Birgit Schrowange: «Ich muss nicht mit 65 noch vor der Kamera stehen»

„Ich bin jetzt Seniorin“, lacht Birgit Schrowange im Interview. Die Moderatorin wird am Samstag 60 Jahre alt und scheint damit keinerlei Problem zu haben.

Kaum eine Frau ist schon so lange erfolgreich im Fernsehgeschäft wie Birgit Schrowange (59, „Es darf gern ein bisschen mehr sein“). Daran ändern auch ihre grauen Haare nichts, mit denen sie im vergangenen Jahr alle überrascht hat. Die Moderatorin trotzt dem Jugendwahn und macht damit vielen anderen Frauen Mut. Am 7. April feiert Schrowange nun ihren 60. Geburtstag. Mit der Redaktion sprach die Neu-„Seniorin“ übers Älterwerden, ihre Pläne für den Ruhestand und ihre neue Liebe.

Wie geht es Ihnen so kurz vor Ihrem 60. Geburtstag?

Birgit Schrowange: Na, ich bin jetzt Seniorin (lacht). Ich sage immer: 60 ist das neue 40. Wenn man wie ich gesund ist, keine finanziellen Sorgen hat, und auch noch mitten im Beruf steht, ist das eigentlich toll. Aber natürlich ist es nicht schön, älter zu werden. Ich musste meinem Sohn immer versprechen, 100 zu werden. Trotzdem bleibt jetzt nur noch so eine kurze Strecke übrig. Es ist schon manchmal gruselig, wie schnell die Zeit vergeht. In der Rush Hour des Lebens zwischen 30 und 50 ist man sehr beschäftigt mit Kinder aufziehen und Karriere machen. Jetzt fährt man die Ernte ein. Mein Sohn ist mittlerweile gross und wird dieses Jahr 18 Jahre alt. Man hat mehr Zeit, man weiss, wo man steht und ist selbstbewusster. Ich möchte heute keine 20 oder 30 mehr sein.

Wie werden Sie Ihren Ehrentag feiern?

Schrowange: Früher habe ich meine runden Geburtstage immer sehr gross gefeiert. Da habe ich dieses Mal irgendwie nicht so die Lust dazu. Ich gebe eine Party mit ungefähr 50 bis 60 Leuten auf Mallorca – das ist jetzt auch nicht gerade klein. Aber ich feiere mit allen, die mich lange in meinem Leben begleitet haben. Neben meinen Eltern und meinem Sohn kommen zum Beispiel auch zwei Schulfreundinnen von früher. Ich freue mich schon sehr.

Was geht Ihnen heute durch den Kopf, wenn Sie alte Bilder aus Ihrer Zeit als Programmansagerin im ZDF sehen?

Schrowange: Wenn ich die alten Bilder sehe, denke ich sofort, ich sehe aus wie Joan Collins für Arme. Diese Riesen-Schulterpolster und hochtoupierten Haare! Aber so war damals die Mode. Man wurde wahnsinnig dick geschminkt. Ich bin heimlich immer auf die Toilette gegangen, und habe mir ein bisschen was abgemacht.

Wäre es nicht schön, wenn es heute noch Programmansagerinnen geben würde?

Schrowange: Ja, vor allem für ältere Leute. Meine Eltern sind 84 und 85 Jahre alt. Diese Trailer mit schnellem Bildwechsel, das bekommen die beiden gar nicht mehr mit. Es wäre schön, wenn es wieder eine Verbindung zwischen dem Wohnzimmer und dem Programm geben würde. Es sind ja gerade die älteren Menschen, die heute überhaupt noch fernsehen. Die Jüngeren streamen doch nur noch. Familienfernsehen, wie wir es früher kannten, gibt es heute nicht mehr.

Mit 60 rückt auch die Rente immer näher. Haben Sie sich schon einen Plan gemacht, wann Sie Ihren Job an den Nagel hängen wollen?

