Mehr als nur Fernweh: Wann wird die Sucht nach Urlaub zum Problem?

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Für viele Menschen ist Urlaub nicht nur Zeit für Entspannung, sondern wahrlich eine Flucht aus der Realität. Wann wird ausgeprägtes Fernweh zum Problem? Eine Psychologin klärt auf.

Klar, auf den nächsten Urlaub, die nächste Reise oder das Wochenende fiebern die meisten Menschen hin. Doch für manche ist Urlaub in einer immer hektischer werdenden Welt quasi zum einzigen Zufluchtsort geworden, an dem sie dem Alltag entfliehen und Stress abbauen können. Kaum zu Hause angekommen, wird schon der nächste Flug gebucht. Die Vorfreude dient als einziger Anker oder Lichtblick im Alltag, in der Realität fühlt man sich quasi gar nicht mehr wohl. Nach dem Urlaub setzt dann ein richtiges Stimmungstief ein. Warum entfliehen wir so gerne dem Alltag? Und kann das auch zu einer echten Sucht werden?

„Die kurze Antwort ist: Ja, das ist möglich“, sagt der Sozialpsychologe Dr. Michael Brein gegenüber „Condé Nast Traveler“. Herauszufinden, woher eine Reisesucht kommt, sei aber kompliziert. Psychologin Dr. Hanne Horvath sieht einen Grund im ständigen Alltagsstress, dem viele Menschen ausgesetzt sind. „Die heutige Arbeitswelt ist geprägt von ständiger Erreichbarkeit, hohen Mobilitätsanforderungen und einem stetigen Vergleich mit anderen. Die damit verbundene Stressbelastung kann auf Dauer zu Erschöpfung, Schlafstörungen und Antriebslosigkeit führen“, erklärt sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. „Urlaub bietet uns die Chance, uns bewusst von den alltäglichen Belastungen zu lösen, Abstand und neue Perspektiven zu gewinnen.“

Wann ständiges Fernweh zum Problem wird

Aber wann sollte man sich ernsthaft Sorgen machen? Nur für den Urlaub oder die zwei Wochenendtage zu leben und sich zwischendurch elend zu fühlen, kann schliesslich nicht der Sinn des Lebens sein. „Es ist normal, dass wir immer mal wieder Stressphasen und Zeiten der Erschöpfung durchleben“, sagt Dr. Horvath. „Wichtig ist, dass solche Phasen vorübergehen und die Zeiten, in denen wir unseren Job gerne machen oder uns wohlfühlen, überwiegen.“ Halten ebenjene Phasen über einen längeren Zeitraum an, könnte das laut der Psychologin langfristig zu Erschöpfung oder Burn-out führen.

Wie sich „Urlaubsblues“ vermeiden lässt

Wer von einer Reise nach Hause kommt, braucht aber oft einige Tage, um wieder im Alltag anzukommen, manche verfallen geradezu in einen richtigen „Urlaubsblues“. Dr. Horvath rät, die Rückkehr aus dem Urlaub vorher richtig zu planen: „Besser nicht erst am Sonntagabend nach Hause kommen, wenn man am Montagmorgen wieder zur Arbeit muss. Ein oder zwei zusätzliche Tage zwischen Rückkehr und Arbeitsbeginn ermöglichen eine entspannte Phase, in der man auspacken, Wäsche waschen und sich auf die Arbeit vorbereiten kann.“ Zudem ist es hilfreich, vor dem Urlaub keine grossen To-dos liegenzulassen. „So vermeiden wir während unserer Auszeit ständige Gedanken über die anstehenden Aufgaben und können besser loslassen.“

Generell ist es laut Dr. Horvath aber auch wichtig, kleine Rituale in den Alltag einzubauen, die Stress reduzieren – und sich so quasi jeden Tag ein bisschen Urlaub bzw. Auszeit zu gönnen. Etwa alle vier Stunden solle man sich ein paar Minuten Zeit nehmen, um abzuschalten und zu entspannen. Eine einfache Atempause reiche aus. „Wer sich ganz bewusst diese kleinen Auszeiten gönnt, kann Stress reduzieren, zur Ruhe kommen und neue Energie tanken“, so die Psychologin.

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