Stürzt Donald Trump über die neuen Missbrauchsvorwürfe?

Zahlreiche Frauen warfen und werfen US-Präsident Donald Trump sexuelle Belästigung vor. Doch kann ihn das als mächtigsten Mann der Welt wirklich zu Fall bringen?

In Zeiten, in denen in der Film-Industrie eine Hollywood-Grösse nach der anderen wegen Missbrauchsvorwürfen abgesägt wird, scheint die Position eines Mannes vor allen gegen ihn gerichtete Aussagen geschützt zu sein. Die Rede ist von US-Präsident Donald Trump. Dass der 71-Jährige im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht kein Unschuldslamm ist, ist hinreichend bekannt. Und trotzdem scheint der Harvey-Weinstein- und Kevin-Spacey-Effekt an ihm vorüberzuziehen…

Vorwürfe gibt es genug

Insgesamt sollen Medienberichten zufolge zwischen 16 und 19 Frauen Donald Trump über die Jahre der sexuellen Belästigung beschuldigt haben. Das berichtet unter anderem die „Time“ zusammen mit einer ausführlichen Auflistung, wann und wo Zwischenfälle stattgefunden haben sollen und wie Trump darauf reagierte. 2016 erzählte beispielsweise die Maskenbildnerin Jill Harth in einem Interview mit dem „Guardian“, dass Trump in den Jahren 1992 und 1993 zweimal versucht habe, sich ihr unangemessen zu nähern.

Der heutige US-Präsident stritt die Vorwürfe über seinen Sonderberater Michael Cohen ab: „Es ist entmutigend, dass man auf diese absurde Frage eine Antwort geben muss. Herr Trump bestreitet jede Aussage von Frau Harth, da diese 24 Jahre alten Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen“, soll dieser ebenfalls dem „Guardian“ gesagt haben.

Drei der 18 Frauen haben sich in der jüngsten Vergangenheit aber gegen Trump zusammengeschlossen. Am Montag fand deswegen eine Pressekonferenz statt, in der Samantha Holvey, Rachel Crooks und Jessica Leeds ihre Behauptungen noch einmal ausführlich darlegten und vom Kongress eine Untersuchung forderten, um Donald Trump zur Rechenschaft ziehen zu können.

Was behaupten die drei Damen?

Im Oktober 2016 berichtete Jessica Leeds in der „New York Times“, dass Trump Anfang der 1980er ihre Brüste gepackt und versucht habe, seine Hände unter ihren Rock zu schieben, als sie neben ihm im Flugzeug gesessen sei. Den Zwischenfall schilderte sie am 11. Dezember noch einmal öffentlich in der „Megyn Kelly Today Show“. Sie habe damals nicht gewusst, wer Donald Trump sei, sie habe ihn als „Widerling im Flugzeug“ in Erinnerung behalten. Bis sie drei Jahre später für einen wichtigen Job nach New York gezogen sei… Aber erst als ihr Ende 2015, Anfang 2016 klar wurde, dass er für das Präsidentenamt kandidieren würde, habe sie angefangen, allen ihre Geschichte zu erzählen, um vor ihm zu warnen.

Samantha Holvey, die einen Trump-Vorfall aus dem Jahr 2006 zu berichten weiss, wollte bereits im Oktober 2016 vor dem ehemaligen Immobilien-Mogul warnen – doch ohne Erfolg. Für sie sei es „herzzerbrechend“ gewesen, als Trump zum Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, obwohl mehrere Vorwürfe der sexuellen Belästigung im Raum standen, erzählte sie ebenfalls in der Show von Megyn Kelly. „Es tat weh, dass wir uns ins Rampenlicht begeben haben, um Amerika zu zeigen, wer dieser Mann ist und vor allem wie er Frauen behandelt und alle gesagt haben ‚Äh, das ist uns egal'“, so Holvey. Doch ihrer Meinung nach habe sich „die Umwelt geändert. Lasst es uns erneut versuchen.“

