„The Mule“ mit Clint Eastwood: Alter schützt vor Torheit nicht

Mit nun 88 Jahren ist Clint Eastwood wieder vor und hinter der Kamera gelandet. Allerdings weiss er mit „The Mule“ dieses Mal nur auf einer Seite vollends zu überzeugen.

Einem alten (und harten) Hund kann man keine neuen Tricks beibringen? Von wegen! In der erneuten Personalunion als Regisseur und Hauptdarsteller zeigt Clint Eastwood (88) eine Facette seines Schauspiels, die bislang wenig bis gar nicht zu seinem Repertoire zu gehören schien: Altersmilde. Eine andere Qualität hat er dafür, zumindest bei seinem neuen Streifen „The Mule“, offenbar eingebüsst.

Vom Lilienzüchter zum Drogenkurier

Für den Lebemann und Blumenzüchter Earl Stone (Eastwood) stand das eigene Vergnügen stets an erster Stelle und vor der Familie. Erst im hohen Alter merkt der mittelose Mann, wie egoistisch seine bisherige Lebensweise war. Doch statt vor seinen Liebsten zu Kreuze zu kriechen, will er sich mit Geld ihren Respekt zurückerobern. Um für die Hochzeit seiner Enkelin aufkommen zu können, erklärt er sich daher zu dem törichten Plan bereit, für ein Drogenkartell Kokain zu schmuggeln.

Wegen seines reifen Alters, der makellosen Akte und nicht zuletzt aufgrund seines Charmes scheint der Kriegsveteran regelrecht unsichtbar für die Polizisten zu sein. Immer grössere Mengen Rauschgift werden ihm daher anvertraut. Als er aufgrund eines Familiendramas eine Fuhre nicht so zuverlässig wie gewohnt abliefert, heften sich die Gangster an seine Fersen – an denen aller Vorsicht zum Trotz auch schon die Drogenfahnder kleben…

Nach wahren Geschehnissen

„The Mule“ orientiert sich an der wahren Geschichte von Leonard Sharp, der im Greisenalter zum verlässlichen Drogenkurier des mexikanischen Sinaloa-Kartells wurde und sich so den Spitznamen „El Tata“ („Der Opa“) erarbeitete. Drehbuch-Autor Nick Schenk schmückt diese Vorlage nun in für die Traumfabrik typischen Bahnen aus. Zumindest vor der Kamera wurde in Person von Clint Eastwood die perfekte Besetzung gefunden – von sich selbst, denn produziert hat er den Streifen auch.

Schon erstaunlich, wie überrascht man angesichts der Altersmilde eines 88-Jährigen sein kann. Vor einem Jahrzehnt, im ebenfalls schon beachtlichen Alter von 78 Jahren, war Eastwood in „Gran Torino“ noch so knurrig wie in seinen besten „Dirty Harry“-Zeiten: „Ja, ich puste dir ein Loch in die Fresse! Und dann gehe ich wieder rein und schlafe wie ein Baby! Schweine wie euch haben wir in Korea zwei Meter hoch gestapelt und als Sandsäcke benutzt!“

Derselbe Mann züchtet nun Blumen, flirtet mit Damen jeglichen Alters und hat doch glatt Spass am Leben? Undenkbar! Mit „The Mule“ beweist Eastwood, dass er auch sanftere Saiten aufziehen kann. Auch wenn er nichtsdestotrotz die Gelegenheit nicht auslässt, Drohgebärden von Macho-Gangstern die kalte, coole, knochige Schulter zu zeigen. Ein Weichei ist er natürlich noch immer nicht.

Die Kehrseite

Was schauspielerisch Respekt abverlangt, will filmisch aber nicht gelingen. Für Eastwoods Verhältnisse ungewohnt zäh schreitet die verheissungsvolle Geschichte voran, die von ihrer Grundstimmung und Prämisse ein wenig an „Breaking Bad“ erinnert. Die beiden Drogenfahnder, immerhin von den Hollywood-Grössen Bradley Cooper (44) und Laurence Fishburne (57) verkörpert, bleiben wie alle anderen Nebenfiguren erschreckend blass und eindimensional. Wo „Gran Torino“ noch die perfekte Mischung aus Drama, Humor, Gefühl und Konflikt fand, lässt einen „The Mule“ am Ende des Kinotages erschreckend kalt.

Fazit:

Mit „The Mule“ beweist Clint Eastwood eindrucksvoll, welche ungeahnten Schauspieltalente auch mit 88 Jahren noch in ihm schlummern. Was vor der Kamera beeindruckt, will hinter ihr zumindest dieses Mal aber nicht begeistern. Hier wird man das Gefühl nicht los, dass viel Potenzial des guten Stoffs verschenkt wurde. Und guter Stoff wird nicht verschenkt, das weiss nicht nur das Kartell.

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