Andreas Prochaska: In Hollywood gibt es „viel heisse Luft“

Mit dem Mehrteiler „Maximilian“ macht Andreas Prochaska „Game of Thrones“ Konkurrenz, sein nächstes Projekt ist „Das Boot“. Der Startschuss für eine Hollywood-Karriere? Warum der Regisseur lieber in Europa arbeitet, verriet er im Interview.

Wenn sich Regisseur Andreas Prochaska (52) und Drehbuchautor Martin Ambrosch (53) zusammentun, entsteht ganz grosses Kino – wenn auch auf dem Bildschirm. Nach „Das Wunder von Kärnten“ (dafür gab’s sogar einen Emmy) und „Spuren des Bösen“ hat das TV-Dreamteam beim Mehrteiler „Maximilian“ zusammengearbeitet, dessen ersten Teil das ZDF am Sonntag, den 1. Oktober um 22:00 Uhr ausstrahlt (die anderen beiden folgen am 2. Oktober um 22:15 Uhr und am 3. Oktober um 22:00 Uhr).

Und Prochaska hat einiges aus seinem 15-Millionen-Budget herausgekitzelt: 55 Burgen, Schlösser, Kreuzgänge und mittelalterliche Strassen­züge, 3’000 Komparsen, 680 Pferde, 1’050 Kostüme und 450 Rüstungen erwecken die Geschichte von Maximilian I. (Jannis Niewöhner) und Maria von Burgund (Christa Théret) zum Leben. Die SpotOn-Redaktion hat mit dem Regisseur über seine Hauptdarsteller, sein neues Projekt „Das Boot“ und den Lockruf aus Hollywood gesprochen.

Das Format Fernsehen schränkt ein, das Budget von 15 Millionen – so viel es erstmal erscheint – schränkt ein, ein historischer Stoff sowieso. Wie kommen Sie mit solchen Restriktionen zurecht?

Andreas Prochaska: Der Kompromiss begleitet einen beim Filmemachen ständig. Es gibt immer eine Grätsche zwischen dem, was man erreichen will und dem, was das Budget zulässt. Das erlebe ich aktuell bei „Das Boot“ genauso wie damals bei „Das finstere Tal“ oder allen anderen Produktionen. Bei „Maximilian“ ist es nochmal komplexer, weil die Erwartungshaltungen der Sender ORF und ZDF sehr hoch waren. Und natürlich habe ich grosse Vorbilder, zum Beispiel Ridley Scott und seine Historienfilme. Sich da nicht zwischen den eigenen Ambitionen und den Budgetrealitäten aufzureiben ist eine Herausforderung.

„Maximilian“ ist sehr bildgewaltig geworden. Wie ist die Optik des Films entstanden?

Prochaska: Für mich war extrem wichtig, ein Gefühl für diese Zeit zu entwickeln. Das beginnt bei der Beleuchtung, es gab eben damals nur Kerzen und Fackeln. Dann stelle ich mir vor, wie das Leben damals gewesen sein muss. Ich wollte in jedem Detail ein Bewusstsein für die Zeit und die Atmosphäre finden. Ich habe zum Beispiel ganz oft die Körperhaltung der Hauptdarstellerin Christa Théret korrigiert, denn als Herzogin kann sie eben nicht mit hängenden Schultern durch den Thronsaal schreiten.

Wie viele Schauspieler haben Sie gecastet, bevor Sie sich für Jannis Niewöhner entschieden haben?

Prochaska: Er stand auf meiner Liste von Anfang an ganz oben, doch zunächst hiess es, er habe keine Zeit. Ich habe dann gefühlt alle Männer im Alter zwischen 23 und 30 Jahren gecastet, die verfügbar waren und war zunehmend geknickt, weil ich das Gefühl hatte, es ist nicht der Richtige dabei. Dann hatte Jannis plötzlich doch Zeit, weil wir den Dreh um drei Wochen verschoben hatten. Von da an war es ein Home Run.

Der Film zeichnet auch ein interessantes Frauenbild dieser Zeit. War das für Sie ein wichtiger Aspekt der Geschichte?

