Iris Berben: «Diese Rolle spielen sonst nur Männer»

Iris Berben hat in ihrer Karriere schon viele Rollen gespielt, doch in „Die Protokollantin“ zeigt die Schauspielerin einmal mehr eine neue Facette.

Das Fernsehen überschwemmt uns geradezu mit Krimiformaten. Es gibt kaum einen Schauspieler, der sich noch nicht als Kommissar versucht hat. Auch Iris Berben (68) hat mit „Rosa Roth“ 20 Jahre Krimi-Erfahrung gesammelt. Doch ihre neue Serie „Die Protokollantin“ zeigt nicht nur eine ganz neue Facette des Genres, sondern auch eine neue Seite der Schauspielerin. „Das ist eine tolle Figur, die es so noch nie gab“, schwärmt die Schauspielerin im Interview. An ihre Seite sind unter anderem Moritz Bleibtreu (47), Peter Kurth (61) und Misel Maticevic (48) zu sehen.

In der fünfteiligen Reihe, die das ZDF ab dem 20. Oktober immer samstags um 21:45 Uhr zeigt, spielt Berben die unscheinbare Freya Becker. Als Protokollantin beim LKA Berlin wird sie tagtäglich mit den schrecklichsten Verbrechen konfrontiert. Auch ihr Privatleben wurde vor elf Jahren von einem fürchterlichen Schicksalsschlag erschüttert: Ihre Tochter Marie (Zoe Moore) verschwand von einem Tag auf den anderen Tag spurlos. Als sie mit einem Fall in Berührung kommt, der sie an den ihrer Tochter erinnert, und kurz darauf Maries mutmasslicher Mörder aus dem Gefängnis entlassen wird, beschliesst Freya, der Wahrheit auf den Grund zu gehen…

Das ZDF selbst bezeichnet „Die Protokollantin“ als Highend-Crime-Serie. Was muss sich der Zuschauer darunter vorstellen?

Iris Berben: Das ist ein internationaler Begriff, um diese Art Serie zu beschreiben. Ich würde sagen, es ist einfach eine gekonnt, spannende, unerwartete, düstere, aber sehr neue Serie.

Und sie feiert schon vor der Ausstrahlung grosse Erfolge, sie wurde etwa beim TV-Festival in Cannes nominiert.

Berben: Ja, das war wirklich fantastisch. Das hat uns allen gutgetan. Man möchte ja, wenn der Film fertig ist, eine Reaktion hören. Sowohl in Cannes, als dann auch später beim Filmfest in München hatten wir dann so grossartige Reaktionen, dass wir – sagen wir mal – relativ gut gelaunt in die Ausstrahlung gehen.

Was macht die Serie denn so besonders?

Berben: Eine wichtige Rolle spielt sicherlich der internationale Look der Serie. Sie erinnert an die Produktionen aus den USA oder auch aus den skandinavischen Ländern. Die Serie ist zudem auch unerwartet, weil ich eine Rolle spiele, die ansonsten Männern vorbehalten ist. Ich trete mit meiner sehr ambivalenten Figur in eine Männerdomäne ein. Das Drehbuch ist klug und spannend geschrieben und mit Moritz Bleibtreu und Peter Kurth habe ich natürlich auch zwei absolute Hochkaräter an meiner Seite.

Sie standen 20 Jahre als Ermittlerin „Rosa Roth“ vor der Kamera. Haben Sie denn das Krimi-Genre vermisst?

Berben: Nein, eigentlich nicht. Ausserdem bin ich hier auf einer anderen Seite oder besser gesagt auf zwei Seiten, aber wir wollen ja nicht zu viel verraten. Meine Rolle ist zur Tatenlosigkeit verdammt. Im Grunde genommen darf ich nur dasitzen, und diese entsetzlichen Verbrechen und Abgründe, die ich höre, kommentarlos abtippen. Ich darf, soll und muss mich gar nicht damit weiter beschäftigen. Das ist eine tolle Figur, die es so noch nie gab. Was machen eigentlich all diese schrecklichen Verhöre mit einem Menschen, der im Grunde nichts machen kann und ganz vieles weiss und erfährt?

Ausgestrahlt werden die fünf Folgen an fünf aufeinanderfolgenden Samstagen. Glauben Sie, die Zuschauer können sich in Zeiten des Streamings überhaupt noch so lange gedulden?

Berben: Es gibt ja auch die Möglichkeit, die Folgen hintereinander in der Mediathek anzuschauen – für die Ungeduldigen. Für alle, die noch linear Fernsehen schauen, hoffen wir auf schlechtes Wetter. Das Tolle ist ja, dass beides geht. Die ganzen Sehgewohnheiten verändern sich ohnehin. Serien haben bei den Zuschauern mittlerweile viel Platz eingenommen. Wobei ich in meiner Eigenschaft als Präsidentin der deutschen Filmakademie auch immer mahne: Vergesst das Kino nicht! Ich bin optimistisch, dass für Alles Platz ist. Das Kino wird bleiben, das Fernsehen wird bleiben. Und auch das Streaming wird verstärkt in den Markt eingreifen. Ich glaube, dass ein Nebeneinander möglich ist. Es ist doch gut, dass so eine Vielfalt entsteht.

Streamen Sie denn selbst, gibt es eine Serie, die Sie sich am Stück angesehen haben?

Berben: Natürlich! „Bad Banks“, die deutsche Serie mit Paula Beer, habe ich mir wirklich am Stück angesehen. Wenn das zu schaffen ist, dass der Zuschauer alle Vorsätze über Bord wirft und sich sagt – „Ach, ich habe schon andere Nächte durchgemacht“ – dann hat man alles richtig gemacht.

Ihr Sohn Oliver hat die „Protokollantin“ produziert. Sie haben schon unzählige Filme miteinander realisiert. Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Ihrem Sohn beschreiben?

Berben: Eigentlich haben wir gar nichts miteinander zu tun gehabt. Als Produzent ist er bei den Dreharbeiten nicht dabei. Er ist ein einziges Mal gekommen, als der Dreh anfing, um artig bei allen guten Tag zu sagen und ward nie mehr gesehen.

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