Prinz Henrik von Dänemark: Sein schweres Leben als Prinzgemahl

Auf den ersten Blick lebte Prinz Henrik von Dänemark ein prunkvolles, royales Leben. Leicht machte es ihm das Land seiner grossen Liebe, Königin Margrethe II., aber nicht.

Prinz von Dänemark: Das klingt nach grossem Drama. Man denkt an Shakespeare, an Hamlet – die grösste aller literarischen Figuren – und seine Verstrickungen in ein finsteres Schicksal. Das trifft auf Prinz Henrik von Dänemark (1934 – 2018) so nicht zu, zumindest nicht im Grossen und Ganzen. Doch der Prinz hatte durchaus Lebenssituationen zu erleben, in denen er wie Hamlet empfunden haben mag: „Sein oder Nichtsein, das ist die Frage.“

Ein schwerer Start

Der gebürtige Franzose, der gar nicht Henrik, sondern Henri Marie Jean André Graf de Laborde de Monpezat hiess, hatte seine ersten Jahre als Prinzgemahl der dänischen Königin Margrethe II. (77) in seiner Autobiografie selbst so beschrieben: „Wenige Monate nach meiner Ankunft wurde alles, was ich tat, kritisiert. Mein Dänisch war schwankend, ich bevorzugte Wein statt Bier, Seidenstrümpfe statt Stricksocken, Citroën statt Volvo, Tennis statt Fussball. Selbst für die Gauloises, die ich anstelle von Virginia-Tabak rauchte und die hierzulande den Ruf hatten, die Marke gesellschaftskritischer Intellektueller zu sein, konnte ich nicht auf Nachsicht hoffen. Ich war anders. Ich schien mit dieser Position zufrieden zu sein und mich nicht zu schämen. Das waren gleich zwei Fehler!“

Höchstwahrscheinlich hatte er sich als junger Mann seine Zukunft ganz anders vorgestellt und sich als multikultureller Intellektueller im diplomatischen Dienst gesehen. Die Voraussetzungen hatte er allesamt erfüllt. Sprössling einer einflussreichen und sehr wohlhabenden Familie mit dem Stammhaus Le Cayrou in Cahors (Südfrankreich), Auslandsaufenthalt in Hanoi, Studien (Jura, Staatslehre, Literatur, Chinesisch und Vietnamesisch) an der Pariser Sorbonne sowie an den Universitäten von Hongkong und Saigon.

Tatsächlich wurde der weltoffene Graf Diplomat, erst im französischen Aussenministerium, dann ab 1963 an der französischen Botschaft in London. Und dort passierte das, was so oft sorgfältig geplante Lebensläufe völlig durcheinanderwirbelt: Henri verliebte sich. In die Prinzessin und dänische Thronfolgerin Margrethe. Und die hatte ihr Herz auch an den gut aussehenden und charmanten Franzosen verloren. Die Hochzeit wurde am 10. Juni 1967 in der Holmens Kirke in Kopenhagen gefeiert.

Dafür musste Henri vom katholischen Glauben zum evangelisch-lutherischen überwechseln. Auch sein Name wurde „dänisiert“, aus Henri wurde Henrik. Aus dem Grafen de Laborde de Monpezat ein Prinz von Dänemark, der natürlich auch dänischer Staatsbürger war. Dafür beförderten sie den ehemaligen französischen Soldaten (drei Jahre Algerienkrieg) zum General und Admiral in den dänischen Streitkräften. Und als Margarethe 1972 Königin wurde, gaben sie ihm den Titel „Prinzgemahl“.

Er war ein Fremdling

Das alles muss ihm nicht sonderlich viel bedeutet haben, denn die Dänen sahen ihn ihm einen Fremdling. „Er wurde wirklich gemobbt wie kein anderer“, sagte der ehemalige Hofberichterstatter Bodil Cath im dänischen Rundfunk. Die Dänen machten sich über den angeheirateten Prinzen lustig. Sie spotteten über sein holpriges Dänisch und amüsierten sich darüber, dass der Hundenarr Liebesgedichte über seinen Dackel schrieb.

Henrik müssen diese Jahre sehr verletzt haben. Er liebte die Königin der Dänen, doch das Volk sah in ihm einen Eindringling, der von der Apanage seiner Frau lebte. Margarethe sei der „Herr im Haus“ und habe stets das letzte Wort, wurde in Kopenhagen kolportiert.

