Henning Krautmacher: «Die Chemo meines Bruders war ein Fehler»

Höhner-Sänger Henning Krautmacher spricht offen über den Krebstod seines Bruders Uwe. Im Interview erklärt er, warum die Chemo seiner Meinung nach ein grosser Fehler war.

Mit seiner Kölner Band die Höhner ist Sänger Henning Krautmacher (61) weit über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen bekannt. Hits wie „Viva Colonia“ oder „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ sind beliebte Stimmungslieder. Nun haben die Höhner das neue Album „Wir sind für die Liebe gemacht“ herausgebracht. Im Interview erklärt Krautmacher seine Definition der „ewigen Liebe“ und spricht auch über den tragischen Krebstod seines Bruders Uwe, der seiner Meinung nach, erst durch die Chemotherapie unfassbares Leid erfahren musste.

Henning, die Höhner sind eng mit dem Karneval verbunden. Warum bringen Sie Ihr neues Album so kurz nach der fünften Jahreszeit raus?

Henning Krautmacher: Karneval ist nun mal nicht alles im Leben. Der Karneval schmückt mittlerweile nur noch ein Fünftel des Höhner-Jahres. Jetzt erst haben wir richtig Zeit das in unseren Konzerten, der „Höhner Rockin‘ Roncalli Show“ und den grossen Open-Air-Festivals in der Sommerzeit auszuleben. Zusätzlich muss ja auch noch „Höhner Classic“ erwähnt werden, da sind auch einige schöne Balladen dabei, die in unserer Weihnachtsshow ihren Platz finden werden. Und so ist das ganze Jahr voll mit aufregenden Auftritten und Konzerten, bis dann irgendwann wieder der Karneval vor der Tür steht.

Ihr neues Album heisst „Wir sind für die Liebe gemacht“. Was verbirgt sich konkret hinter dieser Aussage?

Krautmacher: „Wir sind für die Liebe gemacht“ ist eine grosse verbindende Aussage. Zufällig gibt es gerade in diesem Jahr mehrere Bands, die dieses Thema behandeln. Ohne Absprache hat sich das irgendwie so ergeben, dass wir uns diesem Thema gewidmet haben. Das ist auch ein wenig an den Gedanken von Woodstock angelehnt, wo Liebe und Frieden die Hauptbotschaften waren. Das ist gerade in der heutigen Zeit ein Thema das ungemein wichtig ist.

Ihre grosse Liebe Anke haben Sie Ende 2011 geheiratet. Es ist Ihre zweite Ehe. Glauben Sie an die ewige Liebe?

Krautmacher: Ja, ich glaube an die ewige Liebe. Die Liebe kann man jedoch nicht doktrinieren. Es gibt ja sehr viele Fälle, wo Ehepaare wie die Schwäne ein Leben lang zusammenbleiben. Liebe ist aber nicht nur die Liebe zwischen Frau und Mann, Frau und Frau, Mann und Mann. Liebe ist deutlich mehr. Vielmehr ist Liebe eine Botschaft, die uns alle miteinander verbindet. Selbst wenn die eine oder andere Liebesbeziehung auseinander geht, ist dies auch eine gewisse Form von Liebe, nämlich die andere Person gehen lassen zu können.

Ein anderer geliebter Mensch in Ihrem Leben war ihr älterer Bruder Uwe, der vor zwei Jahren nach schwerer Krankheit gestorben ist. Wie hat dieser Schicksalsschlag Ihr Leben verändert?

Krautmacher: Das hat mich massgeblich verändert und geprägt. Nach der Diagnose eines Butterfly-Tumors wusste man bereits von Anfang an, dass er hiermit nur noch eine begrenzte Lebenserwartung hat. Die letzten Monate wurden grösstenteils dafür genutzt, aufwendige Chemo-Therapien und Bestrahlungen stattfinden zu lassen. Aus meiner Sicht hat damit das eigentliche Leid überhaupt erst begonnen.

Wie meinen Sie das?

Krautmacher: Meiner Meinung nach sollte man sich in solch einer Situation über das Leben bewusst werden und es so akzeptieren. Man muss das Beste daraus machen. Die ganzen Chemos und Bestrahlungen führen ja letztendlich erst dazu, dass der Körper geschwächt und Schmerzen verursacht werden. Das ist der Anfang eines unfassbaren Leidensweges. Ich halte das schlichtweg für eine unglaubliche Katastrophe. Die mögliche Lebensverlängerung von vielleicht vier Wochen, die hierdurch erreicht wird, ist, gemessen an dem verursachten Leid, ein Witz.

