Thomas Hermanns: «Ich vermisse Stefan Raab»

Das Fernsehen braucht wieder einen Showrunner, einen wie Stefan Raab. Davon ist Thomas Hermanns überzeugt. Der Moderator feiert mit seinem „Quatsch Comedy Club“ noch in diesem Jahr sein TV-Comeback.

Der „Quatsch Comedy Club“ hatte sie alle: Ob Michael Mittermeier, Dieter Nuhr oder Cindy aus Marzahn – sie alle verdanken der Talentschmiede ihren grossen Durchbruch. Am 31. Januar feiert der Club nun sein 25-jähriges Jubiläum. Im Interview blickt der Erfinder und Moderator des Clubs, Thomas Hermanns, auf die Anfänge und seine liebsten Comedians zurück und kündigt gleichzeitig ein Comeback der Show im TV an. Ein Comeback würde er sich auch von einem anderen berühmten Kollegen wünschen…

Herzlichen Glückwunsch zu 25 Jahren „Quatsch Comedy Club“. Wie wird das Jubiläum gefeiert?

Wir haben beschlossen, bei einem so historischen Datum ein ganzes Jahr lang zu feiern. Das heisst vom Gründungstag, also dem 31. Januar, bis zur Eröffnung des Berliner Hauses, das Anfang November seinen 15. Geburtstag feiert. Wir machen ganz viele Aktionen unterschiedlichster Art und trinken ein Jahr lang. Danach gehe ich ein Jahr auf Entzug und in den Himalaya zum Meditieren. (lacht)

Die Show lief viele Jahre erfolgreich auf ProSieben. Gibt es Pläne, sie wieder auf den Bildschirm zurück zu bringen?

Wir werden im Jubiläumsjahr wieder im Fernsehen zu sehen sein. Wo darf ich allerdings noch nicht verraten.

Gibt es eine Comedy-Entdeckung, auf die Sie heute besonders stolz sind oder Comedians, die Ihnen besonders ans Herz gewachsen sind?

Die liebsten sind mir die Recken der ersten Stunde, die Golden Five: Michael Mittermaier, Ingo Appelt, Rüdiger Hoffmann, Dieter Nuhr und Atze Schröder. Wir wussten damals ja noch gar nicht, was überhaupt passieren würde. Sie haben mit uns das Format erfunden. Aber auch Olli Dietrich, der in unserer zweiten Quatschshow zu sehen war und dort zum ersten Mal Dittsche auf der Bühne präsentiert hatte. Der Bademantel ist übrigens immer noch der gleiche.

Eine Blitzkarriere legte vor allem Cindy aus Marzahn nach ihrem Auftritt im „Quatsch Comedy Club“ hin.

Ja, das ist echt eine lustige Geschichte. Sie hat wirklich nur bei uns angerufen, um Kellnerin zu werden. Zufällig war der Mann bei uns an der Strippe, der auch den Talenteabend produziert. Typisch Ilka hat sie ihn förmlich so zugequascht, dass er sie schliesslich gefragt hat, ob sie nicht bei uns auftreten wolle. Der Rest ist Comedy-Geschichte. Ich glaube bei Cindy ging der Aufstieg von 0 auf 100 in der gesamten Zeit am schnellsten. Das war der schnellste Starfaktor, den wir je hatten. Es war natürlich auch toll, weil sie eine Frau war. Comedy war zu dem Zeitpunkt vor allem ein Jungsgeschäft. Aktuell kommen die Frauen mehr in die Gänge. Das wird sich sicherlich noch mehr entwickeln.

Ilka Bessin hat ihre Figur Cindy mittlerweile an den Nagel gehängt. Wie finden Sie ihre Entscheidung?

Das war sehr schlau. Ich war wirklich happy darüber. Man muss immer aufpassen, dass man nichts kaputt reitet und kreativ bleibt. Gerade wenn man eine Rolle spielt. Es gibt Leute, die spielen Rollen einfach zu lange und mögen diese noch nicht mal mehr. Ich fand es super, dass sie den Stöpsel gezogen hat. Ich sage ja immer, an der richtigen Stelle aufhören zu können, ist oft die grösste Kunst – nach dem Hochkommen. Aber wir werden von ihr als Ilka ja auch noch was hören. Es ist ja nur die Cindy weg.

Wie lange wollen Sie selbst denn noch den „Quatsch Comedy Club“ machen?

Ich denke zum 50. Geburtstag sprechen wir uns wieder. Wir haben eine Showform erfunden bzw. importiert, die sich immer wieder von selbst erneuert. Deshalb sehe ich keinen Grund, warum es in Deutschland keine Comedyclubs mehr geben sollte. Ich habe das Gefühl, dass die Deutschen durch uns gelernt haben, über sich selbst zu lachen. Beim Kabarett war das Lachen immer ein bisschen über die Politiker und die Obrigkeiten. Unsere Gags waren alltägliche Geschichten aus dem Supermarkt oder Kämpfe zwischen Mann und Frau. Der Deutsche an sich ist immer sehr kontrolliert und will immer alles richtig und perfekt machen. Bei uns haben sie gelernt, dass sie sich selbst nicht so ernst nehmen müssen. Deutschland ist in den letzten 25 Jahren lustiger geworden. Das sehen auch die Ausländer so.

