„Müssen unser Leben ändern“: Doris Dörrie über Doku „Farm Rebellion“

Doris Dörrie denkt grün.

Quelle: imago/Photopress Müller

Kultregisseurin Doris Dörrie möchte den Blick der Menschen auf einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln und eine regenerative Landwirtschaft lenken. Aus ihrer Idee entstand die neue Original-Doku-Serie „Farm Rebellion“ auf Disney+.

Wie kann eine moderne, nachhaltige Landwirtschaft gelingen, die auf die Veränderungen durch den Klimawandel reagiert? Diese Frage stell sich unter anderem die deutsche Regisseurin Doris Dörrie (68, „Männer“) – und lieferte damit die Idee für die neue Doku-Serie „Farm Rebellion“, die am 14. Juni 2023 auf Disney+ startet.

Inspiriert wurde Doris Dörrie von einem Gespräch mit einem Investmentbanker, der ihr von regenerativer Landwirtschaft erzählte. Dabei steht die schonende Behandlung des Bodens im Mittelpunkt, damit der unter anderem besser Wasser speichern kann.

Dörrie erfuhr von einem Modellhof in Brandenburg, der sich der regenerativen Landwirtschaft verschrieben hat: „Gut und Bösel“. Hier ist Benedikt Bösel (39) am Werk, der von der Fachzeitschrift „agrarheute“ zum Landwirt des Jahres 2022 gekürt wurde. Über ein Jahr hat die Doku „Farm Rebellion“ die Arbeit Bösels und seines Teams verfolgt.

Praktikantin Paula als Stellvertreterin der Zuschauer

Die grosse Herausforderung ist der Klimawandel, der nicht nur in Brandenburg für unberechenbare Verhältnisse und trockene Böden sorgt. Doris Dörrie erinnerte sich an eine Zugfahrt durch Deutschland, bei der sie im fast gesamten Norden des Landes Kühe auf verdorrtem Gras sah: „Das fand ich so erschreckend, dass ich dachte: Diese Serie ist wichtig.“

Durch die Augen der gecasteten Praktikantin Paula, die neu bei „Gut und Bösel“ anfängt, sieht das Publikum die Bemühungen für eine moderne Landwirtschaft. Dies sei der „kleine Trick“ der Inszenierung von „Farm Rebellion“, wie Doris Dörrie in einer Pressemitteilung sagt.

Kenia als Gegenpol zum „privilegierten“ Brandenburg

Die Dokureihe ist aber nicht auf Brandenburg beschränkt. Bösel und sein Team reisen um die ganze Welt, um sich von Pionieren regenerativer Landwirtschaft und der multifunktionalen Landnutzung inspirieren zu lassen. Es geht nach Brasilien, New York City (Stichwort „Urban Gardening“) und Kenia. In dem afrikanischen Land trifft das Team Auma Obama (63). Die Schwester des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama (61) ist mit ihrer Stiftung Sauti Kuu auch an der Landwirtschaft in Kenia beteiligt.

Doris Dörrie wollte ein armes Land wie Kenia als Gegenpol zum „privilegierten“ Betrieb „Gut und Bösel“ zeigen. Und demonstrieren, dass auch hier regenerative Landwirtschaft entstehen kann. „Mit diesen verschiedenen Blickwinkeln wollten wir einerseits die privilegierte Situation bei uns konterkarieren“, sagt die Filmemacherin. „Andererseits war mir wichtig, andere Welten zu zeigen, in denen die grosse Mehrheit keinen Zugang zu gesunden Lebensmitteln mehr hat.“

Benedikt Bösel wollte Doris Dörrie übrigens bei der Vorbereitung nicht treffen. Sie wollte einen kühlen Blick auf das Material bewahren. Dennoch verfolgt sie mit dem Format auch eine Mission. „Wir müssen unser Leben ändern!“, sagt sie mit Blick auf den Klimawandel. „Und wir müssen unsere Landwirtschaft ändern!“.

Doris Dörrie: In Deutschland werden Lebensmittel zu wenig gefeiert

Mit den Themen Lebensmittel und Ernährung beschäftigt sich Dörrie schon länger. Die Autorin und Regisseurin war lange Kolumnistin der Zeitschrift „Essen & Trinken“. 2007 drehte sie den Dokumentarfilm „How to Cook Your Life“ über den Zen-Lehrer und Koch Edward Espe Brown (78). Durch die Arbeit an diesem Film hat sie begonnen, genauer über Essen und Kochen nachzudenken.

In Deutschland fehlt für Dörrie, dass man Lebensmittel und die Menschen, die sie herstellen, nicht genügend „feiert“. „Wir gehen viel zu nachlässig und respektlos mit unseren Lebensmitteln um“, sagt sie. „Die Qualität ist uns nicht wichtig, Hauptsache billig“. In Nachbarländern wie Österreich, Schweiz, Italien oder Frankreich sei das ganz anders.

Bekannt geworden ist Dörrie vor allem für ihre Spielfilme, von „Männer“ (1985) über „Kirschblüten – Hanami“(2008) bis zuletzt „Freibad“. Doch schon davor drehte die Hannoveranerin nach ihrem Schauspiel- und Filmstudium in New York kleinere Dokumentationen fürs deutsche Fernsehen.

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