop-Ikonen auf die Bühne geholt. Der Auftritt, bei dem „klassisches Fanta-Abgehmaterial“ und „ein kleiner Ausflug in das neue Album“ auf dem Programm standen, wurde auch im Livestream und per Video on Demand auf MagentaMusik und MagentaTV übertragen. Welchen Unterschied es macht, in einer kleineren Halle auch für ein grosses imaginäres Publikum zu spielen, erzählen der nach seinem Sepsis-Drama wieder völlig gesundete Thomas D (55) und Michi Beck (56) im Interview. Im Hinblick auf die anstehende Tour haben die beiden auch aus dem Starallüren-Nähkästchen geplaudert.
Die Fantastischen Vier waren der Hauptact bei der Digital X, einer Messe, die auch als „Weltausstellung der Digitalisierung“ bezeichnet wird. Grosse Ehre für eine Band, die es seit Ende der 1980er Jahre gibt. Warum passt ihr trotzdem perfekt?
Michi Beck: Wir waren schon immer sehr an Innovationen interessiert. Wir haben 1989 den deutschsprachigen Hip-Hop erfunden – oder zumindest ganz früh publik gemacht. Im Verlauf unserer Karriere haben wir sehr viel Neues ausprobiert. Ich denke dabei an das erste 3D-Konzert, das live in hundert Kinos ausgestrahlt wurde. Oder dass wir das erste Augmented-Reality-Video herausgebracht haben. Wir sind neugierig und wollen immer spannende Dinge ausprobieren, sonst sind wir schnell gelangweilt. Deswegen muss immer etwas Neues her. Und darum haben wir auch unser 1elftes Studioalbum produziert. „Long Player“erscheint am 4. Oktober.
Als kleinen Vorgeschmack habt ihr Mitte August die Single „Wie weit“ veröffentlicht. Wie ist das Feedback?
Thomas D: Die neue Single kommt sehr gut an und bewegt sich seit ihrer Veröffentlichung in den Top 40 der Radiocharts. Im Endeffekt ist sie aber dafür da, Aufmerksamkeit für das neue Album zu generieren. Wir sind eine Albumband und auch mit „Long Player“ beschreiben wir wieder eine musikalische Reise. Von eher klassischen oldschool 90er Jahre Fanta4-Songs über contemporary Styles bis hin zu psychedelischen Tracks, die wir zusammen mit der Berliner Psychedelic Rock Band Kadavar produziert haben. Inhaltlich sehr viel Reflexion der letzten Jahre und unser aktualisierter Blick auf die Welt und das Leben.
Zur neuen Single gibt es auch einen Videoclip, in dem ihr euch so richtig schön selbstironisch diversen Schönheitsoperationen unterzieht – mit gruseligem Ergebnis. Dürfen die Fans das als klares Statement gegen solche Eingriffe verstehen?
Thomas D und Michi Beck: Nein, natürlich für solche Eingriffe! (beide lachen)
Thomas D: Hast du meine Haare in diesem Clip gesehen? Ich war ja so neidisch. Und der Michi hatte so eine Art transparentes Latex-Kondom im Gesicht gehabt, das die Haut nach hinten zieht. Das strafft automatisch alles und du schminkst einfach nur noch darüber.
Michi Beck: Unser Regisseur Lars Timmermann hat in „Wie weit „unsere lange Bandgeschichte durch diese Schönheits-OP-Geschichte lustig, selbst ironisch darstellen wollen. In dem Song geht es aber eigentlich um Liebe.
Thomas D: Wir haben das ganze aber aus dem normalen Videocliprahmen ein wenig herausgehoben und eine Art Minikurzfilm gemacht. Michis schauspielerische Leistung in den Zwischensequenzen ist grossartig. Er hat wirklich Talent bewiesen. Der Film handelt zwar von Beauty-OPs, …
Michi Beck: … aber am Ende auch von unserer Liebe zueinander.
Thomas D: Ja, das ist überhaupt die Message der Fantas: Das Zusammen und das Gemeinsame bringt einen viel weiter als irgendwelche Egofilme.
Im Rahmen der Messe hattet ihr einen Konzertauftritt in Köln. Welches Band- oder Fan-Erlebnis verbindet ihr mit der Stadt?
Michi Beck: Das kann ich nicht erzählen. (lacht)
Thomas D: Wir waren und sind sehr oft in Köln und sehr eng mit dieser Stadt verbunden. Und irgendwann mal hat mir ein Mitarbeiter eines Hotels, den wir sehr gut kannten, einen Ferrari- oder Lambo-Schlüssel in die Hand gedrückt und gesagt: Hier, wenn du fahren willst, fahr. Und dann bin ich mit dem Ferrari irgendeines Hotelgastes einmal um den Block gefahren. (lacht)
Euren Auftritt in Köln gab es auch im Livestream und per Video on Demand auf MagentaMusik und MagentaTV zu sehen, wo er auch noch abrufbar ist. Wie fühlt es sich an, nicht nur vor ein paar tausend Menschen auf dem Konzertgelände, sondern auch vor mehreren hunderttausend im Stream zu spielen?
