Wincent Weiss: «Ich hatte Panik, vor Leuten zu singen»

Auf seinem Debutalbum „Irgendwas gegen die Stille“ beweist der junge Wincent Weiss, in welch grosser Vielfalt er sein Metier beherrscht.

Quelle: Universal Music / Sascha Wernicke

Auf seinem Debutalbum „Irgendwas gegen die Stille“ beweist der junge Wincent Weiss, in welch grosser Vielfalt er sein Metier beherrscht. Seine Songs kann man mühelos mit besonderen Momenten verbinden und zum Soundtrack des eigenen Lebens werden lassen. Das TREND MAGAZIN traf den smarten Senkrechtstarter zum Interview. 

Bereits mit seiner ersten Solo-Single „Regenbogen“ bewies Wincent Weiss, dass er ein Talent für deutsche Pop-Songs hat. Der grosse internationale Durchbruch gelang dem jungen Musiker allerdings 2016 mit der Single „Musik sein“. Seine Liebeshymne an die Musik entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten deutschen Songs des Jahres. Auch die nächste Single „Feuerwerk“ war ein grosser Erfolg und seine erste eigene Tour im Dezember des letzten Jahres war durchweg ausverkauft. Am 14. April erschien das vielfältige Debutalbum „Irgendwas gegen die Stille“. Die Stücke sind mal euphorisch, mal eher ruhig, doch immer wie kleine Momentaufnahmen des Lebens.

Du bist noch ziemlich jung. Hattest du je einen anderen Job vor der Musik?

Wincent Weiss: Ja, ich habe als Kellner in einem Restaurant angefangen und war anschliessend eineinhalb Jahre Filialleiter. Ich habe den Job aber sofort gekündigt, als ich meinen Plattenvertrag erhielt.

Wolltest du schon immer Musiker werden?

Weiss: Ich wollte das eigentlich so nebenbei machen. Musiker zu werden, war für mich so wie der Traum vom Spitzenfussball. Ich meine damit, ein Profifussballer zu werden, ist ja eigentlich fast unmöglich. Und genau das dachte ich bei der Musik auch immer. Aber ich bin natürlich unglaublich dankbar, dass es doch geklappt hat und ich mein Hobby zum Beruf machen konnte.

Ich habe gelesen, dass du dich mit deiner Musik besser ausdrücken kannst, als mit Worten. Ist das richtig?

Weiss: Ja, das ist so. Wenn ich neue Leute kennenlerne, dann bin ich eher schüchtern und zurückhaltend und gebe sehr wenig von mir persönlich preis. Wenn ich aber auf der Bühne stehe und singe, dann erzähl ich den Zuhörern sozusagen meine persönlichen Stories. So kann ich den Leuten genau das erzählen, was ich erzählen möchte und was ich sonst bei einer ersten Begegnung nie tun würde. Also ich würde zum Beispiel jetzt niemals zu einer fremden Person gehen und dieser etwas über meine kleine Schwester erzählen.

Apropos kleine Schwester. Ich habe gehört „Nur einen Herzschlag entfernt“ hast du für sie geschrieben?

Weiss: Ja, das stimmt. Es ist auch einer meiner Lieblingssongs auf dem Album und ich spiele ihn auch live am liebsten. Davor erzähle ich dann auch immer eine kleine Story von ihr. Meine Schwester ist jetzt dreizehn Jahre alt und es ist richtig schön, dass man so eine Verbindung durch den Song hat.

Das Wort „Herz“ taucht auf dem Album gleich in drei Songtiteln auf. Würdest du sagen, dass du ein Herzensmensch bist?

Weiss: Ähm.. (lacht). Also ich denke, dass ich ein sehr herzlicher Mensch bin. Aber das war alles eigentlich ganz ungewollt. Wir haben 35 Songs für das Album geschrieben und da waren drei dabei, die das Wort „Herz“ im Titel beinhalteten. Und dass wir dann von diesen 35 wirklich genau die drei ausgewählt haben mit dem Wort „Herz“ im Titel, war eigentlich ein reiner Zufall und eher ungewollt. Ich weiss, es scheint auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen komisch, aber mein Gott, ich finde es jetzt nicht so schlimm (grinst).

TREND-MAGAZIN-Redakteurin Corinne Kirchhofer traf Wincent Weiss während dem „Radio Argovia Fäscht“ zum Interview.