Und auch die dritte Frau im Bunde, Rachel Crooks, versuchte bereits im Oktober 2016 in der „New York Times“ auf das unangemessene Verhalten Donald Trumps aufmerksam zu machen. Ihre Geschichte: Im Jahr 2005 habe sie als Rezeptionistin für die Bayrock Group gearbeitet, das Unternehmen habe ein Büro im Trump Tower gehabt. Als sie Trump damals zufällig im Fahrstuhl begegnet sei, habe er einfach angefangen sie zu küssen. Auch diesen Zwischenfall stritt Donald Trump damals ab: „Nichts davon hat stattgefunden“, sagte er ebenfalls der „New York Times“.

Wie geht die US-Politik damit um?

Doch nicht nur Bürgerinnen, auch Politiker haben sich inzwischen für einen Rücktritt Trumps ausgesprochen – allen voran die demokratische New Yorker Senatorin Kirsten Gillibrand. Im Interview mit CNN sprach sie sich dafür aus, dass er aufgrund der zahlreichen Vorwürfe sein Amt als Präsident aufgeben solle. „Präsident Trump hat sich an diesen Frauen vergriffen, es handelt sich um glaubwürdige Anschuldigungen wegen Fehlverhaltens und kriminellen Aktivitäten. Er sollte gründlich untersucht werden und er sollte zurücktreten“, sagte Gillibrand. Sollte er dies nicht tun, sollte der Kongress „sein Verhalten überprüfen und ihn zur Rechenschaft ziehen“. Ausser Gillibrand sprachen sich noch drei weitere männliche demokratische Senatoren – Ron Wyden, Cory Booker und Jeff Merkley – für einen Rücktritt Trumps aus.

In einem Tweet tat Donald Trump die laut werdenden Rufe nach seinem Rücktritt als Versuche der Demokraten ab, ihn als Präsidenten zu stürzen. Eine Begründung, die bei seinen republikanischen Unterstützern aus dem Volk gut ankommen dürfte…

„Sie können mich und die anderen Millionen von Frauen, die aus dem Abseits aufgetaucht sind, nicht zum Schweigen darüber bringen, welche Untauglichkeit und Schande Sie in das Oval Office gebracht haben“, antwortete die Senatorin in einem eigenen Tweet.

Und in Trumps eigenen Reihen?

Probleme macht Donald Trump aber auch eine Frau aus den eigenen Reihen. Im Interview mit „CBS News“ sprach sich Nikki Haley, ihres Zeichens republikanische US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, dafür aus, dass den Frauen, die den US-Präsidenten der sexuellen Belästigung beschuldigt haben, zugehört werden sollte. „Ich glaube, dass jede Frau, die sich auf irgendeine Weise verletzt oder misshandelt gefühlt hat, das Recht hat, sich zu äussern“, so Haley.

Trotz der massiven Vorwürfe scheint sich Donald Trump aber keiner Schuld bewusst zu sein. Als Antwort auf das Interview von Nikki Haley liess er über die Sprecherin des Weissen Hauses verkünden: „Wie der Präsident selbst bereits sagte, hält er es für eine gute Sache, dass die Frauen sich melden. Er ist aber auch der festen Überzeugung, dass eine blosse Anschuldigung den Kurs nicht bestimmen sollte“, zitiert „CNN“ Sarah Sanders. „Und in diesem Fall hat der Präsident alle Anschuldigungen bestritten, genauso wie alle Augenzeugen… Mehrere Berichte haben gezeigt, dass diese Augenzeugen das Wort des Präsidenten unterstützen. Die US-Amerikaner wussten das und haben ihn als Präsident gewählt. Wir fühlen uns bereit, diese Sache hinter uns zu lassen.“

Offen bleibt nur die Frage: Wie wird sich Amerika entscheiden? Haben die Stimmen der Frauen genug Gewicht, damit Donald Trump das gleiche Schicksal erleidet wie Harvey Weinstein und Kevin Spacey? Oder wird Trumps Beteuerung, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, ihn am Ende vor einem Rücktritt retten?

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