Al Pacino wird 80: Der Pate, das Narbengesicht, die Lachnummer

Michael Corleone und Tony Montana haben Geburtstag – genauer gesagt das Ausnahmetalent Al Pacino, das beide Gangster so eindringlich verkörperte.

Al Pacino (80) ist einer der grössten Charaktermimen, die die Traumfabrik je hervorgebracht hat. Bei 1,70 ist nicht die Körpergrösse des vor exakt 80 Jahren (25. April 1940) in New York geborenen Schauspielers gemeint. Dass ausgerechnet „Der Pate“ von Francis Ford Coppola (81) die Initialzündung seiner beispiellosen Karriere sein sollte, verwundert abergläubische Cineasten wohl nicht – denn wie sein beruflicher Erfolg ist auch das Leben von Pacino auf den Namen Corleone zurückzuführen.

Auftakt nach Mass – wenn auch etwas später

Geboren in Sizilien, genauer gesagt in der Stadt Corleone – die Rede ist von Alfredo James „Al“ Pacinos Vater. Salvatore Pacino verschlug es später für einen Job als Versicherungsverkäufer in die USA, wo er seine spätere Ehefrau Rose kennenlernte. Viel bekam der heutige Weltstar von seinem alten Herrn aber nicht mit. Nach der Scheidung der Eltern, Pacino ist zu diesem Zeitpunkt erst zwei, zieht er mit seiner Mutter von Manhattan in die South Bronx, wo auch seine sizilianischen Grosseltern lebten.

Erfolg war Pacino zunächst ein Fremdwort. Problematische Jugend, mit 17 endgültig von der Schule geworfen, dürftiger Lohn als Kartenabreisser und Platzanweiser in Theatern. Schwer zu sagen, wohin es Pacino verschlagen hätte, wäre da nicht eine riesige Leidenschaft gewesen – die für das Schauspiel. Insgesamt drei Schauspielschulen besuchte das heutige Geburtstagskind und machte sich in der Folgezeit zunehmend als Theater-Darsteller einen Namen.

Verhältnismässig spät, mit 29 Jahren, feierte Pacino 1969 sein Filmdebüt im Comedy-Drama „Ich, Natalie“. Durch das bei anderen Stars zuweilen jahrzehntelang andauernde Casting-Fegefeuer musste er sich allerdings nicht quälen, ehe der Durchbruch auf ihn wartete. Nur etwas über zwei Jahre nach der Leinwandpremiere, im Jahr 1972, errichteten Pacino als Michael Corleone, Regisseur Francis Ford Coppola, das wahnsinnige Genie Marlon Brando (1924-2004) und das rund drei Stunden lange Gangster-Epos „Der Pate“ ein filmisches Denkmal. Eines, dass durch die zwei Fortsetzungen 1974 und 1990 eindrucksvoll ausgebaut wurde.

Zwischen Gangster und Gerechtigkeit

Pacinos denkwürdigste Rollen sind all jene, in denen er das Gesetz mit Füssen tritt. Neben „Der Pate“ muss natürlich Brian De Palmas (79) „Scarface“ Erwähnung finden, in dem Widersacher mit Kettensägen traktiert werden und er als Tony Montana mehr Schimpfwörter als das gesammelte Gangsterrap-Genre in den Mund zu nehmen scheint. Nicht zu vergessen den legendären Satz „Auf euch wartet meine kleine Freundin!“ („Say hello to my little friend!“) Und auch in „Hundstage“ (1975) hat es Pacino nicht so mit Rechtschaffenheit, 1997 schlüpfte er gar in die Rolle des Leibhaftigen – „Im Auftrag des Teufels“.

„Besser in der Hölle regieren, als im Himmel zu dienen“ also? Nicht ganz, oft genug fand sich Pacino auch auf der richtigen Seite des Gesetzes wieder. Als idealistischer Anwalt in „… und Gerechtigkeit für alle“ (1979) etwa, oder als mal mehr („Serpico“, 1973), mal weniger rechtschaffener Cop („Insomnia“, 2002) – ja selbst seinem eigenen „Paten“-Papa Robert De Niro (76) legte er in „Heat“ (1995) das kriminelle Handwerk. Bis in die Gegenwart zieht sich Pacinos Hang, das Leinwandgesetz mal zu vertreten – oder es nur zu treten. Als korrupter Jimmy Hoffa brillierte er 2019 in Martin Scorseses (77) „The Irishman“ (erneut an der Seite von De Niro), seit 2020 jagt er in seinem Seriendebüt „Hunters“ diabolische Nazi-Schergen.

Erst der Oscar, dann die Himbeere

Anerkennung fand Pacino für seine Bandbreite zuhauf. Acht Oscar-Nominierungen erhielt der Mime bis dato, alleine zwei davon für „Der Pate I & II“. Bei seinem bis heute einzigen Gewinn des Goldjungen schlüpfte er jedoch weder in Polizeiuniform noch in die Gangsterrolle, sondern in die des verbitterten, blinden Kriegsveterans in „Der Duft der Frauen“ (1992).

Dem Vernehmen nach hätte Pacino um ein Haar sogar noch einen anderen Frauenflüsterer spielen sollen – er lehnte jedoch angeblich ab und so lief an seiner Stelle Richard Gere (70) eine „Pretty Woman“ über den Weg. Apropos: Schöne Frauen traf Pacino auch abseits der Kameras. Bester Beweis sind seine drei Kinder, eine Tochter mit Jan Tarrant und Zwillinge mit der Schauspielerin und Sängerin Beverly D’Angelo (68). Über 60 war Pacino beim doppelten Familienzuwachs im Jahr 2001 bereits. Eines fand sich dabei bis heute aber nie – ein Ring am Finger des Hollywood-Stars.

Ob er das in Retrospektive als Makel ansieht, weiss wohl nur er. Weniger Zweifel dürfte dagegen bezüglich der grössten Blamage im ansonsten so beachtlichen Lebenslauf des Stars herrschen. Es war das Jahr 2011, als Pacino den vielleicht grössten Fehler seines Lebens beging und eine Rolle in der Adam-Sandler-Komödie „Jack und Jill“ annahm. Der Lohn für seine Teilnahme an dem katastrophalen Machwerk? Zwei Goldene Himbeeren, seine bislang und hoffentlich auf ewig einzigen.

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