Christoph Maria Herbst: Das ist an ihm „typisch deutsch“

In der neuen Serie „Deutsch-Les-Landes“ werden einige Klischees abgegrast. Was an Christoph Maria Herbst „typisch deutsch“ ist, verrät er im Interview.

Schauspieler Christoph Maria Herbst (52, „Stromberg“) hat eine neue Serie am Start. „Deutsch-Les-Landes“ ist die erste eigene Serie der Deutschen Telekom. Ab 1. November gibt es die zehn Folgen der ersten Staffel bei Magenta TV zu sehen. Herbst spielt darin Manfred, dessen Münchner Firma kurzerhand in den französischen Küstenort Jiscalosse umsiedelt. Da prallen Welten und jede Menge Klischees aufeinander. Was Christoph Maria Herbst an sich als „typisch deutsch“ bezeichnen würde, wo für ihn Heimat ist und ob er noch klassisch fernsieht oder eher ein Streamer ist, hat er der Redaktion erzählt.

Herr Herbst, was hat Sie an der Serie „Deutsch-Les-Landes“ gereizt?

Christoph Maria Herbst: Ich fand von Anfang an das ganze Konzept toll. Ich dachte, wenn sich die Deutsche Telekom und Amazon Frankreich zusammentun, kann das gar nicht so schlecht sein, dass ich da nicht dabei sein möchte. Als dann erste Schauspieler für Rollen ins Gespräch kamen, klang das sehr vielversprechend. Es heisst zwar, drei Dinge braucht ein guter Film: ein gutes Buch, ein gutes Buch und ein gutes Buch, aber ich bin der Meinung, es braucht auch eine gute Story, eine gute Besetzung und eine gute Location. Die drei Punkte waren erfüllt, als ich zugesagt habe.

Die Zuschauer bekommen einiges von Ihnen zu sehen, auch reichlich nackte Haut.

Herbst: Als ich das gelesen habe, musste ich auch erst mal schlucken. In meinem Leben brauche ich es nicht, ich habe auch keinen Hang zum Exhibitionismus, aber ich sah hier die Notwendigkeit. Dieser Manfred ist Naturalist. Er ist Ostdeutscher, die einen ganz anderen Bezug zu ihrem Körper und zu FKK haben. Für ihn ist das kein Zirkus, sondern eine Philosophie, wodurch etliche skurrile und lustige Szenen zustande kommen. Da habe ich gedacht, Augen zu und durch.

Sie spielen einen alleinerziehenden Vater und es fliegen ganz schön die Fetzen mit Ihrem Serien-Sohn. Wie war das für Sie? Haben Sie sich Tipps bei Eltern geholt?

Herbst: Niklas [Post, Anm. d Red.] hat den pubertierenden Stinkstiefel schon erschreckend gut gespielt. Ich glaube, Eltern, die Kinder in diesem Alter haben, werden bestätigen können, dass es 1:1 getroffen ist. Diese Beziehung birgt eine Menge Zündstoff, die sowohl dramatisch als auch komödiantisch umgesetzt werden kann. Tipps musste ich mir keine holen, da die Drehbücher von Vätern verfasst wurden, die da, wie ich vermute, eine Menge Persönliches haben einfliessen lassen.

Der Umzug nach Frankreich ist ein grosses Thema. Wo ist für Sie Heimat?

Herbst: Der Lateiner hat immer gesagt, „ubi bene, ibi patria“, da wo es mir gut geht, bin ich zu Hause. Udo Lindenberg hat es übersetzt mit, da wo mein Hut hängt, bin ich zu Hause. Bei mir ist es ein bisschen von beidem. Heimat ist nicht da, wo meine Wiege steht. Heimat ist in der heutigen digitalen Zeit auch nicht da, wo alle meine Freunde sind, denn meine sind in ganz Deutschland, sogar in halb Zentraleuropa verteilt. Dank WhatsApp und Skype ist es heutzutage aber kein Problem mehr, Nähe herzustellen. Deshalb hatte ich auch nie Heimweh als ich die drei Monate in Frankreich gedreht habe. Frankreich ist unglaublich schön und die Menschen dort so sympathisch, dass es mir leicht gefallen ist, Heimat, was auch immer das sein mag, ganz gut vergessen zu können, weil man für diese Leerstelle sehr viel anderes bekommen hat.

Wie gut ist Ihr Französisch?