Die Chemotherapie war also die falsche Entscheidung?

Krautmacher: Man verschenkt hierdurch letztendlich kostbare Zeit, wo man gemeinsam mit der Familie noch schöne Dinge erleben hätte können. Wenn ich heute nochmal in dieser Situation wäre und entscheiden müsste, würde ich meinem Bruder dazu raten diese ganzen Chemo-, Bestrahlungsbehandlungen wegzulassen, hätte ihn an der Hand genommen und ihm dabei geholfen all die Dinge noch zu erleben, die er immer schon einmal machen wollte.

Zurück zur Musik: Auf dem Album gibt es auch ein Duett mit Helene Fischer. Was zeichnet diese Frau aus? Was macht sie so erfolgreich?

Krautmacher: Helene ist höchst professionell und gleichzeitig eine echte Freundin. Das macht das Besondere. Sie ist geradeaus, pflichtbewusst und unfassbar ehrgeizig. Sie steht vollkommen für das, was wir in Köln „levve und levve losse“ nennen. Wir haben sie bereits in ihren Anfängen kennengelernt und unser damaliger Keyboarder Peter Werner hat sie liebevoll in den Arm genommen und ihr das Business Musikgeschäft erklärt. Heute stehen wir mit grossen Augen da und sehen, wie sie es auf die ganz grossen Stadionbühnen geschafft hat. Trotzdem vergisst sie nie, wo sie herkommt und ist auf dem Boden geblieben.

In einem Interview aus dem Jahr 2016 haben Sie gesagt, dass sie demnächst nach einem Nachfolger Ausschau halten wollen. Kokettieren Sie tatsächlich mit einem Abschied aus der Band?

Krautmacher: Ich kokettiere nicht mit einem Abschied, das wäre ja fatal. Ich weise nur darauf hin, dass es einfach eine biologische Tatsache ist, dass man nicht ewig leben und ewig auf der Bühne herumturnen kann. Irgendwann muss man vielleicht auch Platz machen für jüngere Menschen, die es möglicherweise noch viel besser machen und irgendwann ist es sicher auch Zeit, für sich selbst und die Familie aufzuhören. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, noch das 50-jährige Jubiläum mitzuerleben und dann sehen wir weiter. Da bin ich dann aber auch schon 65 und da darf man ja auch so langsam an die Rente denken.

Ein Bluterguss auf den Stimmbändern zwang Sie zuletzt zu einer Pause am Mikrofon. Geht es Ihnen mittlerweile wieder besser?

Krautmacher: Gott sei Dank sind wir Sänger vergleichbar mit Marathonläufern. Stimmbänder sind auch nur Muskeln und die sind ganz gut trainiert. Eine sogenannte Stimmbandeinblutung kann entstehen durch ein Räuspern oder einen Hustenanfall. Das kann jedem einmal passieren. Vielen Menschen ist das möglicherweise auch schon passiert und sie haben es gar nicht bemerkt. Mithilfe meines Freundes Professor Möckel haben wir es tatsächlich geschafft innerhalb von 24 Stunden intensivster Behandlung der Stimmbandeinblutung Herr zu werden.

Die Höhner sind schon immer eng mit dem 1. FC Köln verbunden. Wie sehr blutet das Herz beim Blick auf die Tabelle?

Krautmacher: Willst du den FC vorne sehen, dann musst du die Tabelle drehen. Das ist leider tatsächlich ein Satz mit dem wir in letzter Zeit öfter konfrontiert wurden. Da blutet einem in der Tat das Herz. Hier gilt wieder einmal das Prinzip der Hoffnung, die ja bekanntlich als letztes stirbt. Noch ist es nicht so weit. Ob der 1. FC Köln wirklich absteigt, steht ja aktuell noch nicht fest. Der Relegationsplatz ist theoretisch noch drin.

Sollte Köln den Abstieg noch verhindern, werden die Höhner dann auf der „Klassenerhaltsparty“ spielen?

Krautmacher: Wir werden ja quasi als Hausband des FC Kölns bezeichnet. Dieses Jahr ist das Jubiläum „70 Jahre 1. FC Köln“ und wenn es uns terminlich möglich ist, würden wir hier auf jeden Fall gerne mitmischen. Wer weiss, vielleicht haben wir ja auch noch eine kleine Idee in der Pipeline.

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