Erster Todestag von Avicii: Der Mensch hinter dem Star

Die Nachricht von seinem plötzlichen Tod erschütterte im vergangenen Jahr die Musikszene: Der weltweit berühmte DJ Tim Bergling alias Avicii wurde tot im Oman aufgefunden. Am 20. April jährt sich sein Todestag zum ersten Mal.

Er war einer der berühmtesten DJs weltweit: Avicii, mit bürgerlichem Namen Tim Bergling, ist bekannt für Songs wie „Levels“ (2011), „Wake Me Up“ (2013) und „Hey Brother“ (2013). Seine Tracks hielten sich teils wochenlang in den Charts – in seinem Heimatland Schweden blieb er mit drei Hits fortlaufend 20 Wochen lang auf Platz eins. „Wake Me Up“ war in über 20 Ländern auf dem ersten Platz der Single-Charts. Aktuell hat der Song rund 1,8 Milliarden Aufrufe bei YouTube. Doch der Mensch hinter dem DJ-Star Avicii kam mit dem Leben im Scheinwerferlicht nicht gut zurecht.

Das Star-Leben war hart

In einem Statement schrieb Aviciis Familie laut der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“ kurz nach seinem Tod: „Tim war nicht für die Maschinerie gemacht, in der er landete. Er war ein feinfühliger Junge, der seine Fans liebte und das Rampenlicht scheute.“ Er sei eine „zerbrechliche Künstlerseele“ gewesen.

Schon Jahre vor seinem tragischen Tod hatte er mit gesundheitlichen Problemen gekämpft. In der Dokumentation „Avicii: True Stories“ (dt. Wahre Geschichten) wird dem Zuschauer bewusst, wie sehr Tim Bergling unter seinem Star-Leben gelitten haben muss: „Anfangs habe ich mich nicht getraut, Alkohol zu trinken. Aber dann habe ich gemerkt, dass ich mit ein paar Drinks einfach viel lockerer drauf war.“

„Letztendlich hat es mir geholfen, die Shows durchzustehen“, so Avicii. Alkohol- und Suchtprobleme führten zu schlimmeren Folgen: Nach einer Bauchspeicheldrüsenentzündung wurden ihm 2014 Blinddarm und Gallenblase entfernt. Über sein Leben auf Tour sagte er: „Es wird mich umbringen.“

2016 zog Avicii Konsequenzen: Nach seinem Auftritt beim Ultra Music Festival gab er Ende Februar bekannt, dass er sich aus dem Rampenlicht zurückziehen werde. Als Grund nannte er gesundheitliche Probleme. Von der Musik verabschiedete er sich freilich nicht: Im Jahr darauf veröffentlichte er die EP „Avicii“. Die Single-Auskopplung „Without You“ landete wieder in mehreren Ländern in den Charts: Der Erfolg ging weiter.

Plötzlicher Tod ist eine Schock-Nachricht

Im April 2018 unternahm er eine Reise in den Oman – und kehrte davon nicht lebend zurück. Mit nur 28 Jahren starb die DJ-Legende: Avicii wurde in einem Anwesen der omanischen Königsfamilie tot aufgefunden. Die Nachricht schockierte Menschen auf der ganzen Welt, die Welle der Anteilnahme war riesig. Zunächst war die Todesursache nicht bekannt: Die Polizei konnte sie zwar feststellen, veröffentlichte sie aber nicht.

Nach einem Statement von Berglings Familie und mehreren Medienberichten musste man aber von einem Suizid ausgehen. „Er hat wirklich gerungen mit dem Nachdenken über den Sinn, das Leben, das Glück. Jetzt hat er es nicht länger geschafft. Er wollte Frieden haben“, so die Familie.

Jetzt, ein Jahr später, bleiben immer noch viele Fragen offen – vor allem für Tim Berglings Familie und enge Freunde. In einem Interview mit der „New York Times“ Anfang April sprach sein Vater, Klas Bergling, offen über seinen Tod. „Es ist nicht einmal ein Jahr her, seit es passiert ist“, sagte er, „die Familie ist sehr traumatisiert. Wir wollen Frieden.“

Einen Abschiedsbrief habe es nicht gegeben. Der Tod des DJs ist umso tragischer, als seine Freunde ihn nicht kommen sahen: Er sei in der besten Stimmung gewesen, in der sie ihn seit über einem Jahr erlebt hätten. „Er hatte so viele Pläne“, sagte ein enger Schulfreund. „Er wollte noch so viele Dinge tun und Orte bereisen.“

Kann seine Musik Fragen beantworten?

