Boris Becker rechnet knallhart und klug mit Rassisten ab

Sein Sohn Noah Becker wurde von einem Politiker rassistisch beleidigt. Das lässt Tennis-Ikone Boris Becker nicht auf seiner Familie sitzen. Eine knallharte und kluge Abrechnung.

Boris Becker (50) ist vor allem für zwei Dinge berühmt: Beruflich ist er eine lebende Tennis-Legende. Und auch privat eignet er sich – abgesehen von einigen Ausrutschern – als echtes Vorbild. Denn während andere nur darüber reden, lebt er Anti-Rassismus pur. Umso mehr schockte ihn der rassistische Tweet auf dem Account des AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier. Dort war am Dienstag dieser Satz zu lesen: „Dem kleinen Halbneger scheint einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden zu sein, anders lässt sich sein Verhalten nicht erklären“. Gemeint war Boris Beckers Erstgeborener Noah Becker (23).

„Um ehrlich zu sein, ich war erst einmal sprachlos und musste meine Gedanken und Emotionen sortieren“, schreibt Boris Becker als Gast-Autor in der „Welt am Sonntag“. Dann habe er von Kitzbühel aus seinen Sohn in Berlin angerufen. „Ich war aber erstaunt, was für unglaubliche Sichtweisen er mittlerweile hat, wie aufgeräumt er auf eine solche Aussage reagiert. Da hat er mir in seinen jungen Jahren einiges voraus, ich bin bei diesem Thema deutlich emotionaler“, zollt Becker seinem Sohn grossen Respekt.

„Rassismus wird gerade regelrecht hoffähig“

Doch statt weiter auf den konkreten Vorfall einzugehen, holt Boris Becker in seinem Artikel erstmal zu einer beeindruckenden Generalabrechnung gegen Rassismus aus. „Ich habe das Gefühl, Rassismus wird gerade regelrecht hoffähig, das merke ich sogar bis hinein in meinen engsten Freundeskreis“, schreibt er. „Nach ein paar Bier fangen die Ersten an, rassistische Witze zu machen. Das passiert leider immer wieder mal. Ich stehe dann für gewöhnlich auf und gehe. Mit Betrunkenen zu diskutieren bringt nichts. Und am nächsten Tag wollen die wenigsten davon noch etwas gewusst haben.“

Boris Becker erinnert an einen ähnlichen Fall aus Deutschland: „Ich bin eng befreundet mit Jérôme Boateng [Fussball-Weltmeister], und er hat mir erzählt, wie er sich fühlte, als Alexander Gauland [AfD-Politiker] einmal sagte, jemanden wie Jérôme würden die Menschen nicht zum Nachbarn haben wollen.“ Becker verweist auf die Doppelmoral, wenn Boateng und Co. bei der WM 2018 auch von den Anhängern dieser Parte wieder zugejubelt werde.

Natürlich erkenne er, dass es auch Menschen gebe, „die aus purer Angst ausländerfeindlich reagieren“. Noah habe das in seinem Interview mit „Vice.com“ ganz wunderbar formuliert. „Er sagte, wer die Welt nicht kennt, wer niemals andersfarbige, andersdenkende Menschen gesehen hat, der bekommt Angst, wenn sie auf einmal in Deutschland auftauchen.“ Becker erinnere ausserdem daran, „dass unser aller Ursprung in Afrika ist. Die Knochen der ältesten Frau der Menschheit, man hat sie Lucy genannt, wurden in Ostafrika gefunden“.

Rassismus ist für den Wahl-Londoner Becker keinesfalls ein deutsches Thema: „Ich erkenne einen beängstigenden Rechtsruck, und zwar nicht nur in Deutschland, in ganz Europa und natürlich auch in Amerika.“

„Was, bitte, ist denn überhaupt ein ‚Halbneger'“?

Der ehemalige Sport-Profi führt diese Gesinnung teils auf Unwissenheit, teils auf Dummheit zurück. „Unwissenheit ist gefährlich. Und natürlich gibt es Menschen, die dumm sind und nicht wissen, hinter wem sie da herlaufen oder welches falsche Gedankengut sie da weitertragen“, schreibt er. Das Gegenmittel: „Fehlender Intelligenz müssen wir mit noch mehr Aufklärung begegnen. Wir müssen über die eigenen Erfahrungen sprechen. So wie ich es seit vielen Jahren tue, weil ich mit meiner kleinen Familie tagtäglich mit Rassismus konfrontiert bin.“

Eine Anmerkung zum konkreten Fall kann er sich dann doch nicht verkneifen: „Was, bitte, ist denn überhaupt ein ‚Halbneger‘? Meine vier Kinder sind alle zu 25 Prozent schwarz, nicht zu 50. Und jedes kam mit einer unterschiedlichen Hautfarbe auf die Welt.“

Boris Becker war von 1993 bis 2001 mit Barbara Becker (51) verheiratet. Aus dieser Ehe stammen die Söhne Noaha und Elias (18). Aus der Beziehung mit Angela Ermakova ging Beckers Tochter Anna Ermakova (17) hervor. Seit 2009 ist er mit Lilly Becker (41) verheiratet. Die beiden bekamen Sohn Amadeus (7).

„Es ist Zeit, aufzustehen“

Zum Schluss rechnet Becker noch mit dem Auslöser der aktuellen Debatte selbst ab: „Einer wie der AfD-Abgeordnete Jens Maier aber sagt solche Dinge weder aus Dummheit, noch aus Angst. Er weiss genau, was er tut und auch warum. Seine Wähler saugen seine Worte auf, und er bedient sie perfekt. Noah möchte dem Hass mit noch mehr Liebe begegnen. Ich muss zugeben, er ist da einen Schritt weiter als ich. Ich fordere erst einmal Konsequenzen.“ Becker betont ausserdem, Jens Maier sei ein ehemaliger Richter. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, dass einer wie er jahrelang über andere Leute richten durfte.“

Dass der den Tweet gar nicht selbst abgesetzt haben will, lässt Boris Becker ebenfalls nicht unkommentiert: „Ein Mitarbeiter soll es gewesen sein. Das tun sie bei der AfD doch immer, das ist ihre Masche. Irgendetwas in die Welt setzen und sich dann davon distanzieren. Den Namen des vermeintlichen Mitarbeiters habe ich nie erfahren. Auch habe ich nicht gehört, dass sich Herr Maier von einem seiner Mitarbeiter getrennt hätte. Ich finde vielmehr, er gehört für eine solche Aussage bestraft, und die AfD täte gut daran, einen wie ihn aus ihrer Partei auszuschliessen.“

Boris Becker schliesst seinen Artikel mit einer deutlichen Aufforderung: „Rassismus darf einfach nicht länger hingenommen werden […] Wir haben doch nun wirklich aus unserer Vergangenheit gelernt. Es ist Zeit, aufzustehen, den Finger zu heben und auf die Strasse zu gehen. Hier und auf der ganzen Welt.“

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