William Fitzsimmons: Die traurige Geschichte hinter seinem neuen Album

Der US-amerikanische Singer-Songwriter William Fitzsimmons hat sein neues Album „Mission Bell“ veröffentlicht. Im Interview spricht er über die schwere Zeit, in der die Platte entstanden ist.

Zwei Monate lang arbeite William Fitzsimmons (40, „Passion Play“ und „Please Don’t Go“ – bekannt aus „Grey’s Anatomy“) im Sommer 2017 Seite an Seite mit einem langjährigen Freund und Bandkollegen an seinem siebten Studioalbum. Doch wenige Tage nach der Fertigstellung der Platte änderte sich alles… Was passierte, warum er das komplette Werk wieder verwarf und wie es dann schliesslich zu seinem neuen Album „Mission Bell“ kam, erzählt der US-amerikanische Singer-Songwriter im Interview.

Nach der Vollendung Ihres siebten Studio-Albums gestand Ihnen Ihre Frau, dass sie nicht mehr in Sie verliebt sei und eine Affäre mit Ihrem Freund und Bandkollegen gehabt habe, mit dem Sie monatelang an Ihrem Album gearbeitet hatten. In diesem Moment muss Ihre Welt auseinandergebrochen sein. Wie haben Sie reagiert?

William Fitzsimmons: Wenn ich heute auf diese Momente, Tage und Wochen zurückblicke, denke ich, dass ich in einer Art Schockzustand war. Ich habe nicht wirklich gegessen oder geschlafen. Ich war nächtelang wach, habe Kette geraucht, Tagebuch geschrieben oder in den Himmel gestarrt. Zum Glück bin ich nach ein paar Wochen zur Therapie gegangen. Das hat mich gesund gehalten.

Was passierte mit dem Album, das Sie gerade vollendet hatten?

Fitzsimmons: Es landete sofort im Mülleimer. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als ich es herausfand, wusste ich, dass diese Aufnahmen niemals das Tageslicht sehen werden. Diese Songs gehörten nur mir und ich fühle mich ihnen immer noch sehr nah. Aber ich hätte dieses Album nie hören können, ohne an diese schrecklichen Momente erinnert zu werden. Die Wahrheit ist, – ich konnte das damals nicht wissen – dass die erste Version des Albums scheisse war. Es hörte sich gut an und die Songs selbst waren grossartig, aber wenn Leute zusammenarbeiten, die ein unehrliches und krankes Leben führen, besteht keine Chance, dass daraus etwas Schönes entsteht.

Ihr Manager brachte Sie dann mit dem Produzenten Adam Landry zusammen, der Sie davon überzeugte, das Projekt zu retten. Was war die wichtigste Erkenntnis, nachdem „Mission Bell“ fertig war?

Fitzsimmons: Mein Team ermutigte mich zunächst, etwas von dem Material zu retten, an dem wir gearbeitet hatten. Aber wir erklärten allen meine Gefühle und jeder verstand sofort, dass es der einzige Weg nach vorne war, komplett neu anzufangen. Adam ist ein guter Berater und Mentor. Es gab Tage, da haben wir mehr Zeit damit verbracht, über unser Leben zu reden als tatsächlich Musik zu machen. Es war wichtig für mich, jemand Unbeteiligtem meine Geschichte zu erzählen.

Wie fühlen Sie sich heute – ein Jahr später?

Fitzsimmons: Es hat sich vieles verändert. Weniger als ich möchte, aber ich arbeite weiterhin hart an mir selbst, um die Dinge in Ordnung zu bringen, die in Ordnung gebracht werden müssen. Ich entwickle neue Sichtweisen auf mich und meine Umgebung. Ich lerne aus den vielen, vielen Fehlern, die ich gemacht habe, und den Verletzungen, die ich anderen zugefügt habe. So gesehen bin ich vielleicht sogar verletzlicher als vor einem Jahr. Aber ich bin nicht mehr in diesem Schockzustand. Ich fühle immer noch mehr Schmerz, als ich beschreiben kann, aber ich lerne, wie ich diesen Schmerz aushalten kann, anstatt davor wegzulaufen oder ihn abzutöten. Ich erlaube mir selbst, den Schmerz in der Hoffnung zu spüren, dass er sich mit der Zeit in etwas Schönes verwandeln wird. Seien es neue Ansichten oder persönliche Veränderung. Das Leben schien so viel einfacher zu sein, als ich mich damit zufriedengegeben habe, ein ignorantes Arschloch zu sein. Aber ich war nicht wirklich glücklich.

Glauben Sie daran, dass alles im Leben aus einem Grund passiert?

Fitzsimmons: Ich glaube, dass viele Dinge im Leben aus einem Grund passieren. Aber ich weiss nicht, ob ich sagen würde „alles“. Manchmal passieren Dinge, weil das Universum einfach so funktioniert. Es will dich nicht zerstören, sondern dir helfen.