Die Kunst war sein Zufluchtsort

Henrik flüchtete in die schönen Künste. Er beschäftigte sich mit der Bildhauerei und fertigte eigene Skulpturen an. Er war ausserdem ein guter Pianist, musizierte mit der Königlichen Kapelle Kopenhagen und dem Sinfonieorchester des Dänischen Rundfunks und komponierte selbst kleinere Stücke. Er sammelte orientalische Jadekunst – und er schrieb. Mit seiner Frau übersetzte er Simone de Beauvoirs Roman „Alle Menschen sind sterblich“ ins Dänische. Er verfasste Gedichte und veröffentliche sieben Bände. In der Poesie sah er „die Möglichkeit, sich zu vertiefen, in einer oberflächlichen Zeit, geprägt von Nachrichten und Unterhaltung, die uns wurzel- und rastlos werden lassen. Die Poesie führt uns näher an das wahre Wesen der Welt heran, in der Poesie kann man sich den ewigen Fragen um Liebe, Einsamkeit und Tod nähern.“

Das konnte er als Prinzgemahl nicht. Und er begehrte 2002 auf. Zur Überraschung der Dänen beklagte er sich öffentlich, er werde von bestimmten Leuten am Hofe unterschätzt und erniedrigt. Der NDR schreibt: „Das Fass zum Überlaufen bringt ein offizieller Termin beim Neujahrsempfang des diplomatischen Corps. Die erkrankte Königin schickt statt ihres Mannes Prinz Frederik vor. Dass er sogar seinem eigenen Sohn den Vortritt lassen muss, führt dazu, dass Henrik das Land verlässt und sich auf sein Weingut zurückzieht.“

Das Gut Châteaux de Caix bei Cahors hatte ihm oft als Rückzugsort gedient. Hier, in den Weinbergen und Kellern, war er wirklich zu Hause, denn auch vom Wein verstand Henrik viel, jedenfalls mehr als von Intrigen am und um den dänischen Königshof, die munter weitergesponnen wurden. Während er also die Wunden in Frankreich leckte und sich um Wein im Cahors kümmerte, kommentierte die dänische Zeitschrift „Ekstra Bladet“, dass Dänemark ohne den Prinzen nicht „von einem unersetzlichen Verlust betroffen wäre.“

Sein Konfrontationskurs

Doch die königliche Familie versöhnte sich wieder und Henrik kehrte nach Dänemark zurück. Von da an kritisierte er immer wieder die Diskriminierung von Ehemännern regierender Königinnen. Er hoffe, Männer würden „die gleichen Rechte erhalten wie Mädchen“, liess er „Ekstra Bladet“ wissen und verwies auf Silvia von Schweden, die durch ihre Heirat Königin wurde. 2015 wiederholte er in der französischen Zeitung „Le Figaro“ seine Forderung nach mehr protokollarischer Gleichstellung im Königshaus und brachte den Titel Königgemahl ins Spiel.

Vermutlich hatte er sich damit einen Spass erlaubt, denn er wusste mittlerweile, was er seinem dänischen Publikum schuldig war. Die Dänen hatten eine Art Burgfrieden mit Henrik gemacht. Sein intellektuellen Vorlieben und sein Eigensinn hatten ihm das Image eines schrulligen Einzelgängers eingebracht. Hendrik blieb sich selbst treu, und das schien die Dänen zu beeindrucken. Er liess sich nicht aus der Ruhe bringen, auch die Gerüchte, er sei eigentlich homosexuell, konnten ihm nichts anhaben.

Später, 2016, verzichtete er offiziell auf den Titel Prinzgemahl. Eine Geste, die ihm manche als späte Rache am Land Dänemark auslegten. Aber da begann sich bereits, das Dunkel des Alters über seinen Geist zu legen. Vier Wochen bevor seine Diagnose Demenz veröffentlicht wurde, liess er offiziell verkünden, dass er im Gegensatz zu früheren Plänen nicht im Dom zu Roskilde bestattet werden wolle – also nicht neben seiner Frau.

Diese letzte Hellsichtigkeit erinnert fatal an Hamlets berühmten letzten Satz: „Der Rest ist Schweigen.“

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