Michael Moore: Der wütendste Mann Amerikas wird 70

Blickt an seinem 70. Geburtstag eher pessimistisch in die Zukunft: Dokumentarfilm-Legende Michael Moore

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Mit Dokumentarfilmen wie „Bowling for Columbine“ und „Fahrenheit 9/11“ wurde Michael Moore weltweit bekannt. Auch mit 70 Jahren kämpft der Regisseur und Aktivist unermüdlich für ein besseres Amerika.

Keine Frage, Michael Moore (70) ist eine Nervensäge. Allerdings eine Nervensäge, die Amerika dringend nötig hat. In seiner langen Karriere als Journalist, Filmemacher und Buchautor ging der kleine rundliche Mann mit der ikonisch abgewetzten Baseballmütze und den schlecht sitzenden Jacketts stets zielstrebig dahin, wo es in den Vereinigten Staaten am meisten wehtat, wo die zivilisatorischen Prozesse seiner Nation besonders himmelschreiend aus dem Ruder liefen. Auch mit nunmehr 70 Jahren hat der am 23. April 1954 in Flint, Michigan geborene Sohn einer katholischen Arbeiterfamilie dabei alle Hände voll zu tun.

Arbeitersohn mit Predigerqualitäten

Dass Moore mit 14 Jahren das Catholic Seminary seiner Heimatstadt besuchte, um ein Priesteramt anzustreben, passt im Rückblick genau ins Bild. Allerdings entschloss er sich nach dem High-School-Abschluss dazu, seinen missionarischen Eifer und seine ausgeprägten Predigerqualitäten vor allem im politischen und journalistischen Bereich zum Einsatz zu bringen.

Im Alter von 22 Jahren startete er seine journalistische Karriere mit der Gründung einer eigenen alternativen Zeitschrift „The Flint Voice“, deren Chefredakteur er zehn Jahre lang war. Nachdem Abschluss eines Journalismus-Studiums an der University of Michigan-Flint zog er nach San Francisco, um dort für das Magazin „Mother Jones“, ein für investigativen Politjournalismus bekanntes Blatt, zu arbeiten. Dort eckte er anscheinend bei seinen Kollegen mit seiner Art derart an, dass er schon nach wenigen Monaten in der Position des Herausgebers wieder entlassen wurde.

Wütender Start ins Filmgeschäft

Zähneknirschend kehrte der engagierte Nachwuchsjournalist zurück in die Heimat, um sich dort zunächst den Missständen unmittelbar vor seiner Haustür zu widmen. Zwischen 1987 und 1989 drehte er dort mit bescheidenen finanziellen Mitteln seinen ersten Film „Roger & Me“ (1989), der ihm prompt einen Durchbruch im Filmgeschäft bescherte. Der Film porträtiert die Verelendung seiner Heimatstadt Flint nach der Schliessung der dortigen General-Motors-Werke, bei denen Moores gesamte Familie gearbeitet hatte. In „Roger & Me“ dokumentierte Moore zudem sein mehrjähriges erfolgloses Bemühen, ein Interview mit Roger Smith (1925-2007), dem damaligen CEO des Automobilkonzerns, zu bekommen, den er für die rücksichtslose Schliessung der GM-Fabriken verantwortlich machte.

In seinem mit Preisen überhäufte Erstlingswerk fuhr der wütende junge Mann aus der Provinz bereits alle charakteristischen Stilmittel auf, mit denen er in seiner weiteren Karriere recht bald zu Weltruhm gelangen sollte: Aus unverblümt subjektiver Perspektive erzählt er Dokumentarfilme mit satirischem Charakter, in denen er mit bissigem Humor Sachverhalte gnadenlos polemisch zuspitzt und dabei nicht nur an den gesunden Menschenverstand seines Publikums appelliert, sondern immer auch gezielt dessen Emotionen in die Mangel nimmt.

Fernsehabenteuer und Spielfilm-Experimente

Nach dem ersten Aufschlag mit „Roger & Me“ produzierte der frischgebackene Filmemacher zunächst zwischen 1994 und 1995 eine satirische Nachrichtensendung mit dem Titel „TV Nation“ für die Sender NBC und Fox. Danach wagte er sich mit „Unsere feindlichen Nachbarn“ (1995) erstmal als Regisseur an ein Spielfilmprojekt. Der Film handelt von einem fiktiven amerikanischen Präsidenten, der sich nach dem Ende des kalten Krieges einen neuen Erzfeind sucht und schliesslich aus fadenscheinigen Gründen einen Krieg mit dem benachbarten Kanada anzettelt.

Weltbestseller „Stupid White Men“

In dieser Zeit begann Moore zudem, seine gesellschaftskritische Agenda in schriftlicher Form weiterzuverfolgen, zunächst 1996 mit dem Buch „Querschüsse“ (engl. „Downsize This“), in dem er das dysfunktionale Parteiensystem und die Skrupellosigkeit amerikanischer Konzerne unter die Lupe nahm. Seinen grössten literarischen Erfolg landete er im Jahr 2001 mit dem Werk „Stupid White Men“, welches zufälligerweise genau einen Tag vor den Terroranschlägen am 11. September 2001 die Druckereien verliess. In dem internationalen Bestseller nahm er in gewohnt bissiger Form die Umstände der Wahl George W. Bushs (77) zum Präsidenten der USA aufs Korn und warf einen kritischen Blick auf die Weltmachtstellung der USA.

Oscar für „Bowling for Columbine“

Im Jahr 2003 war Moore endgültig auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt, als er mit „Bowling for Columbine“ (2002) den Oscar für den besten Dokumentarfilm abräumte. Ausgehend von dem Schulmassaker in Littleton im Jahr 1999, bei dem zwei Schüler an der dortigen Columbine High School zwölf Mitschüler, einen Lehrer und sich selbst erschossen, beleuchtet er darin die absurden Auswüchse des amerikanischen Waffenrechts und der Waffenindustrie.

Gleich im nächsten Jahr legte er mit dem Film „Fahrenheit 9/11“ (2004), der die politischen Entwicklungen in den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beleuchtet, noch einmal triumphal nach und holte sich in Cannes eine Goldene Palme.

Auch in den folgenden beiden Jahrzehnten liess der umjubelte Filmemacher nicht locker und arbeitete sich entlang seiner kapitalismuskritischen Agenda an den politischen und kulturellen Absonderlichkeiten seiner Nation weiter ab. So nahm er in „Sicko“ (2007) das amerikanische Gesundheitssystem unter die Lupe und widmete sich in „Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte“ den Folgen der Finanzkrise des Jahres 2007.

„Trump ist schlauer als wir“

Mit dem Auftauchen Donald Trumps (77) auf dem politischen Parkett vor der Präsidentschaftswahl 2016 fand Michael Moore noch einmal ein grosses Thema, das er bisher in den Filmen „Michael Moore in TrumpLand“ (2016) und „Fahrenheit 11/9“ (2018) verarbeitete. Vor der anstehenden Wahl im November zeigte sich der Filmemacher zuletzt in seinem Podcast „Rumble with Michael Moore“ äusserst pessimistisch. „Wir wollen es nicht laut aussprechen, aber ich werde es tun“, so Moore, „und der Grund dafür, dass wir besorgt sein müssen, ist, dass Trump schlauer ist als wir.“

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