Einer dieser Pläne war ein neues Album: Nach der Oman-Reise wollte Avicii die Arbeit dafür aufnehmen, wie sein Musikproduzent Carl Falk der „New York Times“ bestätigte. Dieses Album mit dem einfachen Titel „TIM“ wird nun am 6. Juni veröffentlicht: Es beinhaltet Songs, die Tim Bergling in den letzten drei Monaten seines Lebens geschrieben hat. Das Meiste war bereits vor seinem Tod fertiggestellt. Für das jetzige Album konzentrierten sich die Produzenten auf Notizen, die er auf seinem Handy und seinem Computer hinterlassen hatte.

„Ich habe versucht, es durch die Augen und Ohren eines anderen zu produzieren – jemand, der nicht da ist. Es war sehr hart, sich nicht die ganze Zeit selbst zu kritisieren: Würde ihm das gefallen? Wie hätte er das gemacht?“, sagte Carl Falk. Der Song „SOS“ aus dem neuen Album „TIM“ ist bereits verfügbar. Der Text, gesungen von Aloe Blacc (40), lässt viel Raum für Spekulation: „Can you hear me SOS, help me put my mind to rest“ (dt. Kannst du mich hören, SOS, hilf mir, mich zu beruhigen) kann als ein Hilfeschrei interpretiert werden.

„Wichtiges Thema, das man ansprechen und teilen muss“

Für Produzent Carl Falk sagen die Songtexte viel über Tim Bergling aus: „Wenn ich jetzt zuhöre, höre ich eine einsame Person mit vielen grossen Emotionen, und er hatte nicht genug Leute, mit denen er darüber sprechen konnte“, sagte er der „New York Times“. „Ich glaube, diese Musik war seine Art, etwas davon auszudrücken. Das macht es zu einer wirklich wichtigen Platte. Was immer Tim sagen wollte, ist hier.“ Die Antwort auf die Frage nach dem „Warum“ lässt sich also vielleicht in seiner Musik finden.

Auch für Sänger Aloe Blacc ist klar, dass Avicii in der Single seine Probleme verarbeitet hat. „Er schrieb den Songtext offensichtlich über einige seiner Kämpfe. Ich denke, das ist ein wirklich wichtiges Thema, das man ansprechen und teilen muss, vor allem mit seiner Sichtbarkeit und seinem Zugang zu Ohren und Herzen. Um den Leuten die Worte zu geben, mit denen sie fähig sind zu sagen: ‚Ich brauche Hilfe'“, sagt er über „SOS“ laut einer Pressemitteilung.

Grosszügigkeit des DJs berührt

Der Erlös des Album-Verkaufs fliesst in eine neu gegründete Stiftung: Aviciis Familie rief kürzlich die „Tim Bergling Foundation“ ins Leben, die auf psychische Krankheiten und Suizidprävention aufmerksam machen soll. Weitere Einsatzgebiete der Stiftung sind Entwicklungshilfe und Naturschutz. „Tim wollte etwas bewegen. In seinem Namen eine Stiftung zu gründen, ist unser Weg, um sein Andenken zu ehren und weiterhin in seinem Sinne zu handeln“, sind die Worte seiner Familie laut einer Pressemitteilung.

Avicii war nicht nur einer der bekanntesten DJs weltweit, er war auch einer der bestbezahltesten. Laut der Zeitschrift „Mirror“ spendete er mehrere Millionen an Hilfsorganisationen, unter anderem für „Feeding America“. Er setzte sich gegen Hunger, Bandengewalt und Menschenhandel ein. „Als ich anfing, Geld zu verdienen, fand ich heraus, dass ich es nicht wirklich brauchte“, sagte er 2013 in einem Interview. „Wenn man so viel Geld hat, das man nicht braucht, ist das Vernünftigste, Menschlichste und Offensichtlichste, es Menschen in Not zu geben.“

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