Harald Krassnitzer: So erklärt er sich Europas Rechtspopulismus

Harald Krassnitzer ist Österreicher, lebt aber schon seit vielen Jahren in Deutschland. In beiden Ländern sind rechtspopulistische Parteien auf dem Vormarsch. Ob sich sein Verhältnis zum Heimatland mit den politischen Entwicklungen dort verändert, erklärt der Schauspieler im Interview.

In „St. Josef am Berg“ spielt Harald Krassnitzer (57, „Drama am Gipfel“) den mit allen Wassern gewaschenen Joseph, der als Hotelier und Bürgermeister seiner Gemeinde knallhart seine Interessen durchsetzt. Im ersten Teil „Berge auf Probe“ (am Freitag, den 15.2. um 20:15 Uhr im ZDF, zweiter Teil „Stürmische Zeiten“ am 23.2.) zieht seine norddeutsche Schwiegertochter (Paula Kalenberg) in die Alpenidylle und entpuppt sich, allem Culture-Clash zum Trotz, als ebenbürtige Gegenspielerin.

Sich in einer unbekannten Region einleben zu müssen, das kennt der österreichische Schauspieler nur zu gut. Im Interview spricht Krassnitzer über das Fremdeln, Fernweh und Heimatgefühle – und ob diese von aktuellen politischen Entwicklungen beeinflusst werden.

In „St. Josef am Berg“ müssen sich Deutsche auf dem österreichischen Land eingewöhnen. Sie leben als Österreicher schon seit vielen Jahren in Wuppertal. Wie lange haben Sie gebraucht, um sich dort einzuleben?

Harald Krassnitzer: Ich habe es insofern leichter, da es in meinem Beruf etwas Immanentes ist, laufend an neue Orte zu kommen. So etwas wie eine fremdelnde Art, wie man in Österreich sagen würde, habe ich nicht. Ein Grossteil meines Lebens hat darin bestanden, entweder umzuziehen oder an einen neuen Ort zu kommen und dort einen Monat oder ein halbes Jahr zu verbringen. Ich kann das Gefühl zwar nachvollziehen, an einem unbekannten Ort erstmal zu fremdeln, aber für mich war das eigentlich immer Abenteuer und meistens mit grosser Neugier verbunden und nicht mit Heimweh. Bei mir gibt es eher Fernweh.

Wo zieht es Sie denn als nächstes hin?

Krassnitzer: Ich habe die Sehnsucht, mal die Seidenstrasse zu bereisen, eine grössere Tour durch Afrika zu machen, oder eine grössere Tour durch Russland rüber bis Wladiwostok. Die eine Tour von Peking nach Moskau habe ich bereits mit der Transit gemacht, aber ich fände es super, mit dem Auto nochmal die andere Tour abzufahren. Auch in Europa gibt es noch viele Flecken, die mir unbekannt sind und die ich gerne sehen würde.

Vermutlich ist die neue Regierung in Österreich, bestehend aus FPÖ und ÖVP, bei Ihnen nicht auf viel Gegenliebe gestossen. Beeinflusst das Ihr Verhältnis zu Ihrer Heimat?

Krassnitzer: Nein, überhaupt nicht. Auch da habe ich aus Ereignissen, die wir 2000 mit Wolfgang Schüssel und Jörg Haider schon einmal erlebt haben, wahnsinnig viel gelernt. Erstens, dass in Österreich nie so heiss gegessen wird, wie es gekocht wurde. Zweitens haben sich viele dieser politischen Ideen oder Zielsetzungen relativ schnell komplett verändert.

Europa haben Sie im Gespräch mit uns vor ein paar Jahren mal als „geiles Projekt“ bezeichnet. Sehen Sie dieses Projekt in Zeiten, in denen viele europäische Länder sich einen grossen Schritt nach rechts bewegen, in Gefahr?

Krassnitzer: Nein. Das sind alles partielle historische Ereignisse, die eine gewisse Nachvollziehbarkeit haben. Vieles, was wir als europäisches Projekt betrachten, hat eher mit dem globalen Projekt zu tun, und alles, was wir hier zu bewältigen haben – Klimawandel, Globalisierung, Flüchtlingsproblematik, wie wir mit Afrika umgehen – all das ist etwas, das durchaus zu schaffen ist. Ich sehe das eher als ein Stolpern, und ich finde es spannend, dass man diese Diskussion kontrovers führt.

Wie erklären Sie sich denn dieses Stolpern?

Krassnitzer: Dass sich eher konservative oder eben auch rechtspopulistische Parteien durchsetzen, sehe ich als Reflex darauf, dass die Welt sich abstrakter darstellt und für viele Menschen nicht nachvollziehbar ist. Insofern brauchen die Menschen etwas, das sie verstehen und an dem sie wirklich teilhaben können. Und wenn wir sehen, dass in der Regel gerade die Visegrád-Staaten eher eine rechtslastige Tendenz haben, dann muss man das aus ihrer Historie und ihrer Identitätsfrage heraus betrachten. Das sind junge Demokratien, die erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entstanden und in einer unglaublichen Geschwindigkeit in das Herz Europas gewachsen sind. Und vieles, was wir dort als Europa vorfinden, würde uns die Ohren schlackern lassen. Uns um diese kulturellen Gefälle zu kümmern, ist eine Aufgabe, die wir in diesem Jahrhundert ganz massgeblich angehen müssen.

Nochmal zurück zum Film, in dem auch ein Bär zu sehen ist. Wie nahe sind Sie dem gekommen?

Krassnitzer: Im Grunde gar nicht, weil aus dem kein Streicheltier für die Schauspieler gemacht wurde. Das war, glaube ich, ein pensionierter Zirkusbär, der aber durchaus seine Gefährlichkeit hat. Er hat sich in seinem Bereich immer relativ grossräumig bewegt, und die Kamera hat sich eher wie bei einem Dokumentarfilm verhalten. Wir waren nie zusammen mit dem Bären im Bild und wurden beim Dreh möglichst ferngehalten – es ist nicht jeder hingelaufen und hat ihn mit Zuckerstücken gefüttert. Ich fand wirklich toll, wie das gehandhabt wurde.

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