„Weissensee“-Star Florian Lukas: Mit dem letzten DDR-Geld ins Theater

Die neue „Weissensee“-Staffel spielt im Jahr 1990. Ob der Berliner Hauptdarsteller Florian Lukas damals wohl auch WM-verrückt war? Im Interview verrät er es und erklärt ausserdem, was er macht, wenn er mal eine Auszeit braucht.

Der vielfach ausgezeichnete Berliner Schauspieler Florian Lukas (45) ist ab heutigen Dienstag (8. Mai) wieder in einer seiner Paraderollen zu sehen. Als Martin Kupfer, sympathischer Ex-DDR-Polizist und inzwischen Möbelkombinatsleiter, kämpft er mit seiner taffen Freundin, der Westberliner Journalistin Katja Wiese (Lisa Wagner), gegen die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und privaten Ungerechtigkeiten im Jahr 1990 an. Das Erste strahlt die vierte Staffel der Erfolgsserie Weissensee (seit 2010) an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils ab 20:15 Uhr in Doppelfolgen aus.

Im Interview erinnert sich der Schauspieler, der 1973 in Ost-Berlin zur Welt kam, an sein persönliches Jahr 1990 zurück. Damals fand unter anderem die Fussballweltmeisterschaft in Italien statt und die DDR-Mark wurde durch die D-Mark ersetzt.

Freuen Sie sich inzwischen immer schon auf die „Weissensee“-Drehbücher?

Florian Lukas: Oh ja. Es ist Arbeit, aber es macht auch wahnsinnig Spass. Das liegt auch an der Art, wie wir das machen. Das hat sich so gut eingespielt im Laufe der Jahre. Ich bin wirklich glücklich über jeden einzelnen Tag, den ich bei diesen Dreharbeiten verbringen durfte. Das hängt mit den Kollegen zusammen, aber auch mit allen anderen von der Crew. Es war immer ein grosses Hallo, wenn wir uns nach zwei, drei Jahren wiedergetroffen haben. Ich bin echt stolz auf das, was wir da geschaffen haben.

Die Serie ist ziemlich komplex. Geht es Ihnen als Schauspieler auch so?

Lukas: Das stimmt. Ich muss mich da am Anfang auch immer erst richtig reinfummeln. Dazu gehe ich dann irgendwohin, wo mich keiner stört und lege grosse Tabellen und Diagramme an, um die soziale Struktur zu verstehen…

Die vierte Staffel spielt 1990, im Jahr der Fussballweltmeisterschaft. Sie waren damals 17 Jahre alt. Haben Sie sich dafür interessiert?

Lukas: Obwohl die Fussballnationalmannschaft auch immer meine Mannschaft war, hat es mich damals nicht so interessiert. Das war alles schon so ein bisschen in diesen gesamtdeutschen Taumel eingebunden. Bomberjacken- und Bomberstiefeltruppen marschierten auf den Strassen in Ostdeutschland und skandierten „Deutschland den Deutschen“. Das hat mir irgendwie Sorgen gemacht.

Was fanden Sie gut an dieser Zeit?

Lukas: All die rasanten Veränderungen und die Möglichkeiten, die es auf einmal gab. Ich finde auch unheimlich interessant, wie unterschiedlich die Menschen in dieser Situation reagierten. Es gab schon viele Leute, die ihr Glück engagiert gesucht und oft auch gefunden haben. So wie der Polizist in „Weissensee“, der sich als Autohändler erfolgreich selbständig macht.

Es gab aber auch viele unschöne Entwicklungen. Unter anderem wird das Drama um die Ostimmobilien in dieser Staffel thematisiert.

Lukas: Ja, das fand ich auch wirklich interessant. Damals sind viele ungerechte Dinge passiert und jetzt ist es an der Zeit, diese Geschichten zu erzählen. Weil wir so auch ein bisschen besser verstehen, in welchem Land wir heute leben.

In das Jahr 1990 fiel auch die Währungsunion. Erinnern Sie sich noch an die Einführung der D-Mark?

Lukas: Ja, daran erinnere ich mich sehr gut, weil ich damals meinen ersten Film gedreht und dadurch plötzlich West-Geld verdient habe – natürlich in für mich damals unvorstellbaren Mengen. Und ich weiss auch noch, dass ich von meinem letzten DDR-Geld ins Theater, in die Berliner Volksbühne, gegangen bin. Schlussendlich hat mir die Währungsunion ein Leben ermöglicht, dass sonst wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre. Ich bin schon froh, dass es so gekommen ist.

Im Film und im echten Leben haben Sie zwei Töchter. Der grossen Filmtochter widerfährt Fürchterliches. Wie war das für Sie als Vater, sowas zu lesen und zu spielen?

Lukas: Sagen wir mal so: Es war eher besonders einfach, sich vorzustellen, wie man sich da wohl fühlt. Das ist ja auch das Schöne an dem Beruf: Da kommt man in ein Hotelzimmer und haut so einem Typen eine auf die Nase. Wenn man Vater von Töchtern ist, aber kein Schauspieler, kann man sich sowas ja nur in der Fantasie ausmalen. Es ist grossartig, sowas mal wirklich machen zu dürfen. Auf diese Weise wird man auch einen Teil der Angst wieder los, die man um seine Kinder natürlich manchmal hat. Auf meine Kinder kann ich mich aber verlassen. Ich glaube nicht, dass ich sie jemals aus so einer Situation holen muss.

Ihre Figur hat mehrfach eine Art Hörsturz. Was machen Sie denn privat, wenn Ihnen alles zu viel wird?

Lukas: Ich suche dann einfach nur Stille und Alleinsein, das reicht eigentlich. Dabei ist auch gar nicht wichtig, wo das ist oder ob es besonders exklusiv ist. Draussen in der Natur und wenn es da still ist, bin ich glücklich. Manchmal reicht aber auch einfach nur ein Bier oder eine halbe Stunde an die Wand zu gucken. Generell versuche ich aber auch, den Stress soweit wie möglich zu minimieren. So staut sich nichts auf.

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