Das steckt wirklich hinter dem Aus von Bill O’Reilly

Donald Trump stützte ihn, bis der Druck zuletzt doch zu gross wurde. Der Star-Moderator Bill O’Reilly wurde von seinem Sender Fox News vor die Tür gesetzt. Er strauchelte über ein Sammelsurium an Vorwürfen.

Am Ende konnte ihm auch der US-Präsident Donald Trump (70) nicht mehr helfen. Der US-amerikanische Sender Fox News hat sich von seinem Star-Moderator Bill O’Reilly (67) getrennt – oder besser gesagt: trennen müssen. Jahrelang hielt man an seinem besten Pferd im Stall fest, trotz aller Vorwürfe und Skandale rund um seine Person. Doch in den vergangenen Tagen machten Werbepartner des Privatsenders Druck und sorgten somit dafür, dass O’Reilly seinen Platz in den Studios räumen musste.

Der Moderator galt als Speerspitze einer ganzen Bewegung innerhalb des politischen Journalismus‘. Mit Zurückhaltung, Unabhängigkeit und Fingerspitzengefühl hatte O’Reilly noch nie etwas zu tun. Er machte sich mit gegensätzlichen Attributen einen Namen: klare Positionierung im konservativ-republikanischen Lager, Ablehnung aller anderen Medien und poltern, was das Zeug hält.

Millionen Menschen schalteten regelmässig seine Talk-Show „The O’Reilly Factor“ ein, die bereits seit 1996 auf Sendung war. Dort provozierte er leidenschaftlich gerne, stellte seine Interview-Partner regelmässig bloss und teilte die Welt in einfache Strukturen nach Gut und Böse ein. Einer seiner grösster Fans seit vielen Jahren: der amtierende US-Präsident Donald Trump.

„King of Cable“ hat doch was Falsches gemacht

Doch selbst der konnte ihn nun nicht mehr im Job halten, auch wenn er das bis zuletzt versuchte: „Ich glaube nicht, dass Bill irgendetwas Falsches getan hat“, sagte Trump im Interview mit der „New York Times“. Für ihn sei er ein guter Mensch. Doch offensichtlich hat der „King of Cable“ doch etwas falsch gemacht, zumindest sind die Vorwürfe erdrückend: Fünf Frauen haben Zahlungen von insgesamt rund 13 Millionen US-Dollar von ihm oder Fox News erhalten, um Klagen wegen sexueller Belästigung aus dem Weg zu räumen. Schweigegeld par excellence.

Weitere Fälle konnten allerdings nicht unter dem Tisch gehalten werden. Die Psychologin und Moderationskollegin Wendy Walsh zum Beispiel machte öffentlich, dass O’Reilly ihre Karriere aktiv behindert haben soll. Nach zahlreichen Auftritten als Side-Kick bei ihm in der Show, sollte sie ihn eines Abends auf seine Suite begleiten. Sie lehnte dankend ab und zerstörte damit ihre Karriere. Anschliessend soll es nämlich plötzlich mit ihrer beruflichen Laufbahn beim Sender vorbei gewesen sein. Nur ein Zufall?

Eine konkrete Sache brachte nun in dieser Woche das Fass endgültig zum Überlaufen. Die berühmt-berüchtigte US-Anwältin Lisa Bloom meldete sich zu Wort. Eine ihrer Mandantinnen, eine Afro-Amerikanerin, sei 2008 als Sekretärin bei Fox News beschäftigt gewesen und von Bill O’Reilly regelmässig sexuell belästigt und rassistisch beleidigt worden. So soll er zwar nie direkt mit ihr gesprochen haben, sie aber als „Hot Chocolate“ (zu Deutsch: Heisse Schokolade) bezeichnet, ihr ins Dekolleté gestarrt und dabei wie ein Wildschwein gegrunzt haben.

Der Druck wurde einfach zu gross

Das war zahlreichen Werbekunden nun eindeutig zu viel des Guten, Sie erhöhten den Druck auf den Sender schlagartig – mit Erfolg. Angeblich sollen 53 Partner mit einem Boykott gedroht haben. Sie wollten keine Werbung mehr bei Bill O’Reilly bzw. dem Sender schalten, solange er weiter On Air gehen dürfe. O’Reilly oder wir lautete verkürzt die Ansage, was die Verantwortlichen rund um Medienmogul Rupert Murdoch (86) plötzlich doch zum Umdenken veranlasste, um den Image-Verlust für den Sender nicht ins Bodenlose sacken zu lassen.

Offensichtlich genoss O’Reilly zuvor vollkommene Narrenfreiheit bei Fox News, war er doch über Jahre hinweg der grösste Quoten-Garant. Jetzt liess man ihn allerdings fallen wie eine heisse Kartoffel. Knapp erklärte der Sender, dass man sich nach „sorgfältiger Überprüfung der Vorwürfe“ mit seinem Host geeinigt hätte, dass er nach seinem Urlaub nicht zu Fox News zurückkehren werde. Kein Wort des Dankes, kein Wort des Wunsches nach einer erfolgreichen Zukunft.

Nur ein interner Brief von Fox News, der einigen US-Medien vorliegt, lässt ein etwas anderes Bild zu. Dort ist die Rede von einer der „verdienstvollsten TV-Persönlichkeiten in der Kabelnews-Geschichte“. Man trauert ihm also eigentlich doch ein wenig nach, dem polarisierenden Moderator, dem weder der US-Präsident, noch der Papst helfen konnte. Derzeit befindet sich O’Reilly nämlich auf einer Italien-Reise – inklusive Audienz bei Franziskus wenige Stunden vor seinem Rausschmiss…

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