Michi Beck: Eine Live-Übertragung macht schon allein deshalb einen grossen Unterschied, weil technisch alles funktionieren muss. Aber da ist die Telekom ja zum Glück vom Fach. Abgesehen davon ist es ein bisschen zu abstrakt, um deswegen nervös zu sein. Man performt ein bisschen mehr auch für die Kamera. Aber im Grunde genommen sind die Leute vor Ort greifbar – aber es ist schon schön zu wissen, dass zu Hause nochmal Milliarden zusehen. (grinst)
Wie grosse ist das Lampenfieber vor so einer Show?
Thomas D: Ich habe Respekt und ich will ein schönes Konzert geben. Das wollen wir alle und das machen wir auch. Weil wir aber schon ziemlich lange dabei sind, sind wir verhältnismässig entspannt. Wenn man dann auf der Bühne ist, packt einen eher Freude und Euphorie als Aufregung. Wir freuen uns, die alten und neuen Stücke zu spielen. Wir freuen uns über die Leute, die da sind. Wenn es ein kleinerer Rahmen wie in Köln ist, siehst du jedem einzelnen den Spass direkt an. Das macht es nochmal persönlicher. Wir haben uns vor langer Zeit mal vorgenommen, dass ein Fanta-Konzert jedes Mal ein besonderes Konzert sein muss.
Viele eurer Stücke gehören zum Soundtrack des Lebens der Fans. Welches eine Fanta4-Stück hat einen ganz besonderen Platz in eurem eigenen Herzen?
Michi Beck: Für uns ist es das grösste Kompliment, dass wir es schaffen, in einem Genre wie Rap zeitlose Songs zu machen, die auch zwei Jahrzehnte später noch mitgesungen werden und für gewisse Momente nicht in unseren Leben, sondern auch in denen unserer Hörer stehen. Das berührt uns sehr. Das ist eine Art Ritterschlag. Weil es mittlerweile so viele Songs sind und weil das alles irgendwie unsere Babys sind, ist es echt schwer, einen einzelnen herauszupicken. Bei Konzerten spielen wir auch immer nur wenige Songs, gemessen an allen, die wir geschrieben haben. Manchmal höre ich in eines unserer Alben rein, zum Beispiel jetzt vor einer neuen Tour, um zu schauen, was wir denn mal wieder spielen könnten. Und da entdecke ich manchmal selbst Songs wieder neu.
Thomas D: Es gibt aber einen Song, der uns allen am besten gefällt und der heisst: „MfGTroyWas gehtTag am MeerZusammenWie weit“. (lacht)
Und euer erster grosser Charterfolg „Die da“ (1992)?
Michi Beck: Zu „Die da“ haben wir ein bisschen ein gespaltenes Verhältnis. Vor allem die beiden Rapper vorne – ich kann mich bei „Die da“ ein bisschen ausruhen. Aber Thomas und Smudo merkt man schon an, dass es immer auch ein bisschen ein Kampf gegen sich selbst ist. Andererseits singen und rappen es ja selbst die unter-20-Jährigen bei Festivals mit. Nicht nur deswegen müssen wir den Song natürlich spielen … (grinst)
Im Oktober erscheint das neue Album, im Dezember startet die Tour. Hat sich das Tourleben im Laufe der vergangenen 35 Jahre verändert?
Michi Beck: Es ist tatsächlich die zweite Tour, bei der keiner mehr wirklich gern Tourbus fährt. Das haben wir über Jahrzehnte gemacht. Im Nightliner schlafen – das geht mittlerweile einfach nicht mehr. Das Geschnarche von den anderen oder die verschiedenen Vorstellungen von Hygiene, die jeder so hat. Aber auch im Hotel muss es bei mir immer ganz ruhig sein. Da kann ich dann schon ein bisschen rumzicken: Geht das Fenster vorn oder hinten raus? Kann man es richtig abdunkeln?
Thomas D: Wenn wir noch am Einchecken sind, ist der Michi meistens schon wieder unten und will das Zimmer wechseln, weil es nehmen dem Fahrstuhl liegt, die Klimaanlage nicht an- oder ausgeht. Letztens hat er drei Zimmer gewechselt und ist dann wieder im ersten gelandet. Uns anderen passiert das aber auch nicht. Mir ist zum Beispiel fast egal, wo ich schlafe.
Michi Beck: Und so weiter, und so weiter … Aber das bin ja nicht nur ich – lass uns lieber gar nicht erst anfangen mit den Allüren. (lacht)