Herbst: Das ist so gut wie nicht vorhanden. Ich kann die Rechnung kommen lassen oder mich über einen Kellner aufregen, der mich über den Tisch gezogen hat. Ansonsten spreche ich lieber Englisch, was die Franzosen ja wieder nicht können. Auch an dieser Stelle darf Europa noch ein Stück mehr zusammenrücken.

Sie haben schon eines der klassischen Klischees über Franzosen angesprochen. Haben sich gewisse Vorurteile während der Dreharbeiten bestätigt?

Herbst: Ich hatte einen bunten Strauss der schönsten Ressentiments und Klischees im Kopf. Zum Beispiel, dass bereits am Mittag Rotwein getrunken wird, dass die französischen Schauspielerinnen Zicken sind und dass es nachmittags statt Schnittchen Käse mit Austern gibt. An meinem ersten Drehtag habe ich dann festgestellt, dass stimmt alles. (lacht) Da ist man dann immer so ein bisschen froh, dass man nicht in einer klischierten Welt lebt, sondern in einer, die auf harten Fakten basiert, wo sich vieles als komplett real herausstellt.

Sind Ihnen auch Vorurteile im Sinn von „typisch deutsch“ entgegengeschallt?

Herbst: Natürlich hatten die Franzosen ihre eigenen Vorstellungen von Deutschen im Kopf. Die dachten, da kommen jetzt lauter Dichter und Denker und es wird alles ganz seriös und verkopft. Ich glaube, die haben sich gerade von Sebastian Schwarz und mir sehr rasch eines Besseren belehren lassen und festgestellt, ach, die sind ja gar nicht so deutsch, die sind ja nett. (lacht) Da haben wir, glaube ich, eine Menge pro-europäische Arbeit geleistet.

Gibt es etwas, was Sie an sich selbst als „typisch deutsch“ bezeichnen würden?

Herbst: Wenn „typisch deutsch“ heisst, dass man viel grübelt, in der Melancholie verankert ist, alles rationalisiert ehe man es emotionalisiert, und lieber probt als zu spielen, dann bin ich kein typisch deutscher Vertreter. Ich bin ziemlich anpassungsfähig und auch ein ganz guter Chemiker. Mir ist es zum Beispiel wichtig, dass wir eine gute Stimmung am Set haben. Ich bin der Meinung, dass man etwas nur schöpfen kann, wenn eine angenehme Grundstimmung von Respekt, Verständigung und Klarheit über Grundwerte herrscht. Ich halte das für sehr europäisch.

Pünktlichkeit wird auch als deutsche Tugend ausgelegt.

Herbst: In dem Fall bin ich ein sehr guter Vertreter Deutschlands, denn das bin ich tatsächlich. Das hängt aber auch damit zusammen, dass ich alles andere asozial finde, denn es geht von der Zeit der anderen ab. Jemanden warten zu lassen, finde ich nicht fair. Allerdings bin ich auch froh, dass es so etwas wie das akademische Viertel gibt, denn die 15 Minuten brauche ich manchmal eben doch.

„Deutsch-Les-Landes“ läuft bei Magenta TV von der Deutschen Telekom. Klassisch Fernsehen oder Streaming, wo ordnen Sie sich ein?

Herbst: Ich bin der klassische Fernsehgucker des dritten Jahrtausends. Ich freue mich über eine exzellent aufgestellte Mediathek bei den Öffentlich-Rechtlichen und darüber, dass Dokumentationen oder Filme nicht nach 30 Tagen wieder verschwinden. Ich entdecke immer mehr meinen inneren Programmdirektor, der dann selbst entscheidet, wann ich was ansehe, da ich oftmals keine Zeit habe, etwas live mitzuschauen. Es kommt mir sehr entgegen, dass ich etwas anschauen kann, wann ich will und wo ich will, da ich mich ungern gängeln lasse.

Wie sieht es mit einer zweiten Staffel „Deutsch-Les-Landes“ aus?

Herbst: Bestätigt ist noch nichts, aber es wird massiv darüber nachgedacht. Die Entscheidung liegt aber nicht bei mir. Ich persönlich finde, meine Rolle Manfred ist weit davon entfernt, auserzählt zu sein. Es gibt noch viele Fragezeichen, zum Beispiel zu seinem merkwürdigen Verhältnis zu Frauen oder auch zur Mutter seines Sohnes. Ich hätte Lust aus dem ein oder anderen Fragezeichen ein Ausrufezeichen zu machen und würde meinen Körper – sogar meinen nackten Körper – in einer zweiten Staffel zur Verfügung stellen.

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