Gibt es einen Unterschied zwischen den Comedians damals und heute?

Ja, auf jeden Fall. Vor 25 Jahren gab es dahinter noch keine Industrie. Das kam ja erst alles im Laufe der Zeit. Als wir zum ersten Mal beim Comedypreis sassen, waren wir alle erst einmal fassungslos. Auf einmal gab es Manager, DVD- und CD-Labels. Um den Künstler war plötzlich ein ganzer Tross. Die nächste Generation war sich dessen dann natürlich bewusst und hat gezielt den Erfolg angesteuert. Uns ist der Durchbruch damals mehr passiert. Wir sind das Ganze mit Leidenschaft angegangen. Ich mache das, weil ich es wirklich will, und nicht unbedingt, weil ich so viel Geld verdienen will. Es hat uns in den 90er und 00ern eher gestört, dass alle dachten, Comedians seien so wahnsinnig reich. Das ist für die Comedy nicht gut. Millionäre machen keine guten Gags. Die Generation nach uns ging schon mit dem Gedanken da ran: Ich werde der neue Michael Mittermaier oder der neue Dieter Nuhr. Ich werde jetzt die Hallen füllen. Aktuell zeichnet sich wieder ein anderer Trend ab. Die Talente, die bei uns im Club auftreten, sind nicht unbedingt Fans der grossen Stadien. Sie stehen mehr auf den amerikanischen Stil. Lieber ein bisschen clubiger und mehr sophisticated.

Das Interesse an den Comedians ist auch heute noch ungebrochen. Oder gab es da Einbussen?

Es gibt Unterschiede, was das Live- und das Fernsehgeschäft betrifft. Viele Jahre hatten wir zusammen mit ProSieben das Monopol auf Stand-up-Comedy. Dann hat RTL angefangen, diese grossen Stadienshows mit Mario Barth oder Bülent Ceylan zu inszenieren. Auf einmal standen die Comedians in riesigen Hallen. Der Live-Markt ist über die Jahre kontinuierlich gewachsen. Sowohl auf der Club-Ebene bei uns, aber auch bei den grossen Shows in den grossen Hallen. Das Tolle ist, dass es heute eine riesige Auswahl gibt. Heute ist nicht mehr die Frage, ob ich Comedy mag oder nicht. Sondern welchen Comedian mag ich? Sascha Grammel oder Carolin Kebekus oder vielleicht eher Dieter Nuhr? Das finde ich eine sehr erfrischende Entwicklung.

In den USA feiern Jimmy Kimmel oder Jimmy Fallon mit ihrer Late-Night grosse Erfolge. Warum funktioniert dieses Konzept nicht auch hierzulande?

Na ja, wir hatten Stefan Raab. TV total war schon eine Late-Night-Show, Schmidt natürlich auch. Im Moment ist der Thron ein bisschen frei. Wobei Böhmermann und Pierre M. Krause auch eine Late-Night-Show moderieren. Es gibt einige Aspiranten auf den Platz. Luke Mockridge macht das in einer gewissen Weise ja auch. Die Frage ist immer, braucht man einen Schreibtisch oder braucht man keinen. Da sind in Amerika ja Heiligkeiten. Ich glaube, da muss nur wieder der Richtige kommen. Das Schwierige an diesem Konzept ist, dass man einerseits gute Interviews mit seinen Gästen führen muss und andererseits gut alleine auf der Bühne performen kann. Die meisten können nur das eine oder das andere.

Vermissen Sie Stefan Raab?

Ja, vor allem, weil er immer alles so nach seiner Schnauze gemacht hat. Auch so grosse Dinger wie den Eurovision Song Contest zum Beispiel. Es wurde immer wieder gesagt, dass er sehr aus dem Bauch heraus, sehr autark arbeitet, ein wirklicher Showrunner eben. Ich vermisse ihn auch als Ideengeber des deutschen Fernsehens. Er hat sich in all den Jahren einfach tolle Sachen überlegt. Ich verstehe aber auch, dass es kräfteraubend ist, jeden Tag eine Late-Night zu machen. Man will ja nicht mit einem Magengeschwür enden. Generell vermisse ich die Position eines Fernsehmachers, der gleichzeitig vor der Kamera arbeitet. Raab war da perfekt. Ich finde im Moment kann man ruhig mal wieder ein paar neue Ideen in den Ring werfen. Bevor alles ins Digitale geht, was natürlich die nächste Stufe sein wird.

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