Schrowange: Ich glaube, ich würde immer ein bisschen was arbeiten wollen. Wer rastet, der rostet. Ich habe gerade für zwei Jahre meinen Vertrag verlängert und lasse alles auf mich zukommen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass ich vielleicht in zwei, drei Jahren sage: „Das war’s jetzt“. Ich muss nicht bis 65 oder 70 vor der Kamera stehen. Auch wenn ich von RTL noch nie gehört habe, dass ich zu alt bin. Da sind die Privatsender glücklicherweise anders drauf als die Öffentlich-Rechtlichen, die ältere Moderatoren gerne durch jüngere ersetzen. Der Jugendwahn war bei RTL noch nie ein Thema. Meine Kollegin Ulrike von der Groeben ist 61, Frauke Ludowig, Katja Burkard, Ilka Essmüller alle Mitte 50. Nächstes Jahr feiere ich mein 25-Jähriges bei RTL. Wer hätte das damals gedacht?

Auch privat läuft es bei Ihnen bestens. Sie sind frisch verliebt und führen eine Fernbeziehung. Könnten Sie sich vorstellen, zu Ihrem Partner nach Zürich zu ziehen?

Schrowange: Mein Partner wohnt in Lachen, das ist in der Nähe von Zürich. Grundsätzlich kann ich mir alles vorstellen. Die Schweiz ist ein wunderschönes Land. Ich könnte mir aber auch vorstellen, zwischen Mallorca und Zürich zu pendeln.

Viele Frauen jenseits der 50 haben die Hoffnung auf einen neuen Partner längst aufgegeben, was raten Sie diesen?

Schrowange: Es ist wirklich schwierig, den passenden Partner zu finden. Die Guten sind meistens vergeben. Auch ich war viele Jahre Single. Ich hatte einfach Glück. Wir haben uns getroffen und verliebt. Man sollte einfach nie die Hoffnung aufgeben und versuchen, positiv durchs Leben zu gehen. Natürlich ist es auch wichtig, aktiv zu bleiben. Vor dem Fernseher läuft einem der Richtige nicht über den Weg.

Für Aufsehen sorgten im vergangenen Jahr vor allem Ihre grauen Haare, die Sie viele Monate lang unter einer Perücke versteckt hatten. Vermissen Sie manchmal Ihre braune Haarpracht?

Schrowange: Nein, ich liebe meine grauen Haare. Ich habe diesen ganzen Hokuspokus nicht veranstaltet, um meine Haare wieder zu färben. Ich habe so viel an Lebensqualität gewonnen. Ich muss mir keine Gedanken mehr übers Färben machen. Ausserdem finde ich, dass mir die grauen Haare gut stehen und mich nicht älter machen.

Sie verkörpern dadurch sehr viel Natürlichkeit. Schönheits-Operationen scheinen in Ihrem Leben noch nie eine Rolle gespielt zu haben?

Schrowange: Nein, man kann das Alter nicht aufhalten. Ich verurteile Schönheits-Operationen nicht, aber ich denke, dass Natürlichkeit immer der bessere Weg ist. Das heisst nicht, dass ich nicht eitel bin. Ich mache Sport, ziehe die Bremse, wenn ich ein paar Kilos zu viel habe. Ich gehe regelmässig zur Kosmetikerin und lasse dort ab und zu ein Fruchtsäurepeeling oder eine Mikrodermabrasionsbehandlung machen. Ich schminke mich gerne und kleide mich modern. Ich achte auf mich und fühle mich rundum wohl in meiner Haut. Wenn ich in den Spiegel schaue, dann sehe ich nur die guten Dinge. Jede Frau hat ihre Problemstellen, na und? Man darf sich nicht dem Druck, den heute vor allem die sozialen Medien ausüben, beugen. Diese ganzen Bilder, die auf Instagram und Co zu finden sind, sind doch alle bearbeitet. Glücklicherweise zeichnet sich auch hier langsam ein Trend zurück zur Natürlichkeit ab.

Vorheriger ArtikelSkandal um Pornostar: Donald Trump bricht sein Schweigen
Nächster ArtikelCarsten Maschmeyer: Der Gewinner des Twitter-Bashings steht fest