Lupita Nyong’o erklärt das teuflische Weinstein-Paradoxon

Lupita Nyong’o hat in einem bemerkenswerten Gastbeitrag das für junge Schauspielerinnen so teuflische Machtspiel von Harvey Weinstein auf den Punkt gebracht. Eines, das man als Hollywood-Neuling entweder mit der Würde, oder der Karriere bezahlt.

Gravierende Vorwürfe gegen Harvey Weinstein (65) hat es in den vergangenen Tagen und Wochen zuhauf gegeben. Auch Schauspielerin Lupita Nyong’o (34, „Star Wars: Das Erwachen der Macht“) hat nun ihre ausgesprochen unangenehme Vergangenheit mit dem mächtigen Filmproduzenten geteilt – allerdings auf so noch nicht dagewesene Art und Weise. In einem ausführlichen Gastbeitrag bei der „New York Times“ findet sie neben anklagenden Worten mit ihrer eigenen Leidensgeschichte einen Erklärungsansatz, wie es in all den Jahren zu den ganzen Übergriffen kommen konnte.

Rüpel und Charmeur

Schon das erste Treffen mit Weinstein zu Beginn ihrer Karriere habe sie in ein emotionales Wechselbad getaucht. Da wurde ihr mal eben „der mächtigste Produzent Hollywoods“ auf einer Party vorgestellt, der mit grossem Interesse – und noch dazu mit viel Charme – zeigte, mit ihr zusammenzuarbeiten zu wollen. Wenige Tage später sollte sie die Fratze Weinsteins kennen und fürchten lernen.

„Du trinkst das jetzt“, soll er sie angegiftet haben, als sie sich bei einem Restaurantbesuch weigerte, das von ihm georderte Wodka-Soda zu trinken. „Bring‘ ihr das, was ich sage, dass du ihr bringen sollst. Ich bin derjenige, der die Rechnung zahlt“, erinnert sich Nyong’o an jene Worte von Weinstein zurück, die so simpel und umso grausamer den fragwürdigen Nährboden Hollywoods zusammenfassen. Es geht um Macht. Es geht um Geld. Und es geht darum, kuschen zu müssen, wenn man nicht will, dass einem ein Mann wie Weinstein für immer die Tür der Traumfabrik vor der Nase zuschlägt. Sei es nun wegen verletztem Stolz, oder aus blosser Laune heraus.

Der Moment, als aus Argwohn Angst wurde

Nach dem Essen sei Nyong’o dann noch in das Haus von Weinstein eingeladen worden. Mit dem Versprechen, dort seine Familie zu treffen und einen Film anzuschauen. Und tatsächlich machte Nyong’o an besagtem Tag Bekanntschaft mit den beiden Kindern des Filmmoguls, wenn auch nur kurz. Denn schon nach wenigen Minuten habe sie Weinstein in einen anderen Raum beordert – in sein Schlafzimmer.

„Er kündigte an, mir eine Massage geben zu wollen“, erinnerte sich Nyong’o an den wohl unangenehmsten Moment ihres Lebens zurück. „Ich verfiel in Panik und überlegte mir schnell, stattdessen anzubieten, ihm eine Massage zu geben. Es würde mir erlauben, körperlich die Kontrolle zu behalten. Und um jederzeit zu wissen, wo seine Hände sind.“

Doch lange habe sich Weinstein damit nicht zufriedengeben wollen, machte stattdessen Anstalten, sich seine Hose auszuziehen. Das sei der Zeitpunkt gewesen, an dem sie umgehend den Weg zur Tür gesucht habe. Noch während er sein Hemd wieder anzog, soll er – nicht das erste Mal an diesem Tag – angemerkt haben, wie „stur“ sie doch sei. Die nächste emotionale 180-Grad-Wende folgte wenig später, als er ihr eine Rolle in einer HBO-Serie anbot, bei der er als Produzent fungierte.

Man kann nicht gewinnen

Bei einem späteren Treffen fand Weinstein schliesslich klarere Worte: „Lass‘ uns nicht um den heissen Brei herumreden. Ich habe die Treppe rauf einen privaten Raum, wo wir den Rest unseres Essens einnehmen können.“ Auf ihren erneut vehementen Protest „sagte er mir, dass ich nicht so naiv sein soll. Wenn ich wirklich eine Schauspielerin sein will, dann müsse ich bereit sein, solche Dinge zu machen. Er sagte, er sei schon mit berühmten Darstellerinnen zusammen gewesen und ich solle schauen, wo sie inzwischen gelandet seien“ – nämlich ganz oben. Auf ihre erneute Abfuhr soll er erwidert haben: „Du weisst ja gar nicht, was du dir entgehen lässt.“ Und wenig später: „Das war’s hier. Du kannst gehen.“

Die Ausführungen der Oscar-Gewinnerin machen deutlich, in was für eine psychologische Zwickmühle Weinstein sie versetzte. Indem er sie vor die Frage zu stellen schien: „Wem willst du mehr schaden: dir selbst, oder deiner Karriere?“ Diese perfide Einstellung dürfte es auch sein, die Weinstein noch immer behaupten lässt, dass alles, was geschehen ist, „einvernehmlich“ geschehen sei. Dass er bei Zuwiderhandlung mit einem Fingerschnippen ganze Karrieren hätte zerstören können – und es unter Umständen auch getan hat – dieses Detail verschweigt er bis heute gerne.

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