Bye Bye Robert Redford: Das Ende eines Superstars

Die Fans müssen sich von Robert Redford verabschieden. Der Film „Ein Gauner und Gentleman“, der am heutigen Donnerstag in den Kinos anläuft, soll sein letzter gewesen sein.

Man kann es sich gar nicht vorstellen, weil man es sich gar nicht vorstellen mag: Robert Redford (82) hat seinen Abschied von der Leinwand angekündigt. Der Film „Ein Gauner und Gentleman“, der am heutigen Donnerstag in den Kinos anläuft, soll sein letzter gewesen sein.

Gewiss, auch er ist in die Jahre gekommen. Ein wettergegerbtes Faltennetz hat das Gesicht durchzogen, doch die Augen leuchten immer noch im unverwechselbaren Redford-Blau, der einst blonde Haarschopf hat kein bisschen an Fülle verloren, tendiert jetzt eher ins Rötliche und endet an den Schläfen in weissgrauen Koteletten. Ein attraktiver älterer Herr, der kein bisschen ruhebedürftig erscheint. Ein Cowboy, der immer noch fest im Sattel sitzt.

Glücklich ohne Hollywood

Vielleicht ist er unter seinesgleichen etwas einsam geworden. Sein Kumpel und kongenialer Filmpartner Paul Newman ist vor bald elf Jahren gestorben, Cary Grant ist sogar seit 1986 tot, James Stewart seit 1997. Gregory Peck starb 2003, Christopher Lee 2015. Sean Connery (88) hat 2004 seinen Ruhestand ausgerufen, und der grosse Kirk Douglas ist mit seinen 102 Lebensjahren unwiderruflich in Rente gegangen. Da stellt sich schon die Frage: Wie kommt das traditionsreiche, glamouröse Hollywood ohne einen wie Robert Redford aus?

Er selbst kommt sehr gut ohne Hollywood aus. Er war ja nie einer, der den roten Teppich, die Partys und das Gewese um seine Person mochte. Im Gegenteil: Hollywood und seine Glitter-Society gehen ihm gegen den Strich. Er hat nie zur Film-Schickeria gehört, vermutlich ist sie deshalb so scharf auf ihn.

Redford wollte Maler werden

Robert Redford lebt zurückgezogen auf seinen Anwesen in der Weinlandschaft des Napa Valley bei San Francisco und in den Bergen von Utah. Er liebt die Natur und engagiert sich für den Umweltschutz. Er ist ein politischer, linksliberaler Mensch. Er kämpft für die Rechte der Indianer und beklagt bisweilen den Niedergang des alten amerikanischen Westens.

Den Drang zum Film hatte er anfangs nicht, ihn drängte es zur Kunst. „Eigentlich wollte ich gar kein Schauspieler werden, sondern ein zweiter Modigliani“, soll er gesagt haben. Also begibt er sich auf die Spuren des italienischen Malers Amedeo Modigliani (1884-1920), studiert in Florenz und Paris Kunst, versucht sich als Strassenmaler. Nach seiner Rückkehr in die USA (1958) belegt er am New Yorker Pratt Institute das Studienfach Theaterdesign, ein Jahr später wechselt er zur American Academy of Dramatic Arts. Erst hier entdeckt er für sich die Schauspielerei.

Nach grossen Erfolgen am Theater wird der Film auf ihn aufmerksam. Es folgen Intermezzi in mehreren TV-Serien wie „Perry Mason“ und „Maverick“. 1962 wird er in der Hauptrolle von Neil Simons Theaterstück „Barfuss im Park“ zur Broadway-Sensation. Die Verfilmung macht ihn „zum Frauenschwarm von Weltrang“ („cinema.de“), doch als man ihm die Hauptrolle in „Die Reifeprüfung“ (1967) anbietet, lehnt er ab, „weil ich nun mal nicht aussehe wie ein Typ, der noch nie eine Frau flachgelegt hat“. Dustin Hoffman springt für ihn ein und startet mit dem Film seine Weltkarriere.

Die Frauen lieben ihn

Den grossen Durchbruch zum Superstar hat Redford an der Seite von Paul Newman in „Butch Cassidy und Sundance Kid“ (1969), eine der besten Western-/Gaunerkomödien der Filmgeschichte. Es folgen eine Vielzahl von Blockbustern, unter anderem „Bill McKay – Der Kandidat“ (1972), „Der Clou“ (1973), „Die drei Tage des Condor“ (1975), „Die Unbestechlichen“ (1976), „Der elektrische Reiter“ (1979), „Brubaker“ (1980), „Der Pferdeflüsterer“ (1998), „Die letzte Festung“ (2001) oder „Spy Game – Der finale Countdown“ (2001).

