Campino: «Wir erinnern eher an eine Sportmannschaft»

Der Kinofilm „Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour“ begleitet die Punkband bei ihren energetischen Auftritten. Wie das Tour-Leben sich verändert hat und was das Besondere an den Hosen-Fans ist, erzählt Frontmann Campino im Interview.

Seit den 1980er-Jahre sind Die Toten Hosen aus unserer Musiklandschaft nicht wegzudenken. Die Band rund um den Düsseldorfer Frontman Campino (56, „Tage wie diese“) liefert bis heute energiegeladene Shows ab, wie die Dokumentation „Weil du nur einmal lebst – Die Toten Hosen auf Tour“, die am 28. März in den Kinos startet, eindrucksvoll zeigt. Einen Tag später wird die Live-Qualität der Band auch noch mit der Veröffentlichung des Doppelalbums „Zuhause Live: Das Laune der Natour-Finale“ gehuldigt.

Die Bilder im Film lieferte Paul Dugdale, ein erfolgreicher Konzertregisseur, der auch schon die Rolling Stones begleitete. Cordula Kablitz-Post erzählt dazu in Interviews die Geschichte der erfolgreichen Band. Wie das Tour-Leben sich verändert hat, was das Besondere an den Hosen-Fans ist und wovon er noch träumt, erzählt Frontman Campino im Interview.

Wenn Sie sich an Ihre erste Tour erinnern, was fällt Ihnen dann ein?

Campino: Das war für uns Ausbruch aus unserem Alltag, Held sein für einen Abend, Spritgeld dafür zu bekommen, dass man in einer anderen Stadt vielleicht ein 45-Minuten-Set spielt. Danach ist das Publikum nie nach Hause gegangen, man hat die Nächte zusammen durchgefeiert. Es war ein riesiges Abenteuer.

Und wie ist es heute?

Campino: Heute ist die Tournee unser Leben und der Ausbruch findet dann zu Hause statt, wenn man mit der Band nicht gerade ein Projekt verfolgt. Wir sind eine sehr körperliche Band, versuchen, den Leuten ein hohes Mass an Energie zu geben und kriegen mindestens genauso viel zurück – darauf muss man sich vorbereiten. Wir haben einen Physiotherapeuten dabei und ziehen uns auch fünf Minuten bevor es auf die Bühne geht keine Schnitzel mehr rein. Da erinnern wir eher an eine Sportmannschaft während einer Saison, mit dem Unterschied, dass wir uns nicht auf die Ersatzbank setzen können, wenn wir verletzt sind, sondern das dann trotzdem durchstehen müssen.

Eine Tour endet. Herrscht bei den Toten Hosen dann erst mal Funkstille?

Campino: Es tut jedem gut, voneinander mal eine Pause zu machen, um das zu Ende gegangene Kapitel für sich Revue passieren zu lassen. Aber es ist nicht so, dass wir uns wahnsinnig auf die Nerven gehen und froh sind, uns nicht mehr zu sehen. Man spricht ein, zwei Tage nicht miteinander und ruft sich dann schon wieder an, um sich irgendeinen Blödsinn zu erzählen. Wenn man auf Tournee war und nach Hause kommt, ist es oft schwer, seinen Mitmenschen das Erlebte richtig rüberzubringen, weil sie es nicht nachvollziehen können oder es sie auch gar nicht interessiert. Die einzigen, die dich verstehen sind die, die mit dir unterwegs waren.

Die Kino-Doku verdeutlicht auch die Treue Ihrer Fans. Einer von ihnen war zum ersten Mal mit drei Jahren auf einem Toten-Hosen-Konzert. Was empfinden Sie, wenn Sie so etwas hören?

Campino: Ich freue mich sehr darüber, dass wir es geschafft haben, so viele unterschiedliche Menschen anzusprechen. Auf unseren Konzerten sieht man Leute von sechs bis 80 Jahren, alle Gehaltsstufen, alle Bildungslevels. Davon leben wir natürlich auch. Wir freuen uns über die Jungen, die nach wie vor die Heftigkeit und die Wildheit mitbringen und vorne tanzen, sind aber auch froh über die Älteren, die uns mit ihrem Besuch zeigen, dass sie uns die Treue halten und wir unseren Weg nicht völlig verraten haben.

Ihre grosse Fangemeinde in Argentinien wird den ein oder anderen hierzulande womöglich überraschen…

Campino: Wir sind Anfang der 1990er Jahre zum ersten Mal und mit den geringsten Erwartungen hingeflogen. Ein paar Argentinier hatten einen deutschen Auswanderer gefragt, ob er uns kenne und ob wir dort nicht mal auftreten wollten. Wir waren vom ersten Moment an von der Herzlichkeit und der Leidenschaft dieser Leute so berührt, dass wir immer wiedergekommen sind und sich viele Freundschaften entwickelt haben. Lustigerweise reisen mittlerweile hunderte Deutsche für Konzerte mit und übernachten bei ihren „argentinischen Brüdern“.

Die Doku ist für alle Fans ein tolles Geschenk. Gibt es Musiker, von denen Sie sich einen solch intimen Einblick hinter die Kulissen wünschen würden?

Campino: Ich bin sehr interessiert an Banddokumentationen in jeglicher Form. Den Film von Rammstein in Amerika finde ich zum Beispiel grossartig und habe auch alle Biografien von Tom Petty gelesen. Es ist für mich als Fan und Musiker interessant, wie andere aus dieser Branche ihr Leben gestalten und dann gewisse Parallelen festzustellen, Dinge, die bei jedem Musiker gleich sind. Es gibt noch tausende Gruppen, bei denen sich eine Doku lohnen würde, angefangen bei Frank Turner bis hin zu vielen Hip-Hop-Acts.

„Weil du nur einmal lebst“ – Gibt es etwas, dass Sie in diesem Leben noch erleben wollen?

Campino: Ich träume davon, mal ein Buch zu schreiben, freue mich aber auch auf alle anderen Abenteuer, die noch kommen und habe keine speziellen Wünsche. Dinge, die geschehen sollen, wird das Leben schon an mich herantragen, das habe ich inzwischen gelernt. Sowas kann man nicht planen.

Und Die Toten Hosen wird es auch weiterhin geben?

Campino: Wir sind schon wieder regelmässig im Proberaum und beschäftigen uns mit Musik. Was dabei herauskommt, wissen wir noch nicht…

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