Hat das Dschungelcamp seinen Reiz verloren?

Die Hochzeiten scheinen auch beim RTL-Dschungelcamp irgendwie vorbei zu sein. Die Zuschauer schwinden in diesem Jahr und es bahnt sich quotenmässig die mieseste Staffel seit 2009 an. Doch woran liegt das? Ein Lösungsansatz.

Eines vorneweg: Im Zuge von generell sinkenden Einschaltquoten auf nahezu allen Kanälen jammern die Macher des RTL-Dschungelcamps (wenn überhaupt) auf einem extrem hohen Niveau. Die seit Jahren erfolgreichste deutsche Unterhaltungsshow „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ muss in diesem Jahr allerdings ebenso einen Knick beim Zuschauerinteresse hinnehmen, wie viele ihrer Konkurrenten auch. Zwar verspeisen im australischen Dschungel Z-Promis ihre ekligen Dinge immer noch vor einem riesigen Millionenpublikum, die Höhenflüge der vergangenen Jahre scheinen aber ausgebremst.

Zum Vergleich: Beim Einzug am 13. Januar 2017 schalteten 7,36 Millionen Zuschauer RTL ein. Bisheriger Negativ-Rekord der Staffel war die fünfte Folge am 17. Januar. Zum ersten Mal seit 2009 fiel die Zahl unter die 6 Millionen Grenze. Die 5,75 Millionen Zuschauer reichten allerdings immer noch locker zum Tagessieg. Mittlerweile haben sich die Quoten wieder ein wenig gefangen und liegen konstant über den neuralgischen 6 Millionen. Von der bisherigen Rekordstaffel aus dem Jahr 2014 mit im Schnitt 7,87 Millionen Fans vor den TV-Geräten ist das Trash-TV-Format allerdings meilenweit entfernt.

Müsste man andere Promis ans Lagerfeuer setzen?

Es bahnt sich also die quotenschwächste Staffel seit acht Jahren an. Woran liegt das? Vielleicht an den Protagonisten? Blickt man ins diesjährige Camp, so fällt auf, dass kein echtes Zugpferd am Lagerfeuer sitzt. Klar, man kennt „Icke“ Hässler und Gina-Lisa. Aber so wirklich locken selbst die beiden niemanden hinter dem Ofen vor. Doch nicht nur in der Spitze, sondern auch in der Breite gehen RTL irgendwie die Z-Promis aus. Bestes Beispiel: Alexander Keen. Kamen früher zumindest noch die „GNTM“-Kandidatinnen selbst in den Dschungel, hat es in diesem Jahr (neben Gina-Lisa) nur der Ex-Freund eines Models in die Show geschafft. Ein Offenbarungseid?

Möglicherweise ist es einfach schwieriger geworden, die Promis nach Australien zu locken. Nur wenige konnten sich dank der Show wirklich rehabilitieren oder besser auf dem Markt positionieren. Das hat sich offensichtlich auch unter den Stars und deren Managements herumgesprochen – trotz immer noch guter Gage von RTL. Ein echtes Zugpferd aus der Riege der A- oder zumindest B-Prominenz würde der Show mit Sicherheit gut zu Gesicht stehen und würde wahrscheinlich auch den ein oder anderen verprellten Zuschauer wieder zurück vor die Glotze holen.

Was ebenso auffällt und auf Dauer für Langeweile sorgt: Jahr für Jahr sitzt neben einem Ex-Fussballer das „GNTM“-Model, der „DSDS“-Kandidat, der Mallorca-Schlagerstar und der abgehalfterte Schauspieler. Jahr für Jahr werden die gleichen Klischees bedient, die gleichen Gemüter ausgewählt, um die gleichen Dschungelcharaktere unterzubringen. Immer gibt es die Zicke, den guten Kerl, die Sexbombe, den Intriganten und den Deppen. Ein bisschen Abwechslung würde dem ganzen Konstrukt mit Sicherheit gut zu Gesicht stehen.

Verkrustetes Konzept

Das Dschungelcamp gibt es bereits seit 2004, derzeit läuft die elfte Staffel. Neuerungen? Fehlanzeige. Bis auf Mini-Änderungen (wie getrennte Lager zu Beginn) gibt es seit mehr als zehn Jahren keine echten konzeptionellen Änderungen. Alles, aber auch wirklich alles blieb beim Alten. Der Ablauf: Identisch. Das Camp: Identisch. Die Dschungelprüfungen: Identisch. Die Witze: Identisch. Die Schatzsuche: Identisch. Die Kleidung: Identisch.

Natürlich wollte man seinem wunderbar funktionierenden Schlachtschiff nicht durch unnötige Änderungen eine Schlagseite verpassen. Dennoch rächt sich der Reformstau langsam aber sicher und wird zum Problem. Vor allem die Dschungelprüfungen sind einfach nicht mehr spannend. Zu oft hat das Publikum schon gesehen, wie die Teilnehmer Fischaugen, Schafsanus, Hirschpenis und Ziegenvagina verspeisen oder mit Kakerlaken, Motten und Fischabfällen übergossen werden. Es fehlt die zündende Idee, die überraschende Wendung.

Das Dschungelcamp ist vorhersehbar geworden. Auch deswegen scheinen die Rekorde vergangener Jahre unerreichbar. Die Macher sollten aufpassen: Wollen sie die erfolgreichste deutsche TV-Show der letzten Jahre verwalten und bis zum letzten Atemzug ausquetschen wie Dieter Bohlen sein „DSDS“ oder öffnet man sich frühzeitig neuer Ideen und hievt das Dschungelcamp auf eine moderne Ebene? Die kommenden Jahre werden es zeigen…

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