Was ist das Beste, das Ihnen bislang in Ihrem Leben passiert ist?

Fitzsimmons: Meine Kinder sind der grösste Segen meines Lebens. Sie haben mir viel gegeben und sie werden mir noch so viel Freude geben. Ich bin demütig, dass ich helfen darf, sie aufzuziehen. Was auch immer passiert, wenn ich einen halbwegs passablen Job mache, meinen Kindern dabei zu helfen aufzuwachsen und erwachsen zu werden, bin ich glücklich.

Wie wichtig ist es für Sie, im Hier und Jetzt zu leben?

Fitzsimmons: Es ist vermutlich der beste Weg, um sich dem Leben zu nähern. Leider habe ich noch nie jemanden getroffen, der schlechter in der Gegenwart lebt als ich. Ich weiss nicht genau, warum. Vielleicht sind es meine tiefen Unsicherheiten und Ängste, aber aus irgendeinem Grund wollen mein Verstand und mein Herz immer vorwärts in die Zukunft springen oder tief in die Vergangenheit eintauchen. Das hat mir schon viele Probleme bereitet – vor allem in Beziehungen, in denen die Fähigkeit, mit jemand anderem intim zu sein, so stark mit der Fähigkeit einhergeht, sich emotional mit dem Moment zu verbinden. Ich denke, solange man im Leben mit Problemen zu kämpfen hat, die lebendig begraben wurden, wird man immer schreckliche Schwierigkeiten haben, im Moment zu leben und sich mit seiner eigenen Unsicherheit wohlzufühlen.

Glauben Sie an die Liebe?

Fitzsimmons: Ich glaube an die Liebe in dem Sinn, dass sie real, aber schwer zu definieren oder zu beschreiben ist. Ich glaube, fast alle Menschen sehnen sich danach, sie zu erfahren – seien es biologische, spirituelle Gründe oder beides. Ich bin mir nicht sicher, ob ich glaube, dass wir alle dafür geschaffen sind, ein Paar zu werden. Langzeit-Beziehungen sind brenzlige Minenfelder, die Schritt für Schritt voller Gefahren sind. Je älter ich werde und je mehr Schmerz ich erfahre oder verursache, desto mehr gelange ich zu der Überzeugung, dass ich vielleicht nicht dazu geschaffen bin, jemals mit jemandem zusammen zu sein. Vielleicht ist es meine Aufgabe, Liebe auf andere Art und Weise zu geben und zu erfahren als auf die romantische.

Fällt es Ihnen schwer oder leicht, Dinge – wie zum Beispiel Beziehungen – gehen zu lassen?

Fitzsimmons: Vor Dingen wegzulaufen, fällt mir sehr leicht. Aber sie wirklich loszulassen, ist furchtbar schwierig. Die meisten Verhaltensweisen stammen vermutlich aus der Trennung meiner Mutter und meines Vaters, als ich klein war. Mit zwölf hatte ich keine Ahnung, wie ich all diese schrecklichen und verwirrenden Gefühle und Veränderungen, die um mich herum geschahen, verarbeiten und verstehen sollte. Ich entwickelte Wege, um mich selbst zu schützen, damit ich mich nicht noch einmal mit diesem Schmerz auseinandersetzen musste: weglaufen, bevor dich jemand verlassen kann, und versuchen, die Leute zu kontrollieren, damit sie dich nicht verlassen können. Grundsätzlich versuchen, das Risiko zu beseitigen, das nötig ist, um eine wirklich vertrauensvolle und intime Beziehung zu haben. Es ist kein Wunder, dass ich, solange ich mich so verhalte, niemanden wirklich näherkommen kann.

Was raten Sie anderen Menschen, die mit ihrem Leben oder ihrer Lebensweise hadern beziehungsweise mit ähnlichen Problemen wie Sie zu kämpfen haben?

Fitzsimmons: Selbsterkenntnis war die beste Art für mich, eine wirkliche Veränderung zu erreichen. Das meiste habe ich aus Lesen, Meditation, Gebet, Therapie und Tagebuch schreiben mitgenommen. Man muss die Heilung todernst meinen, wenn man wirklich will, dass etwas passiert. Es gibt keine Abkürzung in diesem Prozess. Es ist schwer, es dauert lange und es ist manchmal emotional anstrengend. Aber es ist es wert. Ich führe lieber ein ehrliches Leben als die halb gelebte Hülle eines Lebens. Ich glaube, wer sich täglich auf den Pfad der Heilung begibt, wird irgendwann Veränderung in seinem Leben erfahren. Vielleicht nicht so, wie man es sich gewünscht hat, aber meistens so wie man es braucht.

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