Sind Woody Allens Tage in Hollywood gezählt?

Woody Allen – dieser Name stand in Hollywood nie zur Debatte, trotz schwerster Missbrauchs-Vorwürfe seiner Adoptivtochter Dylan Farrow. Doch die „MeToo“-Bewegung scheint nun auch ihn einzuholen.

Bei einem Woody-Allen-Film mitwirken zu dürfen, das kommt einem Ritterschlag gleich. Zumindest war das bislang der Fall. Ungeachtet der schweren Vorwürfe, die seine Adoptivtochter Dylan Farrow (32) von Kindesbeinen an gegen ihn erhebt und die seit 1993 um die Welt gehen, rissen sich stets die grössten Hollywood-Namen um einen Part in seinen Filmen. Andere Grössen des Show-Geschäfts, wie Harvey Weinstein (65) und Kevin Spacey (58), wurden dagegen umgehend wegen der Beschuldigung sexueller Belästigungen des Showgeschäfts verwiesen – eine Rückkehr zumindest derzeit unvorstellbar.

Doch woher kommt diese moralische Selektivität in der Traumfabrik? Woher die Angewohnheit, einerseits Nägel mit Köpfen zu machen, gar einen Schauspieler wie Spacey nachträglich aus einem schon abgedrehten Film zu schneiden und durch Christopher Plummer (88) zu ersetzen („Alles Geld der Welt“)? Nur um auf der anderen Seite seit Jahrzehnten stets mit gleicher Vehemenz vorgetragene Vorwürfe gegen Allen (82) geflissentlich zu ignorieren?

Diese Fragen stellte sich auch Dylan Farrow bereits in ihrem Gastbeitrag in der „Los Angeles Times“ im Dezember des vergangenen Jahres mit dem Titel „Warum hat die #MeToo-Revolution Woody Allen verschont?“. Allmählich scheint die Macht dieser zwei kleinen Wörter „Ich auch“ aber selbst den Regiestuhl von Allen ins Wanken zu versetzen.

Die Vorwürfe

Nachdem Allens Verhältnis zu Adoptivtochter Soon-Yi Previn an die Öffentlichkeit kam, entbrannte 1992 ein erbitterter Streit mit seiner damaligen Partnerin Mia Farrow (72) über das Sorgerecht für die weiteren Kinder, den beiden adoptierten Dylan und Moses sowie dem leiblichen Sohn Ronan Farrow. Im Zuge dieser gerichtlichen Auseinandersetzung kamen dann auch die Anschuldigungen auf, Allen habe Dylan Farrow im Alter von sieben Jahren sexuell missbraucht.

Zwar wurden damals diese Vorwürfe aus Mangel an Beweisen strafrechtlich nicht verfolgt, der zuständige Staatsanwalt kritisierte aber die Vorgehensweise der Gutachter als nicht ausreichend. Dieser zwischen beiden Parteien stehende Vorwurf sollte die gesamte Familie entzweien. Moses Farrow witterte darin eine erfundene Rache-Kampagne seiner Adoptivmutter Mia, Ronan Farrow sprang in einem „Hollywood Reporter“-Artikel derweil seiner Schwester zur Seite. Und verglich ihre Situation mit jener, in der sich die vermeintlichen Opfer von Bill Cosby (80) befinden. Ronan war es schliesslich auch, der die „MeToo“-Debatte mit seinen Enthüllungen über den Filmproduzenten Harvey Weinstein im Magazin „The New Yorker“ ins Rollen gebracht hat.

Die Stars fliehen

„Das System hat Jahrzehnte lang für Harvey Weinstein funktioniert. Für Woody Allen funktioniert es noch immer“, schrieb Dylan Farrow in der „Los Angeles Times“. Ähnliche Worte fand sie in einem bemerkenswerten TV-Interview, dass sie am vergangenen Donnerstag in der Show „CBS This Morning“ unter Tränen gab. Am selben Tag kündigte Colin Firth (57, „The King’s Speech – Die Rede des Königs“) laut „The Guardian“ an, keinen Film mehr mit Allen drehen zu wollen.

Damit ist Firth nicht alleine. Schon Mira Sorvino (50), Rachel Brosnahan (27), Greta Gerwig (34), Rebecca Hall (35) und Timothée Chalamet (22) haben inzwischen öffentlich ihre Zusammenarbeit mit Allen bereut. Hall und Chalamet wollen sogar mit ihrer Gage für den Allen-Film „A Rainy Day In New York“ nichts mehr zu tun haben und das Geld komplett spenden. „Die Wahrheit ist schwer zu leugnen, aber leicht zu ignorieren“ – auch das schrieb Farrow Ende 2017 im Rahmen der „MeToo“-Debatte. Das scheint sich nun zu ändern.

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