Josefine Preuss: «Jeder kann zum Täter werden»

In „Schuld nach Ferdinand von Schirach“ wird Josefine Preuss zur Mörderin. Im Interview erzählt sie, warum die Rolle sie zum Weinen brachte.

Was macht man, wenn der eigene Bruder einen Unfall hat – und danach nicht mehr derselbe ist? Um diese schwierige Frage geht es in der Folge „Das Cello“ der ZDF-Serie „Schuld nach Ferdinand von Schirach“, die am Freitag um 21:15 Uhr ausgestrahlt wird. Josefine Preuss (31, „Türkisch für Anfänger“) verriet im Interview, wie schwer ihr die Rolle gefallen ist, wie sie mit Nacktszenen umgeht und, ob jeder zum Mörder werden kann.

Ihre Rolle Teresa Tackler gibt sich selbst komplett auf, um ihren kranken Bruder Leonhard zu pflegen. Sie haben selbst eine Schwester – könnten Sie sich vorstellen das Gleiche für sie zu tun?

Josefine Preuss: Diese Frage will ich mir eigentlich gar nicht stellen. Meine Schwester ist nur drei Jahre älter und kerngesund, ich will mir gar nicht ausmalen, was wäre wenn. Aber natürlich steht die Familie für mich über allem. Egal wo ich auf der Welt bin, ich wäre innerhalb 24 Stunden immer da.

Die Geschichte von „Das Cello“ geht einem sehr nahe, beschäftigt einen auch nach dem Film. Konnten Sie das nach dem Dreh beiseitelegen oder nehmen Sie so etwas mit nach Hause?

Preuss: Bei andern Projekten kann ich das super ablegen. Aber bei diesem Film hatte ich an einigen Tagen tatsächlich ein bisschen damit zu kämpfen. Es nimmt einen mit. Gerade die Anfangsszene, in der Teresa ihren Bruder umbringt hat mich sehr übermannt. Danach musste ich erst einmal fünf Minuten weinen und mich umarmen lassen. Da habe ich kurz die Kontrolle verloren.

Sind die intensiven Geschichten das Erfolgsgeheimnis hinter „Schuld“?

Preuss: Ja, die Geschichten mit unglaublichen Charakteren, ausserdem ist es qualitativ sehr wertvoll gefilmt. Es nimmt aber vor allem mit, weil es nach wahren Begebenheiten ist. So etwas kann man sich gar nicht ausdenken. Das Leben ist noch viel krasser. Man kann sich gar nicht ausmalen, was es für dunkle Seelen in dieser Welt gibt.

Nach dem Unfall von Leonhard gibt es auch eine verstörende sexuelle Verbindung zwischen den Geschwistern und einige Nacktszenen. Kostet es Sie Überwindung, sich am Set auszuziehen?

Preuss: Daran gewöhnt man sich nie. Man hat keinen Schutz, keine Maske, sondern ist hilflos ausgeliefert. Weil ich das Drehbuch kenne, weiss ich aber auf was ich mich einlasse. Ausserdem war der Umgang am Set höchst professionell. In dieser Geschichte sind die Nacktszenen einfach ein wichtiger Aspekt. Und im Endeffekt sieht man ja nichts, ausser einen nackten Po.

Ihre Figur kann höchstens beim Musizieren abschalten und selbst das wird ihr im Laufe der Geschichte genommen. Wie entspannen Sie privat am besten?

Preuss: In einer gemütlichen Runde mit meinen Freunden mit einem schönen Wein und gutem Essen – das ist für mich Entspannung pur.

Glauben Sie, dass jeder zum Mörder werden kann?

Preuss: Ja, ich lege meine Hand ins Feuer: Jeder kann zum Täter werden. Es muss ja nicht gleich ein Mord sein. Wir sind Menschen voller Emotionen, sowohl die negativen als auch die positiven. Wir werden wütend, zornig, haben Rachegefühle und auch mal böse Gedanken.

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