Ulrich Tukur: Wie er an dem Bruch mit seinen Töchtern leidet

Schauspieler Ulrich Tukur hat in einem Interview über seine Familie gesprochen. Für seine beiden Töchter, die in den USA leben, sei er „eine sehr unwägbare Person“, erklärt er.

Er ist einer der renommiertesten deutschen Schauspieler. Ein charmanter Tausendsassa, der schauspielert, singt, Akkordeon spielt, schreibt und auch sehr überzeugend das Böse, das leicht und heiter daherkommt, darstellen kann. Ulrich Tukur (60, „Gleissendes Glück“) liebt den Wandel, die Bewegung, die Rastlosigkeit.

„Wenn ich dasitze, untätig und ohne Pläne, dann kommen die schwarzen Wolken und hüllen mich ein“, sagt er im Interview mit dem „Süddeutsche Zeitung Magazin“. Er könne kaum still dasitzen, „es ist ja offensichtlich mein Problem, dass ich nirgendwo ankomme“, meint der Schauspieler, der mit seiner zweiten Frau, der Fotografin Katharina John, in der Toskana und in Venedig lebt.

„Ich wollte meine Karriere“

Eine Zeit lang war er während eines Schüleraustauschs in den 70er-Jahren auf einer amerikanischen High School in der Nähe von Boston. Dort hatte er seine erste Frau Amber Wood kennengelernt. „Es war eine Jugendliebe, die mich mit meiner ersten Frau verband“, erzählt Tukur. „Als sie ein Kind haben wollte, habe ich ihr gesagt, dass ich das nicht könne, es sei viel zu früh und ich alles andere als ein Vater.“

Er habe sie gebeten, noch ein paar Jahre zu warten. „Das konnte sie nicht, und so haben wir uns peu à peu voneinander entfernt. Ich wusste, dass ich für ein normales Familienleben nicht geschaffen war, ich wollte meine Karriere, ich konnte das Leben nicht führen, das sie sich wünschte. Das war sicher egoistisch. Aber ich war ehrlich zu ihr. Und so haben wir uns getrennt.“ Da waren bereits die beide Töchter Marlene (heute 30) und Lilli (27) geboren.

„Sie vertrauen mir nicht“

Tukur schildert, wie er seiner ersten Frau „alles gegeben habe, was ich hatte, das war genug, um sich in Boston, wo sie herstammte, eine Existenz aufzubauen. Es war schrecklich für alle, und das wird mir von den Kindern bis heute nachgetragen. Ich hätte das natürlich auch durchziehen können, wie es meine Eltern getan haben, aber ich wäre unglücklich geworden“.

Für seine beiden Töchter, die beide in den USA leben, sei er „eine sehr unwägbare Person. Sie vertrauen mir nicht. Das ist ein Bruch, den ich nicht mehr kitten kann. Und das macht mir natürlich zu schaffen“. Er habe es oft versucht, „aber es geht nicht. Vielleicht, wenn sie mal vierzig sind“.

Trauer um seinen Vater

Sein eigener Vater ist vor ein paar Monaten gestorben. Zwei Tage vor seinem Tod hat Ulrich Tukur ihn besucht, der Vater lag im Bett und hatte aufgehört, zu essen und zu trinken. Der ehemalige Ingenieur phantasierte von technischen Problemen und irgendwelchen Bedingungen. Tukur sprach mit ihm: „Vater, ich bin’s, Ulrich. Das Problem ist gelöst. Es gibt keine Bedingungen mehr, ich habe mich darum gekümmert, du kannst beruhigt gehen.“

„Er sah aus wie der kleine Junge auf den Fotografien der späten Zwanzigerjahre. Schmal, kurz geschnittene weisse Haare. Auf einmal blickte er mich ganz klar an und sagte: ‚Ach, Ulrich du alter Esel.‘ Und ich sagte: ‚Ja, Papa, ich bin ein alter Esel, und du bist ein uralter Esel.‘ Da hat er gelacht und mir seinen Mund entgegengehalten. Er wollte mich küssen. Zum ersten Mal in seinem Leben.“

Er schreibt ein Buch

In seinem toskanischen Bauernhof in Montepiano schreibt Ulrich Tukur an einem Roman, „die Geschichte eines jungen Mannes, der eines Tages herausfindet, dass er mit der Familie, in die er hineingeboren wurde, nichts zu tun hat… Ein abgründiges Verwirrspiel, vom dem ich nicht weiss, wo es hingeht“.

Auch bei dieser Arbeit begleitet ihn seine für ihn typische Rastlosigkeit, die er dem „SZ-Magazin“ schildert: „Ich schreibe mit Bleistift auf Papier, dann feile ich Seite für Seite. Es kann passieren, dass ich um zehn abends anfange, und wenn ich wieder auf die Uhr schaue, ist es drei Uhr morgens. Später übertrage ich alles in den Computer, drucke es aus, nehme die Seiten mit ins Bett, lese sie vorm Einschlafen noch einmal durch, wache wieder auf, mache Korrekturen und versuche weiterzuschlafen.“

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