Darum gilt Daniel Day-Lewis als bester Schauspieler unserer Zeit

Daniel Day-Lewis bei einem seiner seltenen Auftritte in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren.

Quelle: imago/Cover-Images / Dave Allocca / StarPix

Daniel Day-Lewis kehrt nach sieben Jahren aus der Schauspiel-Rente zurück. Warum diese Meldung Filmfans rund um den Globus frohlocken lässt, liegt angesichts seines bisherigen Schaffens auf der Hand.

In einem Alter, in dem die meisten Menschen endlich ihren wohlverdienten Ruhestand angehen dürfen, wählt ein Weltstar a.D. den exakt umgekehrten Weg. Hollywood-Gigant Daniel Day-Lewis (67), der 2017 den Entschluss mitgeteilt hatte, der Traumfabrik den Rücken kehren zu wollen, hat es sich jetzt doch anders überlegt. Im Renteneintrittsalter von 67 Jahren feiert er sein Comeback vor der Kamera und wird im Regiedebüt seines Sohnes Ronan Day-Lewis (26) namens „Anemone“ die Hauptrolle spielen. Aber warum gilt der im wahren Leben so introvertierte Star als einer der besten, wenn nicht gar als der beste Schauspieler unserer Zeit?

Ein Mann mit Methode

Daniel Day-Lewis ist auch sieben Jahre nach seinem vorläufigen Karriereende der unerreichte Meister des „Method Acting“. Sollte er einen Metzger verkörpern, lernte er zuvor, wie man ein Schwein professionell zerlegt. Als Falkenauge in „Der letzte Mohikaner“ meisterte er zunächst den Kanu-Bau. Und für „Mein linker Fuss“ verbrachte er fast den gesamten Dreh und auch private Stunden im Rollstuhl. Kurzum, Daniel Day-Lewis ist im positivsten aller Sinne ein Verrückter. Jemand, der die komplette Selbstaufgabe für eine Rolle patentiert hat. Und der als bislang einziger Mann drei Oscars für eine Hauptrolle einfahren konnte.

Dass Daniel Day-Lewis gute Chancen auf eine Laufbahn in der Filmindustrie haben würde, war angesichts der Berufe seiner Familienangehörigen keine Überraschung. Seine Mutter Jill Balcon verdiente als Schauspielerin ihr Geld, Ehemann Cecil Day-Lewis als Schriftsteller. Sein Grossvater Michael Balcon durfte sich derweil Chef des Ealing Studios nennen, einem renommierten britischen Filmstudio.

Eine (zu) zarte Seele?

Wenn man Day-Lewis in alten Interviews oder vor allem bei seinen diversen Dankesreden sieht und hört, traut man mitunter seinen Sinnen nicht. Schüchtern und mit zarter Stimme redet der 1,87 Meter grosse Mime, den Blick mehr auf den Boden als stolz nach vorne gerichtet. Kann das wirklich derselbe Mann sein, der sich in „There Will Be Blood“ mit Schaum vor dem Mund als die dritte Offenbarung Gottes sah? Der als William „The Butcher“ Cutting auch abseits der Kamera so überzeugend den Wahnsinnigen spielte, dass ihm die Menschen am Set von „Gangs of New York“ lieber aus dem Weg gingen?

In der Geschichte des Kinos gab es schon viele „Method Actor“. Doch egal ob Marlon Brando (1924-2004) oder Robert De Niro (81), selbst ihnen fehlte es im Vergleich zu Day-Lewis an der Konsequenz, wirklich für jede einzelne Rolle ans Limit zu gehen. Oder aber an der Konsequenz, manche Parts gar nicht erst zu übernehmen. So hält sich hartnäckig die Geschichte, dass Day-Lewis die Rolle als Aragorn in „Der Herr der Ringe“ ablehnte, weil eine derartige Fantasy-Figur nicht mit seinem „Method Acting“ vereinbar gewesen wäre.

Vielleicht aber ist diese Fähigkeit, für einen Film jede Faser der eigenen Existenz aufzugeben und sich in eine andere Person zu verwandeln, auch sein Fluch. „Ich weiss noch, dass Paul und ich viel gemeinsam gelacht haben, bevor wir den Film drehten. Und dann hörten wir auf zu lachen, weil wir beide von einem Gefühl der Trauer übermannt wurden. Das hat uns beide überrascht: Wir hatten nicht realisiert, was wir da auf die Welt gebracht haben. Es war schwer damit zu leben und das ist es noch immer.“ Das hatte er über seinen bis dato letzten Film „Der seidene Faden“ von Paul Thomas Anderson (54) gesagt, der 2018 in die Kinos kam. Mit damals 60 Jahren hatte Day-Lewis offenbar keine Kraft mehr für diese 100-prozentigen Selbstaufgaben – und darunter macht er es nicht. Für den neuen Film „Anemone“ ist das natürlich verheissungsvoll: Über mangelndes Engagement seines Hauptdarstellers wird sich Sohnemann Ronan sicherlich nicht beschweren dürfen.

Kein Mann für die Nebenrolle

Dass sein Abschied von 2017 nicht zwangsläufig final sein musste, konnte damals schon vermutet werden. Denn schon in den 90er Jahren legte Day-Lewis für fünf Jahre eine Pause ein – um in Florenz die Kunst des Schuhmacherhandwerks zu lernen. Mit welcher Tätigkeit er die vergangenen sieben Jahre verbrachte, ist derweil nicht verbrieft.

Bislang hat Daniel Day-Lewis 20 Mal die Persönlichkeit einer anderen Person auf der Kino-Leinwand angenommen. 1982 startete seine Karriere in Hollywood mit einer kleinen Rolle im Film „Gandhi“, kurz darauf stand er mit Mel Gibson (68) und Anthony Hopkins (86) auf der „Bounty“. 1990 begann dann, was zu einer einzigartigen Karriere werden sollte. Damals erhielt er den Oscar für seine unfassbare Darbietung des gelähmten Schriftsellers und Malers Christy Brown (1932-1981) in „Mein linker Fuss“. Es folgten zwei weitere Hauptdarsteller-Oscars für „There Will Be Blood“ und „Lincoln“. Drei weitere Male – für „Im Namen des Vaters“, „Gangs of New York“ und zuletzt „Der seidene Faden“ – war er in dieser Kategorie zudem nominiert.

Kurzum: Daniel Day-Lewis war nie ein Mann für die Nebenrolle. Auch bei seinem bislang noch nicht genau terminierten Comeback in „Anemone“ wird sich daran nichts ändern. Eine Frage, die noch nicht geklärt wurde, Fans des Ausnahmetalents aber brennend interessieren dürfte: Handelt es sich bei seinem Comeback um eine einmalige Sache seines Sohnes (und dessen Karriere als Filmemacher) zu Liebe? Oder darf sich Daniel Day-Lewis‘ eigentlicher Stamm-Regisseur Paul Thomas Anderson berechtigte Hoffnungen auf eine weitere gemeinsame Zusammenarbeit machen?

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