„Abgeschnitten“: So echt sind die Obduktionsszenen im Film

Mit „Abgeschnitten“ kommt die Verfilmung des Bestsellers von Sebastian Fitzek und Michael Tsokos in die Kinos. Wie nahe an der Realität der Streifen ist, erklären die Autoren im Interview.

„Abgeschnitten“ ist ab dem 11. Oktober in den Kinos zu sehen. Rechtsmediziner Paul Herzfeld (Moritz Bleibtreu) findet darin bei einer Autopsie im Kopf einer Leiche einen Zettel mit der Handynummer seiner Tochter. Einer Spur aus Leichen folgend ist er gezwungen die junge Comiczeichnerin Linda (Jasna Fritzi Bauer) um Hilfe zu bitten. Denn der nächste Hinweis findet sich auf der durch einen Sturm von der Aussenwelt abgeschnittenen Insel Helgoland. Gemeinsam mit dem Hausmeister Ender (Fahri Yardım) macht sich Linda an die erste Autopsie ihres Lebens. Doch nicht nur diese ist verstörend.

Auch der Entführer und Killer scheint sich auf der Insel zu befinden – und zugleich Herzfeld auf dem Festland in Schach zu halten. Die erfolgreiche Buchvorlage entstand 2012 aus der Symbiose von Bestseller-Autor Sebastian Fitzek (46) und dem Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der Berliner Charité, Michael Tsokos (51). Die beiden Autoren bestätigen im Interview, wie nahe der Film von Regisseur Christian Alvart (44) an ihren Ideen und der blutigen Realität ist.

Was ist das für ein Gefühl, die Geschichte, die man sich ausgedacht hat, auf der grossen Leinwand zu sehen?

Fitzek: Wenn ein Buch von einem verfilmt wird, ist das sowieso schon mal toll. Zudem hat es der Regisseur Christian Alvart geschafft, die Bilder, die wir beim Schreiben im Kopf hatten, auf die Leinwand zu bringen. Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas möglich ist. „Abgeschnitten“ ist ein grossartiger Film geworden, ohne Einschränkungen.

Lars Eidinger spielt in „Abgeschnitten“ einen sadistischen Sexualverbrecher. Wie nahe kommt er dem, was Sie sich für Ihr Buch ausgemalt haben?

Tsokos: Er ist noch fieser als im Buch. Allein durch ein Lächeln bringt er uns Zuschauer dazu, ihn zu hassen. Das ist ganz grosse Schauspielkunst!

Die Verfilmung hat auch sonst einen hochkarätig besetzten Cast. Hatten Sie sich vor dem Film-Projekt schon Gedanken gemacht, wer Ihre Figuren bei einer Adaption spielen könnte und wie sind Sie mit dem Resultat zufrieden?

Tsokos: Als ich hörte, dass Moritz Bleibtreu den Rechtsmediziner Herzfeld spielt, war ich begeistert. Das bin ja sozusagen ich und ich konnte mir gleich vorstellen, dass Moritz das gut machen würde. Aber er ist noch besser, für mich hat er sich hier als Schauspieler nochmal übertroffen. Da stimmt jeder Wimpernschlag.

Fitzek: Jasna Fritzi Bauer hat ebenfalls eine extrem schwierige Rolle. Wie sie es schafft, die Zerrissenheit, in der sich ihre Figur Linda befindet, glaubhaft und so ergreifend darzustellen, das ist ganz grosses Kino. Und Fahri Yardims unglaublichem Schauspiel ist es zu verdanken, dass man die sehr authentischen Bilder verkraften kann. Ein wunderbarer Künstler.

Comiczeichnerin Linda soll in der Geschichte mit Hilfe von Anweisungen über das Telefon eine Leiche obduzieren. Wie nahe an der Realität sind die Obduktionsszenen im Film – und könnte ein Laie tatsächlich eine Obduktion vornehmen, wenn er nur über ein Telefon angeleitet wird?

Tsokos: Ja, das geht. Es war ja eines unserer Anliegen, eine Obduktion so authentisch wie möglich darzustellen. Als Sebastian beim Plotten meinte, das kriegen wir am besten hin, wenn wir einen Laien dazu nehmen, war das genau die richtige Idee. Das könnte auch jeder andere Nicht-Experte unter meiner Anleitung schaffen. Wir würden genau wie im Film von aussen anfangen, in dem der Leiche erstmal die Sachen ausgezogen werden und uns dann weiter herantasten.

