Ridley Scott: «Ich weiss selbst noch nicht genau, wohin die Reise geht»

Mit seinen 79 Jahren dreht Sir Ridley Scott noch einmal auf. Im Zentrum seiner Strebsamkeit steht mit „Alien: Covenant“ aktuell ein alter Freund, der ihn schon seit der Hälfte seines Lebens begleitet.

Fast 40 Jahre ist es her, als Sigourney Weaver (67) alias Ellen Ripley an Bord der Nostromo eine mehr als unheimliche Begegnung der dritten Art erlebte. Ridley Scotts (79) Meisterwerk „Alien“ ist noch heute ein Paradebeispiel für die filmische Hochzeit aus dreckigem Science Fiction und nervenaufreibendem Horror. Warum er die Notwendigkeit sah, zunächst mit „Prometheus“ und nun mit „Alien: Covenant“ (Kinostart am 18. Mai) das Pferd von hinten aufzuzäumen und warum sowohl Evolution, als auch Religion wichtige Themen im neuen Film sind, erklärte Sir Ridley Scott im Interview.

Mister Scott, in der Vergangenheit hat es Sie augenscheinlich nie sonderlich interessiert, selbst eine Fortsetzung zu einem ihrer Filme zu drehen. Was ist am „Alien“-Universum so besonders?

Ridley Scott: Nachdem ich den ersten Film gemacht hatte, kamen noch drei Nachfolger. Sogar noch mehr mit den „Alien vs. Predator“-Filmen. Bei allem dachte ich mir immer: Was für ein Jammer, dass niemand gewisse Fragen stellt. Warum ist dieses Schiff auf dem Planeten? Woher kommen die Eier im Landeraum? Und wer ist die Person im Pilotensitz? Niemand hat diese Fragen gestellt.

Die Fortsetzungen haben Sie also motiviert, selbst wieder Hand anzulegen?

Scott: Ich bin zu Fox und habe ihnen den Plan unterbreitet, die Filmreihe wiederauferstehen zu lassen. Uns der Geschichte noch einmal zu widmen. Aber wenn wir das tun, müssten wir es von vorne machen, als Prequel. So ist das Ganze zunächst mit „Prometheus“ ins Rollen gekommen und wird mit „Alien: Covenant“ fortgeführt. Tatsächlich schreibe ich bereits am nächsten Teil.

Es muss als Filmemacher doch schwer sein mitanzusehen, wie andere das Ruder übernehmen. Erging es Ihnen so, als die „Alien“-Fortsetzungen erschienen?

Scott: Nein, das nicht. Die grösste Überraschung für mich war nur, dass ich nicht einmal in Betracht gezogen wurde für den zweiten Teil. Aber sie haben dafür einen ganz guten Regisseur gefunden [James Cameron, Anm. d. Red.]. Natürlich habe ich mich aber im ersten Moment darüber gewundert und dachte nur: ‚Willkommen in Hollywood!‘

Wo wir gerade über den Akt des Erschaffens reden – exakt dieses Thema ist auch das Leitmotiv von „Prometheus“ und „Alien: Covenant“ geworden…

Scott: Genau. Ich habe die Geschichte komplexer gemacht. Stelle mit ihr komplexere Fragen. Es geht nicht nur um den technischen Fortschritt künstlicher Intelligenzen, sondern um Evolution. Die KI David [Michael Fassbenders Rolle, Anm. d. Red.] zentriert in sich die Zerrissenheit, die wir als Menschen oft in uns tragen. Er befindet sich an der Kreuzung menschlichen Verhaltens und beschliesst, dass wir in seinen Augen eine ziemliche Enttäuschung sind.

Eine autobiografische Sichtweise?

Scott: Nein, das ist eine sehr trostlose Sichtweise. Es gibt wundervolle Menschen. Die Welt, in der wir inzwischen leben, bringt so viele Vorzüge mit sich. Denen hin und wieder schreckliche Taten entgegengestellt werden.

Ist die gesamte „Alien“-Reihe ein Sinnbild für nicht enden wollende, menschliche Hybris?

Scott: Das kann man durchaus so sehen, ja. Auch wenn für mich die Evolution der Kreatur im Vordergrund steht. Ich weiss selbst noch nicht genau, wohin die Reise geht. Ich schaue einfach, wo sie mich hinführt.

Mit der Rolle von Katherine Waterston bleibt der Film der Tradition einer starken, weiblichen Hauptfigur treu. 1979 galt das als revolutionär…

Scott: Was ich übrigens nie verstanden habe. Sigourney war die perfekte Wahl, die ich nie hinterfragt habe. Erst im Anschluss habe ich gemerkt, wie wichtig diese Entscheidung gewesen ist.

Eine Entscheidung, die auch noch 40 Jahre später wichtig ist?

Scott: Nein, das hat sich zum Glück dramatisch geändert.

Billy Crudups Figur sagt etwas sehr interessantes zu Beginn des Films. Er sagt: „Die Crew vertraut mir nicht, weil ich ein Mann des Glaubens bin.“

Scott: Die Frage, die ich damit stellen möchte, ist: Werden wir uns je hin zu einem Punkt hin entwickeln, an dem man als Irrer angesehen wird, weil man religiös ist?

Was glauben Sie? Wird die Wissenschaft eines Tages als der Gewinner aus der Schlacht mit der Spiritualität hervorgehen?

Scott: Das ist die ewige Frage. Ich glaube nicht. Als ich den Film „Der Marsianer“ drehte, habe ich eng mit Wissenschaftlern zusammengearbeitet. Menschen, die sich tagtäglich mit komplexen Fragen über das Universum beschäftigen. Am Ende habe ich gefragt, wer von ihnen an Gott glaubt. Von sieben haben sich vier gemeldet.

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