Jannis Niewöhner: Diesen Hollywood-Star findet er faszinierend

Jannis Niewöhner präsentiert sich in „Jugend ohne Gott“ von einer düsteren Seite. Im Interview kommt er bei einem Hollywood-Star dafür richtig ins Schwärmen.

Jannis Niewöhner (25, „Rubinrot“) ist aus der deutschen Film- und Fernsehbranche kaum mehr wegzudenken. Ein Projekt jagt das nächste. Sein neuer Film „Jugend ohne Gott“ kommt am 31. August hierzulande in die Kinos. Er basiert auf dem gleichnamigen Buch von Ödön von Horváth (1901 bis 1938), in dem der deutsche Schriftsteller das soziale Verhalten im Dritten Reich anprangert. Der Streifen von Regisseur Alain Gsponer (41, „Lila, Lila“) versetzt den Stoff in eine Dystopie.

Niewöhner spielt die Hauptrolle Zacharias alias Zach, der sich gegen die herrschenden Bildungs- und Gesellschaftszwänge auflehnt. Eine eher düstere Figur für den gerne als Sonnyboy gecasteten 25-Jährigen. Im Interview verrät Niewöhner, ob er sich privat ebenfalls gegen Missstände auflehnen würde und ob er in Zeiten der Digitalisierung auch mal sein Handy ausmacht. Ausserdem erzählt er von seiner Faszination für einen Hollywood-Star…

Herr Niewöhner, Ihr neuer Film trägt den Titel „Jugend ohne Gott“ – von Religion ist aber nicht die Rede. Sind Sie denn gläubig?

Jannis Niewöhner: Ich bin gläubig, aber auf meine ganz eigene Art. Ich glaube an keinen klassischen Gott, von dem mir vorgeschrieben wird, wie er sein soll. Bei mir ist es letztlich eher etwas Spirituelles. Ich glaube an eine positive Kraft oder daran, dass aus etwas Positivem immer wieder etwas neues Positives entstehen kann. Das würde ich in meiner Welt am ehesten als Gott bezeichnen.

Heisst das, Sie sind aus der Kirche ausgetreten?

Jannis Niewöhner: Das durfte ich noch nicht. Da bin ich zu sehr familiengebunden und meine Familie mütterlicherseits zu protestantisch. Obwohl es viele Dinge gibt, die ich an Religionen nicht so mag oder teilweise verurteile, sind darin gewisse Grundwerte verankert, die in der heutigen Zeit zu kurz kommen. Da bin ich durchaus glücklich, dass ich teilweise sehr konservativ aufgewachsen bin. Sobald Zwänge entstehen, ist es doof.

Gegen solche Zwänge lehnt sich Ihre Figur Zach in „Jugend ohne Gott“ auf. Steckt in Ihnen ebenfalls ein Rebell?

Jannis Niewöhner: Rebellieren ist ein sehr weit gefasster Begriff. Aber ich kenne das Gefühl, Fragen an sich selbst oder an sein Umfeld zu haben und eine Unzufriedenheit zu spüren, die man aber nicht unbedingt erklären kann. Da gibt es diese Wut oder Energie gegen gewisse Dinge vorzugehen, weil man sie als falsch empfindet.

Empfinden Sie das in beruflicher Hinsicht oder auch privat?

Jannis Niewöhner: Ich glaube auch privat, aber eben so, dass man es nicht auf einen bestimmten Nenner bringen kann. Man hat ein Gefühl dafür, ob etwas richtig oder falsch ist. Ein einfaches Beispiel wäre Mobbing in der Schule. Entweder ist man ein Typ, der das sieht, es als falsch betrachtet und etwas dagegen unternimmt oder man macht mit. Da wäre ich derjenige gewesen, der dazwischen geht. Und ich hoffe, dass das auch bei sehr vielen anderen Menschen der Fall wäre.

Ihre Figur Zach gesteht eine Tat, die er nicht begangen hat, um jemand anderen zu schützen. Wären Sie so heldenhaft?

Jannis Niewöhner: Das ist schwierig. Man neigt dazu zu sagen, klar, auf jeden Fall. Aber wenn es dann soweit ist… Es gibt einen Film, den ich zwar noch nicht gesehen habe, dessen Geschichte ist aber zum Fremdschämen: Es geht um eine Familie, die im Skiurlaub ist und von einer Lawine überrascht wird. Es sind Vater, Mutter und zwei Kinder. Die Reaktion vom Vater ist, dass er sich selbst in Sicherheit bringt. Allerdings überleben alle. Eine schreckliche Vorstellung, sich erst einmal selbst zu retten. Das mag ein Instinkt sein, den ich hoffentlich nicht hätte. Grundsätzlich denke ich schon, dass ich mich für die Familie, für Freunde, die wie Familie sind oder für eine Person, die man liebt, aufopfern würde. Ob das stimmt, wird sich dann wohl erst in so einer Situation zeigen.

