Martin Scorsese: Der Tausendsassa mit Hornbrille wird 75

Kleiner Mann, grosse Brille und gigantisches Talent: Regisseur Martin Scorsese wird 75 Jahre alt – unglaubliche 58 davon verbrachte er hinter der Kamera.

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, vor allem unter Filmfans. Der eine steht auf Thriller, ein zweiter auf Mystery, wieder andere wollen Gangster-Streifen oder Komödien serviert bekommen. Einen gemeinsamen Kino-Nenner für all die unterschiedlichen Cineasten zu finden ist schwer. Aber nicht unmöglich, denn es gibt ihn. Er ist 1,63 klein, gilt als einer der besten seiner Zunft und kam vor genau 75 Jahren quasi mit einer kleinen Hornbrille auf der Nase in Queens, New York, auf die Welt. Gemeint ist selbstredend Regie-Legende und Geburtstagskind Martin Scorsese.

Priester, Lehrer, Legende

Monatelang wegen Asthma bronchiale ans Bett gefesselt zu sein, kann etwas Gutes mit sich bringen. So vertrieb sich der junge Martin Scorsese bereits einen Teil seiner Jugendzeit damit, erste Drehbücher und Storyboards zu entwerfen. Auch durfte er lange keinen Sport wegen der Krankheit machen – anzutreffen war er daher von Kindesbeinen an oft und gerne im Kino.

Zwar legte er nach dem Umzug nach Little Italy (New York) einen kurzen Karrierewandel ein und strebte mit seinem Gang an eine Jesuitenschule einen Werdegang als Priester, später als Lehrer an. Seinem Schicksal aber konnte dieser kleine Umweg nichts anhaben. 1960 entschied er sich als frischgebackener Student an der New York University für das Filmfach.

Mehr als nur der Mafia-Regisseur

Seinen ersten kommerziellen Hit landete Martin Scorsese 1973 mit dem Streifen „Hexenkessel“, einem knallharten Gangster-Film, der in Retrospektive der Auftakt seiner weltberühmten Mafia-Trilogie werden sollte. 1990 folgte für viele sein Magnum Opus, „Good Fellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“, ehe fünf Jahre später „Casino“ nachgeschoben wurde. Mit diesem filmischen Triptychon aus Gewalt, Korruption und Tod errichtete sich Scorsese selbst ein Denkmal. Eines, das gerne davon ablenkt, wie vielseitig und vielschichtig sein Lebenswerk eigentlich ist.

Scorsese wagte sich während seines langen Schaffens schon an viele Genres. Seine sozialkritische Studie eines Geisteskranken in „Taxi Driver“ mit Robert De Niro (74) wird unter den besten Filmen aller Zeiten geführt. Gerne widmete sich der Regisseur aber auch echten Personen, etwa dem Flugpionier Howard Hughes in „Aviator“, dem Boxer Jake LaMotta in „Wie ein wilder Stier“ oder gar dem 14. Dalai Lama Tibets, Tendzin Gyatsho, in seinem Film „Kundun“ von 1997.

Mit Filmen wie „The King of Comedy“ oder unlängst mit „The Wolf of Wall Street“ von 2013 belegte Scorsese auch sein Talent für tragische Komödien – oder eher komödiantische Tragödien? Auch Neuem gegenüber war Scorsese stets offen – etwa, als er 2010 mit „Shutter Island“ tief ins Mystery-Genre eintauchte oder 2011 in Form von „Hugo Cabret“ den ersten 3D-Film seiner Karriere drehte.

Scorsese, das Kassengift

Den Erfolg gepachtet hatte Scorsese aber nicht immer, auch wenn es bei einem Blick auf seine Karriere so scheinen mag. Als sein Schaffen auf dem Höhepunkt schien, verfiel er den Drogen, übernahm sich. Sein Versuch, mit dem Film „New York, New York“ das Kino-Musical wiederzubeleben, scheiterte epochal. Zwar wurden Filme wie „Wie ein wilder Stier“ oder „King of Comedy“ Anfang der 80er von Kritikern gefeiert, an den Kinokassen hingegen floppten sie. Scorsese stand in dieser Phase seines Schaffens kurz davor, als Kassengift abgestempelt zu werden. Zumal er sich mit „Die letzte Versuchung Christi“ damals auch noch mit einer der mächtigsten Institutionen überhaupt anlegte – der Kirche.

Mehr Ehen als Oscars

Man könnte durchaus sagen, dass Martin Scorsese ein Mann der Superlative ist – auch abseits des Regiestuhls. Fünf Mal trat er schon den Gang vor den Traualtar an, darunter 1979 mit Schauspielerin Isabella Rossellini (65). Mit seiner aktuellen Frau Helen Schermerhorn Morris ist er seit 1999 verheiratet und hat eine gemeinsame Tochter – insgesamt hat er drei Mädchen in die Welt gesetzt. Mit (Gold)Jungen hatte Scorsese also noch nie Glück.

Für viele Fans grenzt es an Gotteslästerung, dass Scorsese bislang lediglich einen Oscar („Departed – Unter Feinden“) gewonnen hat – und dann auch noch für das Remake eines Hongkonger Films namens „Infernal Affairs“. Tatsächlich war Scorsese unfassbare acht Mal für einen Regie-Oscar nominiert, zwölf Mal stand er insgesamt auf der Nominierungs-Liste. Wie gesagt, gereicht hat es nur für einen bisher. Müsste man ihn in dieser Hinsicht mit einem Schauspieler vergleichen, die Wahl würde unter anderem auf Leonardo DiCaprio (42) fallen. Apropos DiCaprio…

Eine treue Regie-Seele

Martin Scorsese gilt als eine der treusten Seelen des Show-Geschäfts. Zu Beginn des Werdegangs durfte das Harvey Keitel (78) erfahren, der in fünf Filmen unter der Regie von Scorsese mitwirken durfte. Danach wurde Robert De Niro seine grosse Muse. Acht Filme drehten die beiden zusammen, für „Wie ein wilder Stier“ gab es einen Oscar für De Niro.

Mit Leonardo DiCaprio bildet Scorsese seit „Gangs of New York“ von 2002 ein kongeniales Duo. Danach folgten bis jetzt vier weitere Zusammenarbeiten: „Aviator“, „Departed – Unter Feinden“, „Shutter Island“ und „The Wolf of Wall Street“. Bald soll der nächste gemeinsame Film folgen. Medienberichten zufolge arbeiten die beiden an einem Drama mit dem Titel „Roosevelt“, das sich um den einstigen US-Präsidenten Theodore „Teddy“ Roosevelt (1858-1919) drehen soll. Ein Wink des Schicksals: Unter Scorsese sollte es für DiCaprio nicht mit einem Oscar klappen, den gab es erst 2016 für „The Revenant“ von Alejandro G. Inárritu (54).

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