Die Leute sterben in der Geschichte auf sehr brutale Weise. Wie schwer ist es, sich als Autor in einen Mörder hineinzuversetzen?

Fitzek: Als Autor muss man ein Weichei sein, das heisst, Autoren sind in den meisten Fällen sehr empathisch. Eben weil sie sich in andere Menschen hineinversetzen müssen, sonst wäre die Geschichte für Sie als Leser nicht glaubhaft. Wobei ich ehrlich gesagt öfter gefragt werde, wie es mir gelingt, mich in eine Frau hineinzuversetzen, als in einen Mörder.

Wie verändert es einen, wenn man sich so intensiv mit Tod und Mord auseinandersetzt, wie Sie das tun?

Tsokos: Ich habe täglich mit dem Tod zu tun. Das hat dazu geführt, dass ich keine Angst davor habe, wie viele andere Menschen. Sonst ist es ja so, dass wir den Tod aus unserer Gesellschaft ausgeschlossen haben. Es ist nicht mehr wie früher, dass die Oma im Kreise der Familie stirbt. Aber sterben gehört nun mal zum Leben dazu.

Sie sind auch selbst kurz im Film zu sehen. Wie kam es dazu?

Fitzek: Der Regisseur Christian Alvart hat das vorgeschlagen. Netterweise hat er uns zwei Rollen geschrieben, die wir auch als Nichtschauspieler ganz gut darstellen konnten: Michael hält eine Vorlesung als Professor, das macht er ja auch in seinem realen Leben, und ich spiele den Anwalt von Herzfeld und habe nur einen Satz zu sagen. Das ist auch gut so.

Gibt es bald eine neue Zusammenarbeit zwischen Ihnen?

Tsokos: Das wollen wir auf keinen Fall ausschliessen. Noch ist aber nichts Konkretes geplant.

Herr Fitzek, mit „Der Insasse“ erscheint im Oktober auch ein neues Buch von Ihnen. Auf was können sich die Leser freuen?

Fitzek: Ich hoffe, auf ein spannendes Buch. Ein verurteilter Kindermörder sitzt in einer psychiatrischen Gefängnisklinik ein und weigert sich, Details über den Mord an dem kleinen Max preiszugeben. Der Vater des Jungen sieht es als einzige Möglichkeit, Gewissheit über das Schicksal seines Sohnes zu erlangen, sich zum Schein in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Um dem Mörder von Max so nahe wie möglich zu sein, muss er selbst zum Insassen werden.

Herr Tsokos, wie nahe sind Ihre True-Crime-Thriller an dem, was Sie als Rechtsmediziner erleben?

Tsokos: Die Realität ist härter als jede Geschichte, die sich ein Autor ausdenken kann. Ich muss einiges auslassen von dem, was ich tagtäglich sehe und erfahre. Sonst wäre es zu harte Kost für die Leser.

Im TV wird es auch bald wieder Geschichten von Ihnen zu sehen geben. Was ist hier geplant?

Tsokos: Von mir wird im November auf Sat.1 „Zersetzt“ ausgestrahlt, mit Tim Bergmann in der Hauptrolle. Er spielt Dr. Abel, einen Rechtsmediziner, der die Verbindung zwischen zwei Fällen herzustellen versucht: In Osteuropa werden zwei bis zur Unkenntlichkeit zersetzte Leichen gefunden und in Berlin eine junge Kellnerin von einem Psychopathen entführt. Und im Februar wird im ZDF „Stumme Schreie“, die fiktionale Adaption meines Buches „Deutschland misshandelt seine Kinder“, zu sehen sein.

Fitzek: Auf Sat.1 wird im Herbst auch ein Film nach einem Buch von mir ausgestrahlt: „Amokspiel“. Es geht um ein Geiseldrama in einem Radiosender. Bei laufender Sendung ruft ein Psychopath wahllos Menschen an. Melden die sich am Telefon mit einer bestimmten Parole, wird eine Geisel freigelassen. Wenn nicht, wird eine erschossen. Und auch noch im Herbst kommt auf RTL „Passagier 23“. Da geht es um einen Vater, dessen Frau und Kind spurlos auf einem Kreuzfahrtschiff verschwinden. Als er nach Jahren einen Hinweis bekommt, was mit seinen Lieben geschehen sein könnte, geht er dem Mysterium ihres Verschwindens nach.

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