Regisseur Alain Gsponer versetzt Horváths Buchvorlage in die Zukunft. Dadurch fällt die Kritik am Nazi-Regime weg und lenkt den Film in eine andere Richtung.

Jannis Niewöhner: Es gibt eine andere Art von Totalitarismus oder eben Diktatur, nämlich die digitale Überwachung sowie die Kontrolle der Gefühle und Gedanken. Wir wissen das zwar, aber wir nehmen es nicht als das wahr und hinterfragen es nicht. Es gehört zur Normalität. Und alles was sich als normal anfühlt, nimmt der Mensch einfach so hin.

Durch die Digitalisierung kann man aber nicht nur andere überwachen, viele geben freiwillig alles von sich preis. Sind Sie froh, wenn Ihr Handy mal aus ist?

Jannis Niewöhner: Absolut. Aber ich schaffe es nur relativ selten. Ich habe es mir für den nächsten Urlaub vorgenommen. Durch meinen Beruf muss ich im Grunde die ganze Zeit up to date sein. Selbst wenn ich nicht am Set bin, führe ich jeden Tag Telefonate zu neuen Projekten. Das heisst, mein Kopf ist permanent bei der Arbeit. Im nächsten Urlaub will ich versuchen, abends zwischen 18 und 19 Uhr in einer Stunde alles zu erledigen. Ich hoffe, dass ich es einhalten kann.

Falls es nicht klappt, könnten Sie für so einen Digital Detox sogar extra Seminare belegen…

Jannis Niewöhner: Ja, das geht noch härter. Es gibt zwei verschiedene Meditationskurse, in denen man zum einen seine digitale Umgebung loslässt und zum anderen zwei Wochen schweigt. Das finde ich total krass. Den Grundgedanken, alles Digitale beiseite zu legen, um sich selbst näher zu kommen, finde ich aber nicht schlecht. Wobei ich bezweifle, dass ich zwei Wochen schweigen könnte. Da würde ich heimliche Unterhaltungen oder Selbstgespräche auf der Toilette führen.

Demnächst sind Sie im Netflix-Film „Mute“ zu sehen. Wie war es für Sie an einer internationalen Produktion beteiligt zu sein?

Jannis Niewöhner: Man merkt schon einen Unterschied bei den Dreharbeiten. Ich habe allerdings nur eine sehr kleine Rolle. Da hat man nicht wirklich Zeit, in die Rolle einzutauchen. Aber ich wollte es machen, um dazuzulernen. Ich betrachte das als Schule. Um zu erfahren, wie es an einem US-Set zugeht, wie alles organisiert ist und entsteht. Ausserdem kann man den amerikanischen Schauspielern bei der Arbeit zu sehen. Da lernt man so viel. Paul Rudd zum Beispiel, der aus dem Comedy-Bereich kommt, hat eine wahnsinnige Freiheit und improvisiert viel. Mit Rhys Ifans habe ich auch gedreht. Da sitzt man dabei und denkt sich ‚ja krass‘. Man lernt noch mal etwas anderes als von deutschen Schauspielern.

Gibt es einen Hollywood-Star mit dem Sie gerne einmal vor der Kamera stehen würden?

Jannis Niewöhner: Ich liebe Brad Pitt. Ich glaube sogar, dass ich eine Faszination für ihn habe, die über die von anderen Leuten hinausgeht. Ich verfalle dem Kitsch sehr selten, aber bei ihm mache ich eine Ausnahme. Ausserdem finde ich seinen Werdegang beeindruckend. Er hat so viele unterschiedliche Sachen gemacht. Das ist etwas, was ich auch anstrebe. Dass man das Bild, dass es von einem selbst gibt, immer wieder brechen kann. Eben nicht nur der Sonnyboy sein, sondern auch mal den harten Kerl geben. Wen ich noch grossartig finde, ist Sam Rockwell.

Netflix produziert bekanntlich auch Serien. Würden Sie ein längerfristiges Engagement in einer Serie annehmen?

Jannis Niewöhner: Ja, das würde ich. Grundsätzlich finde ich Serien sehr spannend. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich das noch mal machen werde.

Die Hit-Serie „Game of Thrones“ bräuchte demnächst einen Nachfolger…

Jannis Niewöhner: Die habe ich noch nie gesehen. Als Zuschauer reizt mich das Fantasy-Genre nicht unbedingt. Wobei mich „Stranger Things“ voll gepackt hat. Das hatte eine ganz eigene Note.

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