Insgesamt hat der Schauspieler Robert Redford 46 Filmen ein Gesicht gegeben, einige davon hatten brisante sozialkritische oder politische Hintergründe. Doch der Superstar ist seit „Der grosse Gatsby“ (1974) und „Jenseits von Afrika“ (1985) bei seinem überwiegend weiblichen Stammpublikum auf eine einzige grosse Rolle abonniert: der des schönsten Mannes der Welt.

Er soll diese Rolle nie gemocht haben. Vermutlich ist er deshalb auf die Seite hinter der Kamera gewechselt. Neun Filme hat der Regisseur Robert Redford inszeniert, in einigen spielt er auch die Hauptrolle wie im „Pferdeflüsterer“. Es handelt sich meist um Komödien, Psycho- und politische Dramen, Familiengeschichten, alle zeichnet eine hohe Sensibilität aus. Redford belastet sein Publikum nicht mit überdrehten Gedanken- und Handlungssprüngen.

Für die Regie von „Eine ganz normale Familie“ (1980) bekam er den Oscar, der ihm als Schauspieler versagt blieb. 2002 erhielt er seinen zweiten Oscar, diesmal für sein Lebenswerk. Damit wurde die Arbeit seines Sundance Institutes und des Sundance Film Festivals in Utah gewürdigt. Seit 1980 fördert Redford Regisseure, die – unabhängig von den grossen Hollywood-Studios – nicht den Massengeschmack bedienen wollen, sondern an künstlerisch anspruchsvollen Filmen interessiert sind. Dem Sundance Festival verdanken u.a. Filmemacher wie Quentin Tarantino, Jim Jarmusch, und die Coen-Brüder ihren Durchbruch. Nur einmal hat Redford über das eigene Festival gemosert: als dort Paris Hilton aufkreuzte…

Privat lebt er unspektakulär

Im Gegensatz zu seiner herausragenden Arbeit führt Robert Redford ein völlig unspektakuläres Privatleben. Von 1958 bis 1985 war er mit Lola Van Wagenen verheiratet (vier Kinder), es folgte eine Beziehung mit Sônia Braga, dem brasilianischen Star seines Films „Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld“ (1988). Seit 1996 ist er mit der deutschen Malerin Sibylle Szaggars zusammen, 2009 hat das Paar im Hamburger Hotel Louis C. Jacob geheiratet.

Paul Newman war der grosse Lebensfreund von Robert Redford. Der gleiche Typ: keine Affären, keine Skandale. Ein ähnlich stiller Kollege, mit der ähnlich magischen Wirkung auf Frauen. Die beiden bildeten in der wunderbaren Gaunerkomödie „Butch Cassidy und Sundance Kid“ eines der witzigsten Duos der Filmgeschichte. Diesen Erfolg wiederholten sie in ihrem zweiten gemeinsamen Film „Der Clou“ (1973), für den Redford seine einzige Oscar-Nominierung als „Bester Darsteller“ erhielt.

Mit Paul Newman verband ihn zudem sein soziales Engagement – und ein ähnlicher Humor. Zum 50. Geburtstag des elf Jahre älteren Newman schenkte Redford dem passionierten Rennfahrer einen geschrotteten Porsche. Das Auto geht eine Weile fröhlich hin und her, bis es als Skulptur in Newmans Garten endet. 2006 wollte Redford den Freund für den dritten gemeinsamen Film gewinnen, bei dem er Produzent war und eine der Hauptrollen spielte: die Verfilmung des Romans „Picknick mit Bären“ von Bill Bryson. Der bereits krebskranke Newman musste in letzter Minute absagen. Zwei Jahre später starb er.

Ausdauer und Geduld

„Er ist immer interessant und stets interessiert. Er ist selbstsicher, aber schüchtern, der Intellektuelle, der Künstler, der Cowboy“, sagt Barbra Streisand über ihren Kollegen Redford. Im Bundesstaat Utah hat er sich am Mount Timpanogos ein ganzes wildes Tal gekauft. Mit Ski-Resort und einem rustikalen Sundance-Hotel. Viel Holz, viel unverbaute Natur. Im Stall stehen Pferde aus eigener Zucht, in der Küche liegen Redfords Kartoffeln aus eigenem Bio-Garten, an den Wänden hängt Indianerkunst. Er selbst steht manchmal am Tresen der Owl-Bar, ein älterer Cowboy, der einen Whisky trinkt. Da kann man auch seinen Silberring der Hopi-Indianer sehen, mit einer Schildkröte, dem Symbol für Ausdauer und Geduld.

Vielleicht erzählt er dann die Episode von der Fifth Avenue in New York. Eine junge Frau hatte ihn erkannt und gefragt: „Sind Sie wirklich Robert Redford?“ Er schaute sie lange an und sagte: „Nur wenn ich alleine bin.“

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