Prochaska: Absolut. Bei Maria von Burgund gibt es auf der einen Seite Widerstand gegen die Männerwelt und vorgegebenen Gesetze, die eine Frau daran hindern, die Führung zu übernehmen, und auf der anderen Seite die Verbindung zu ihrer Stiefmutter. Margareta von York ist eine meiner Lieblingsfiguren. Und anders, als man es in vielen dieser Filme sieht, zerfleischen diese zwei Frauen sich nicht gegenseitig, sondern bilden eine Allianz, um in ihrer Welt zu überleben. Das fand ich extrem spannend.

Sie lassen sich nicht auf ein Genre festlegen. Ist das eine bewusste Entscheidung?

Prochaska: Ich bin einfach unglaublich neugierig. Das Schlimmste, das mir passieren kann, ist Routine. Ich möchte nicht in die Situation kommen, dass mich mein Beruf langweilt oder ich ihn nur noch mache, weil ich Geld verdienen muss. Dass ich hier die Möglichkeit habe, verschiedene Genres auszuprobieren und dass sich die Bedürfnisse des Fernseh- oder Kinomarktes mit meinen Ambitionen decken ist ein grosses Glück für mich.

Nun haben Sie den Schlüssel für eine der bekanntesten Geschichten der deutschen Kinowelt in die Hand bekommen und inszenieren „Das Boot“. Fühlen Sie sich dabei Druck?

Prochaska: Natürlich. Das ist mein bisher grösstes und aufwändigstes Projekt. Aber das muss ich zur Seite schieben und mich auf die Arbeit konzentrieren. Wenn man in diversen Medien Überschriften wie „Nachfolger für Petersen gefunden“ liest, kann ich das nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen. Aber natürlich werde ich am Original gemessen werden.

Wie verbunden fühlten Sie sich Wolfgang Petersens Film, bevor Sie bei diesem Projekt an Bord waren?

Prochaska: Für mich als 64er Jahrgang ist das eine Jugenderinnerung. Ich habe ihn damals im Kino gesehen und war hin und weg, weil ich so etwas vorher noch nie gesehen hatte. Da ist Petersen schon ein unglaublicher Wurf gelungen. Es ist ein zeitloser Film, der heute immer noch die gleiche Wirkung hat wie damals. Deswegen bin ich froh, dass es kein Remake wird, weil das sinnlos wäre. Stattdessen ist es eine neue Geschichte, die eine andere Mannschaft begleitet. Und dadurch, dass nur die Hälfte der ganzen Serie auf dem Boot spielt und die andere in La Rochelle, im Dunstkreis der Resistance, hat sich diese Welt total erweitert.

Wo sehen Sie Ihre eigene Zukunft, eher im TV oder im Kino? Oder vielleicht auch in Hollywood?

Prochaska: Für mich ist immer die nächste Geschichte interessant. Ob das nun wie bei „Das Boot“ für Sky oder ein Kinofilm ist, hängt immer vom Stoff ab. Geschichten wie „Das Wunder von Kärnten“ sind im Fernsehen perfekt aufgehoben, und das war ein wichtiger Film. Da verwischen die Grenzen. Im Kino ist es mittlerweile schwierig, wenn man keine ausreichenden Mittel fürs Marketing zur Verfügung hat. Wenn ich ins Kinoprogramm schaue bin ich oft frustriert, weil ich das Gefühl habe, es laufen überall Marvel-Blockbuster. Nicht, dass ich mir sowas nicht auch gerne anschaue, aber es muss Raum für andere Sachen bleiben.

Also nicht um jeden Preis nach Hollywood?

Prochaska: Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht interessiert. Aber bei meinen bisherigen Erfahrungen mit den Herrschaften von der anderen Seite des Teiches gab es immer unheimlich viel heisse Luft. Man investiert viel Zeit in Dinge, die dann nichts werden. Was für mich ausserdem entscheidend ist, ist die grössere kreative Kontrolle, die ich in Europa habe. Ich habe nichts davon, einen Riesenfilm mit grossen Stars und viel Geld zu machen und dafür fünf Produzenten im Nacken zu haben und eine Geschichte, die mich nicht interessiert. Ich kann nur etwas machen, woran ich glaube.

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