Altes Auto, altes Handy, keine Uhr: So lebt Dirk Rossmann

Der Titel der Autobiografie von Dirk Rossmann lautet: „… dann bin ich auf den Baum geklettert!“. Der Unternehmer gehört zu den 50 reichsten Deutschen. Im Interview verrät er, warum er trotzdem ein altes Handy und ein altes Auto besitzt.

Er gehört zu den bekanntesten deutschen Unternehmern: In seinem Buch „… dann bin ich auf den Baum geklettert!“ beschreibt Dirk Rossmann (72) zusammen mit den Autoren Peter Käfferlein und Olaf Köhne, wie er das Drogeriegeschäft revolutioniert hat, welche Erfolge und Krisen es in seinem Leben gab und was ihm heute wichtig ist. Im Interview spricht er über Geld und Freundschaften.

Titelgebend für Ihr Buch war Ihr Protest gegen den Grundwehrdienst bei der Bundeswehr. Vor der Kaserne sind Sie auf eine Eiche geklettert und dort stundenlang geblieben. Am Ende führte die Aktion tatsächlich zu Ihrer Entlassung.

Dirk Rossmann: Ich war damals sehr stolz auf mich. Ich hatte kein Geld und keine Lebenserfahrung und daher unendlich viele Ängste. Ich wollte aber nicht klein beigeben. Es hätte mir nichts genützt, zwei Jahre zu prozessieren und hinterher Recht zu bekommen, wenn ich vorher eineinhalb Jahre bei der Bundeswehr war. Ich ernährte damals unsere Familie, die Grosseltern, meine Mutter und mein Bruder, der studierte, waren von mir abhängig. Daher war es für mich klar, dass ich nicht zur Bundeswehr musste.

Sie beschreiben sich selbst als Kämpfernatur. Was würden Sie als den grössten Kampf in Ihrem Leben bezeichnen?

Rossmann: Den grössten Kampf habe ich in den 90er Jahren bestritten. Wir sind damals stark expandiert, hatten viele Bankschulden, ich spekulierte an der Börse. Meine innere Ruhe blieb dabei auf der Strecke, ich wurde nervös. Auch ein guter Chef war ich nicht. In dieser Zeit habe ich nur wenig geschlafen. Am Ende erlitt ich einen Herzinfarkt. Das war eine furchtbare Zeit. Im Jahr 2013 bekam ich den Preis für das wachstumsstärkste Unternehmen in Deutschland. 16 Jahre in Folge hatte ich einen zweistelligen Umsatzzuwachs und Ertragszuwachs. Wenn ich dieses 2013 mit dem 1996 vergleiche, sind das zwei völlig unterschiedliche Welten. Aus diesem Tal rauszukommen, hat meinem Selbstbewusstsein einen deutlichen Kick gegeben.

Was haben Sie geändert, nachdem Sie 1996 den Herzinfarkt hatten?

Rossmann: Mit den Aktiengeschäften habe ich erst mal aufgehört. Auch die Prozesse mit der Parfümindustrie, die damals liefen, wurden eingestellt. Alles, was nicht unbedingt nötig war, habe ich auf Null gestellt und mich auf die Drogeriemärkte konzentriert. Durch den Stent, den ich eingesetzt bekommen habe, wurde mein Herz wieder besser durchblutet, ich wurde ruhiger, konzentrierter, war nicht immer gleich von 0 auf 100. Um mich herum hatte ich eine tolle Familie und Mitarbeiter – der Geist im Unternehmen war nie schlecht, das Unternehmen war einfach überdreht. Wir haben uns dann auf unsere Stärken besonnen und da begann der grosse Aufstieg.

Sie seien früher ein Stück weit geltungssüchtig gewesen, schreiben Sie. Wie hat sich das bemerkbar gemacht?

Rossmann: Ich habe mich selbst belogen. Am Anfang dachte ich, es ist gut, in den Medien zu sein, um meine Firma berühmter zu machen. In Wahrheit war ich wohl nur ein bisschen geltungssüchtig: Da war der vergleichsweise kleine Mann mit frühem Haarausfall und schlechter Bildung, der sich selbst und den anderen zeigen wollte: Ich bin auch ein Kerl. Mir fehlte das Selbstbewusstsein.