Wie entsteht denn ein typischer Song von Wincent Weiss, also von der Inspiration bis zum fertigen Stück?

Weiss: Das war bis jetzt eigentlich immer unterschiedlich. Es war ja das erste Album, an dem ich arbeiten durfte. Von daher gab es auch verschiedene Prozesse beim Songschreiben. Wir haben einige Songs im Taxi geschrieben, andere Ideen kamen zum Beispiel in der Bahn, die wir dann im Studio umgesetzt haben. Die meisten Songs allerdings sind wirklich im Studio entstanden, wo wir uns hingesetzt, Ideen gesammelt und mit den Instrumenten ausprobiert haben. Und ja, manchmal haben wir einen Song in einem Tag fertig geschrieben, manchmal hat es aber auch zwei Wochen gedauert. Es ist grundsätzlich immer sehr unterschiedlich, wie lange es für die Entstehung eines Songs braucht. Diejenigen, die schnell gehen, sind meistens die Besten, weil das Resultat dann nicht so „verkopft“ ist (lacht). Grundsätzlich gilt aber, wenn es einem leichtfällt, das auszudrücken, was man sagen will, dann ist es meistens auch ein guter Song.

Für das Argovia Fäscht sind rund 40‘000 Tickets verkauft worden. Du hast aber auch schon vor einem kleineren Publikum, wie zum Beispiel bei „Private Sessions“, gespielt. Was gefällt dir persönlich besser?

Weiss: Boah, das ist schwierig zu sagen (überlegt). Die grossen Bühnen und so viele Leute erreichen zu können, ist natürlich was ganz geiles. Aber wenn ich jetzt zum Beispiel im Publikum stehen würde, dann würde ich mir persönlich wünschen, dass der Künstler eher so ein bisschen privater, also mehr für mich da wäre. Und deshalb gefallen mir die kleineren Konzerte auch super gut. Ich mische mich dann auch immer unter das Publikum und kann auch mit allen sprechen und mir alle genau anschauen. Das ist natürlich bei 40’000 Leuten ein bisschen schwieriger. Aber schlussendlich hat alles seine Vor- und Nachteile. Aber all diese Festivals zurzeit – es ist ja das erste Jahr, dass ich das machen kann – sind voll geil.

Ja, auch die ganze Energie, die während einem Festivalkonzert durch das Publikum entsteht, nicht?

Weiss: Ja genau, das ist echt was ganz anderes. Also bei meinen Konzerten sind immer so ungefähr 4’000 Leute im Publikum, was ich finde, auch schon riesig ist (lacht). Aber ja, 40’000 haben dann nochmal eine ganz andere Tongewalt.

Was würdest du sagen, wieso sollte man dich live sehen?

Weiss: Gute Frage. Ich glaube man kann nicht erwarten, dass wenn man zu einem Livekonzert geht, dass man genau das zu hören bekommt, was man zuvor auch schon auf der Platte gehört hat. Wir spielen live sehr viel freier und es ist instrumentalisierter, also nicht so viel mit elektronischen Elementen durchzogen. Wir lassen uns auch immer kleine Gags einfachen oder machen sonst etwas Besonderes. Es wird schlussendlich einfach immer ein wunderschöner Abend, der sehr viel Spass macht. Das sollte einfach jeder mal gesehen haben (lacht).

Du bist ja nicht zum ersten Mal in der Schweiz, richtig?

Weiss: Stimmt. Im März hatte ich bereits eine Tour durch die Schweiz. Ich war in St. Gallen und in Zürich. Und ich werden dann auch während meiner November-Tour wieder hier sein. Dann aber in ziemlich grossen Hallen. Mal schauen, ob das was wird – es sind echt riesige Hallen.

Gefällt es dir in der Schweiz?

Weiss: Auf jeden Fall, ja. Ich habe erst heute erneut gesagt, als wir hier angekommen sind, dass in der Schweiz immer alles so „vorausgescheckt“ ist. Die Backstage-Bereiche sind extrem gross, es gibt viel zu Essen und Trinken und es gibt sogar Duschen. Es ist alles so… geordnet würde ich sagen und ähm…

Schweizerisch (scherzend)?

