Die „Matrix“ wird 20 Jahre: Ihr zu Ehren ein kleines Déjà-vu

Exakt 20 Jahre ist es her, dass Keanu Reeves alias Hacker Neo die rote Pille schluckte und dadurch aus der „Matrix“ erwachte. Aber warum war der Streifen der Wachowskis so bahnbrechend – und ist es noch heute?

Es ist das Jahr 1999. Die Wachowski-Schwestern sind noch die Wachowski-Brüder, ausser des Thrillers „Gefesselt“ haben die beiden noch keine Regie-Arbeit auf der Habenseite. Doch dann kommt der 31. März daher. Im Gepäck ein kryptischer Film namens „Matrix“, auf dessen Poster sich vier Gestalten mit Lack, Leder und Sonnenbrillen gegenseitig in Sachen Coolness überbieten.

Wer vor exakt 20 Jahren ohne Vorwissen eine Karte für „Matrix“ erstand, erlebte einen 136 Minuten währenden Wow-Effekt – und erzählte prompt all seinen Freunden von dem unglaublichen Erlebnis. Die Folge: Bei einem Budget von 63 Millionen Dollar spielte der Streifen fast eine halbe Milliarde Dollar ein. Hier einige Gründe, warum der Film mit Keanu Reeves, Laurence Fishburne, Carrie-Anne Moss und Hugo Weaving noch heute bahnbrechend ist.

Existenzialismus trifft auf Baller-Ballett

Stell dir vor, das Leben, wie du es kennst, ist eine Lüge. Eine von Maschinen simulierte, „heile“ Welt, die dir eine Existenz vorgaukelt, während du in der Realität als Kraftstoffzelle herhalten musst – bis du stirbst. Die Prämisse von „Matrix“ ist auch heute noch ebenso simpel wie genial. Sie erlaubte über die Story begründete, wahnwitzig übertriebene Action-Sequenzen, die zuvor noch kein Cineast zu Augen bekommen hatte. Und liess einen fortan bei jedem Déjà-vu einen Fehler in der Matrix vermuten…

Wenige Werke der Neuzeit können sich damit rühmen, ein ganzes filmgestalterisches Genre begründet zu haben. Der Begriff „Bullet Time“ tauchte erstmals im Skript des ersten „Matrix“-Teils auf und reifte in den vergangenen Jahren zu einem geflügelten Wort der Film- und Gaming-Industrie. Die überstilisierte Zeitlupen-Action des Sci-Fi-Films wurde in der Folgezeit oft kopiert, übertroffen werden konnten sie nie – auch nicht von den eigenen Fortsetzungen.

Überhaupt liessen sich in den Jahren darauf viele Filme vom visuellen Stil der „Matrix“ unverhohlen inspirieren. Etwa der Film „Equilibrium“ mit Christian Bale und Sean Bean. Auch hier bekam der Zuschauer eine Mischung aus existentialistischen Fragen in einem actiongeladenen Schusswaffen-Ballett serviert.

Nur die Wachowskis verbanden das alles noch mit den fantastischen, den Gesetzen der Schwerkraft trotzenden Schauwerten in und der düsteren Zukunfts-Dystopie ausserhalb der „Matrix“. Abgeschmeckt mit einer Prise Nihilismus – Science-Fiction-Herz, was willst du mehr?

Ein neuer Actionstar war geboren

„Matrix“ sorgte nicht nur für einen erhöhten Absatz an Ledermänteln, er festigte auch Keanu Reeves noch nicht lange währenden Ruf als Actionheld. Mit Ausnahme des herrlich doofen „Speed“, alias „Der Bus, der nicht langsamer werden durfte“, hatte er zuvor eher in romantischen Komödien geglänzt oder irrte als verpeilter Ted an der Seite seines Kumpels Bill „durch die Zeit“.

Als er sich 1999 jedoch für Morpheus‘ rote Pille entschied, der künstlichen Welt der Maschinen den Rücken kehrte und so herausfand, „wie tief das Kaninchenloch reicht“, änderte sich das schlagartig. Allen voran die brachiale Ein-Mann-Armee namens „John Wick“, als die Reeves bald schon zum dritten Mal über die Leinwand rollt, zeigt das eindrucksvoll.

Die Fortsetzungen, deren Namen nicht genannt werden dürfen

Höher, schneller, weiter – wirrer. So lassen sich die beiden Fortsetzungen von „Matrix“ zusammenfassen. Den Auftakt machte 2003 „Matrix: Reloaded“, nur ein halbes Jahr später folgte mit „Matrix: Revolutions“ schon der Abschluss der Trilogie. Doch im Gegensatz zu Teil eins, das genau richtige Mass fand, übertrieben es die Sequels mit gezwungen wirkenden Twists und pseudoreligiösen Einschlägen. Zudem erdrückte das Visuelle zunehmend das Erzählerische.

Wer sich auch heute noch mit Neo, Trinity und Morpheus gegen Agent Smith auflehnen will, der sollte dementsprechend nur einmal dem weissen Kaninchen folgen. So wie es 1999 unzählige Kinogänger taten.

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