Trotz Ihrer schlechten Schulbildung haben Sie sich nicht nur früh mit Schopenhauer und anderen Philosophen auseinandergesetzt, sondern auch mit Psychologie. Sie haben eine Therapie gemacht und meditiert. Spielt Meditation heute noch eine Rolle in Ihrem Leben?

Rossmann: Unbedingt! Eine Gesprächstherapie in Verbindung mit Meditation ist sicher eine der wirkungsvollsten Methoden überhaupt. Das belegen auch US-Studien. Wenn man kontinuierlich meditiert, wird man innerlich ruhig. Eine Gesprächstherapie ist wie ein Selbstklärungsprozess. Das passt sehr gut zusammen.

Sie entspannen aber auch beim Wandern. Begleitet werden Sie dabei unter anderem von Martin Kind, mit dem Sie eine tiefe Freundschaft verbindet. Gerade waren Sie auch auf der Hochzeit von Gerhard Schröder, mit dem Sie Tennis spielen. Wie viel Zeit investieren Sie in diese Männer-Freundschaften?

Rossmann: Gerade eben habe ich mich zum Skat mit Martin Kind und Christian Pfeiffer, dem Kriminologen, verabredet. Meine Frau hat viel Verständnis. Ich habe heute frei bekommen. Mir ist es einfach wichtig, Spass zu haben und in guter Gesellschaft zu sein – sei es mit meiner lieben Frau oder meinen Freunden.

Mit dm-Gründer Götz Werner standen Sie einerseits in Konkurrenz, andererseits sind Sie zusammen in den Urlaub gefahren. Auch mit Anton Schlecker haben Sie sich privat getroffen. Wie ist heute Ihr Verhältnis zu den beiden?

Rossmann: Mit Götz Werner habe ich über zehn Jahre zusammen eingekauft, es gab also auch eine wirtschaftliche Verbindung in den 90er Jahren. Mittlerweile sehe ich ihn selten. Es gibt aber überhaupt kein böses Blut zwischen uns. Anton Schlecker rief früher an, wenn er in Norddeutschland war. Heute gibt es keinen Kontakt mehr zu ihm. Das liegt allerdings nicht an mir. Nach der Insolvenz hat er sich vollständig zurückgezogen. Ich habe ihm noch ein-, zweimal geschrieben, Antwort kam nur von seiner Tochter. Diesen Rückzug muss man aber auch respektieren. Die Insolvenz war ein so grosser Einschnitt in seinem Leben.

Ihr Auto ist mehrere Jahre alt, Sie haben ein altes Handy und keinen Laptop, verraten Sie im Buch. Auch Mode spielt für Sie keine Rolle. Wie würden Sie Ihren Lebensstil beschreiben?

Rossmann: Mein Handy ist tatsächlich sehr alt, ich habe auch noch nie eine SMS geschrieben. Ich bin aber nicht geizig. Ich schlafe gerne in guten Hotels, brauche allerdings nicht die grösste Suite. Auf Reisen gönne ich mir Luxus. Eine Uhr dagegen besitze ich nicht, materielle Dinge bedeuten mir nicht viel. Ich kaufe 30 Bücher im Jahr und habe Spass beim Tennis, Skat und Schach spielen oder Fussball schauen. Ich mache gerne Dinge mit Menschen zusammen.

Was bedeutet Ihnen Geld?

Rossmann: Es gibt mehrere Voraussetzungen, damit der Mensch zufrieden ist. Das Wichtigste sind soziale Beziehungen, dann natürlich Gesundheit und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, Geld ist nicht wichtig. Es geht nicht darum, sich alles kaufen zu können. Ich kaufe mir relativ wenig. Aber das Wissen, materiell abgesichert zu sein, ist auch eine Qualität.

Ihre Söhne arbeiten bei Ihnen im Unternehmen. Was geben Sie an diese in Sachen Führungsstärke weiter?

Rossmann: Ein guter Chef ist vor allem ehrlich. Das Wichtigste im Leben ist Vertrauen zwischen Menschen und die Grundlage dafür ist Ehrlichkeit.

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