Weiss: Ja, genau! Alles läuft nach Plan und alles ist da. Das ist echt cool. Das ist in Deutschland häufig leider nicht so. Wir haben schon gesagt, dass wir am liebsten immer in der Schweiz spielen würden. Deshalb haben wir auch bei der kommenden Tour viele Konzerte inklusive Promo in der Schweiz eingeplant. Wohnen ist hier ja leider ein bisschen teuer, deswegen wind wir noch nicht hierhergezogen, aber vielleicht kommt das dann auch noch irgendwann (grinst). Auf jeden Fall hat auch die Band schon angedeutet, dass sie sich alle vorstellen könnten, hier in der Schweiz zu leben. Also… wenn sie es sich dann leisten können.

Findest du das Schweizer Publikum ist anders als das Deutsche?

Weiss: Ähm… puh. Also Vergleichsmöglichkeiten habe ich bis jetzt ja nur von meiner ersten Tour. Also so genau weiss ich das noch nicht. Aber bei der Tour war es überraschend laut. Wir dachten, dass die Songs vorwiegend in Deutschland bekannt sind und in der Schweiz noch eher weniger. Aber ich habe jetzt mitbekommen, dass die Songs auch hier ganz oft im Radio gespielt werden. Das Schweizer Publikum hatte auf jeden Fall so laut mitgesungen, dass ich durch meine Kopfhörer fast nichts mehr gehört habe (lacht).

Es gibt eben dieses Klischee, dass das Schweizer Publikum ein bisschen verklemmt sei. Davon hast du also nichts gemerkt?

Weiss: Echt (überrascht)? Also es gibt schon auch Städte in Deutschland, wo die Leute sehr ruhig sind. Da braucht es dann eine gefühlte Ewigkeit, um die mal ein bisschen anzuheizen. Aber in Schweiz hatte ich das Gefühl überhaupt nicht.

Wenn wir gerade beim Thema Tour und Konzerte sind: Was machst du eigentlich zwischen den Gigs um mal bisschen abzuschalten oder wieder Energie zu tanken?

Weiss: Bei der letzten Tour haben wir uns eigentlich vorgenommen, regelmässig Sport zu treiben. Schlussendlich haben wir es dann aber genau einmal geschafft. Und einmal bin ich dazu gekommen, Skateboard zu fahren, was schon seit fast dreizehn Jahre mein Hobby ist. Man hat leider einfach nicht so viel Zeit zwischendurch.

Und kannst du heute von deiner Musik leben?

Weiss: Ja. Die Plattenfirma gibt einem am Anfang halt auch sehr viel Unterstützung, wie zum Beispiel eine Vorschusszahlung, sobald man den Vertrag unterschrieben hat. Damit kann man so ein oder zwei Jahre überleben. Danach muss man aber schauen, ob es für ein zweites Album reicht und ob man den Vertrag verlängert oder nicht. Da ich jetzt mein erstes Album fertig habe, stehe ich nun vor dieser Entscheidung und es wird sich zeigen, ob meine Plattenfirma noch ein zweites Album machen will oder nicht. Ich hoffe natürlich schon…

Was war bis jetzt die grösste Hürde für dich?

Weiss: Also am Anfang war die grösste Hürde für mich live zu spielen. Ich hatte immer richtig viel Panik, vor Leuten zu singen, weil ich das überhaupt nicht konnte. Auch vor Freunden oder vor meinen Eltern konnte ich nie live performen. Deswegen war ich bei den ersten Auftritten auch immer betrunken. Also wirklich schon ziemlich besoffen, so dass ich schon fast gelallt habe auf der Bühne. Das war total scheisse. Aber ich hätte mich sonst nicht getraut auf die Bühne zu gehen. Das war echt ganz schlimm. Mittlerweile ist das aber kein Thema mehr und ich freue mich immer darauf, auf die Bühne zu gehen (lacht). Aber ja, das Livespielen war die grösste Hürde, die ich persönlich meistern musste.

Und zum Schluss noch: Was wären drei Orte, an denen du gerne mal spielen würdest?

Weiss: Wenn es nicht zwingend realistisch sein muss, dann… Rock am Ring, da würde ich gern mal spielen. Ist aber unrealistisch, weil ich die falsche Art von Musik mache. Ähm… Tomorrowland, das wäre geil, aber auch unrealistisch und… was ist denn noch geil? All die grossen Festivals… gut, es muss ja nicht unbedingt ein Festival sein. Irgendwo in der Karibik, irgendwo wo es warm ist. Am Strand, mitten im Sand, das wäre cool. Wenn man die Band mitten im Sand aufbaut und dann am Strand ein Konzert gibt.

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