Samy Deluxe: «Rassismus hat keinen freien Tag»

Rapper Samy Deluxe wandelt mit seinem „SaMTV Unplugged“-Album auf neuen Pfaden. Im Interview spricht er über die Herausforderungen, die ein „Unplugged“-Album mit sich bringt und seine Erfahrungen mit Rassismus.

Ein „MTV Unplugged“-Album zu bekommen, ist für einen Musiker immer noch etwas besonderes. Denn auch wenn der Sender jegliche popkulturelle Relevanz verloren hat, die Marke und das Format sind weiterhin mehr als erfolgreich. Das sieht auch Rapper Samy Deluxe (40) so, der sich nun mit seinem eigenen „SaMTV Unplugged“ in die illustre Riege der Künstler einreiht, die mit einem Album dieser Art geadelt wurden. Im Interview spricht er über die Herausforderungen, vor die ihn dieses Projekt gestellt hat und seine Erfahrungen mit Rassismus.

Wie kam es dazu, dass Sie ein Unplugged-Album machen wollten?

Samy Deluxe: Ich bin mit einigen Unplugged-Alben aufgewachsen. Ich hatte das schon früh als etwas abgespeichert, was mir gefällt. Die Idee dazu hatte ich schon ein paar Jahre im Kopf. Als ich bei Max Herres Unplugged mitgemacht habe, ist mir dann aber wirklich bewusst geworden, was für ein tolles Format das ist. Man kann seine eigene History, und zum Teil auch die ganze deutschsprachige Hip-Hop-History, feiern. Bei mir haben sich alle Gäste, die auf dem Album sind, organisch ergeben.

Wie haben Sie die Songs dafür ausgesucht? Ihr Backkatalog ist ja mittlerweile schon sehr umfangreich.

Samy Deluxe: Ich habe das lange vor mir hergeschoben. Dann habe ich aber eine Liste erstellt. Zunächst einfach Songs, die mir spontan eingefallen sind. Must-haves. Später habe ich mich durch meine Diskografie gearbeitet und die Liste verfeinert. Aus ihr ergaben sich direkt die Kollaborationen.

Hatten Sie irgendwelche nostalgischen Gefühle, als sie Ihre Diskografie durchgegangen sind?

Samy Deluxe: Ich bin so nach Vorne gerichtet in meinem ganzen Wesen, dass ich eigentlich selten nostalgisch werde. Vielleicht wenn ich mal einen Text über die Vergangenheit schreibe, weil mir der Beat ein nostalgisches Feeling gibt. Der Prozess war halb interessant, halb qualvoll, weil ich einige Sachen vom Sound, den Texten oder von den Beats nicht mehr so feiere wie damals. Mit den neuen Arrangements hat sich das dann ganz anders angefühlt und der Abend war ein krasser Spiegel meiner History.

Vor welche Herausforderungen hat Sie das gestellt?

Samy Deluxe: Ich glaube, dass kein Künstler, egal wie gross er ist, plötzlich so ein Projekt macht, bei dem sich so viele Dinge vereinen. Es ist gleichzeitig ein Film, eine Plattenproduktion, ein Live-Konzert und dazu noch ein Event. Ich wollte, dass es für alle ein richtig schöner Moment wird und nicht nur an das Endresultat gedacht wird.

Mit Ihrem „Unplugged“ sind Sie unter nationalen Künstlern wie Udo Lindenberg, Peter Maffay oder Herbert Grönemeyer. Vergleicht man sich da automatisch mit diesen Namen?

Samy Deluxe: Ich bin schon stolz, dass ich nach 20 Jahren Karriere selbst zu MTV und meinem Plattenlabel gehen kann und alle die Vision sehen, und da eine Menge Geld reinstecken. Das ist krass und darüber freue ich mich. Aber sonst vergleiche ich mich nicht mit anderen Künstlern. Dieser von aussen gesehene Status ist mir absolut nicht mehr wichtig.

Einige Songs, die Sie ausgesucht haben, sind zwar teilweise über zehn Jahre alt, sind heute aber genauso aktuell, wie damals. Gerade die Songs, in denen Sie sich mit dem Thema „fremd im eigenen Land“ befasst haben.

Samy Deluxe: Das stimmt, aber ich habe immer einen aktuellen Aufhänger für solche Songs gebraucht. Einfach nur einen Song wegen der Message zu schreiben, darauf hatte ich noch nie wirklich Lust.

Dennoch fühlen sich die Songs erschreckend aktuell an. Warum sind wir 17 Jahre später als Gesellschaft, keinen Schritt weiter als damals?

Samy Deluxe: Weil die Menschheit nun mal aus Homo-sapiens besteht. Angst ist einfach ein Grundinstinkt der Menschen. Daraus entstehen oft Abneigung und Hass. Und wenn Menschen sich ihrer eigenen Zukunft nicht sicher sind, vielleicht nicht sehr gebildet sind und sich leicht beeinflussen lassen, dann setzten sie ihr Wahlkreuz eben wo anders hin, als es ihnen ihr Herz vielleicht sagt.

Diese Frage stellt mir zurzeit jeder Journalist und jede Journalistin in dem gleichen betroffenen Ton. Aber wenn du schwarz bist und hier aufgewachsen bist, dann hast du nie den Off-Day von Rassismus erlebt. Das ist kein Privileg, das ich erleben durfte. Dafür geniesst man das Privileg relativ ungefiltert und durchgehend, das wahre Gesicht einer Gesellschaft zu sehen. Für mich ist es einfach schön zu sehen, auch im Rahmen dieses Unplugged-Albums, dass ich es schaffe, damals wie heute, mit den Themen, die ich bearbeite, den Zahn der Zeit zu treffen.

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